Ein Leben als Geist (Romeo & Julian) (German Edition)
irgendeinem Grund mitten in der Nacht einen ihrer Agenten anrufen musste, wäre das wohl Julian. Oder nicht?
„Warte mal— mein Boss will uns sehen, aber sie ruft dich an?“
Romeo schien den säuerlichen Unterton in Julians Stimme bemerkt zu haben, denn er lächelte friedfertig. „ Naja—ja. Natürlich ruft sie mich an, da du ja derzeit hier Chez Romeo residierst. Im Übrigen hat sie erst meine Nummer angerufen nachdem sie es auf deinem Handy versucht hat und niemanden erreicht hat.“
„Oh. Oh, verdammt.“ Julian stöhnte als er sich daran erinnerte, dass sein Handy mangels Akkuaufladung den Dienst quittierte hatte. Das Ladegerät war dem Feuer in seinem Haus zum Opfer gefallen und er hatte total vergessen, ein neues zu kaufen. Mobiltelefone waren nicht gerade sein liebstes Spielzeug. Genau wie Computer mochte er sie nur solange, wie sie taten was sie sollten.
Computer. Der Gedanke brachte etwas in seinem koffeingetränkten Hirn zum Sch wingen. Die Szene in seinem Büro vor ein paar Monaten. Der Morgen, an dem er sich in seinen Arbeitscomputer hatte einloggen wollen und der ihn nur nach dem Passwort gefragt hatte—nur dem Passwort, ohne seinen Namen. Der war bereits eingegeben worden, ganz so als sei er gerade vom Kaffeeholen oder Mittagessen zurückgekehrt. Deswegen hatte er dem Vorfall wohl auch so wenig Beachtung geschenkt, obwohl er ihm doch als seltsam genug erschienen war, um sich nach all dieser Zeit noch an ihn zu erinnern. Und jetzt ergab er auch einen Sinn.
Er hatte es wohl seinem etwas verstörten Geisteszustand seit der Explosion zu verdanken, dass ihm die volle Tragweite von Romeos Offenbarung erst jetzt klar wurde.
„Ein Maulwurf? Ein verdammter Maulwurf ? In meiner Abteilung?“ schrie Julian und fuchtelte mit den Händen. „Und ich war der Hauptverdächtige? Bin es immer noch, nachdem was du gesagt hast!“
Romeo hob eine wohlgeformte Augenbraue als Antwort.
„Wenn schon alle denken, ich sei es, dann könntest du mir wenigstens sagen, was zum Teufel ich getan haben soll“, sagte Julian wütend.
„Hey, m ach mal langsam“, warnte Romeo. „Bring nicht den Botschafter um, okay? Ich weiß nicht genau, was diese Person getan hat, aber anscheinend hat jemand Informationen verkauft. Und wer auch immer das war, hat die Akten von deinem Computer aus eingesehen. Deshalb hat man auch zunächst dich verdächtigt.“
„Aber sowas habe ich nie getan!“ widersprach Julian. „Sowas würde ich nie tun! Und selbst wenn ich es täte, wäre ich wohl kaum so dämlich, es von meinem eigenen Arbeitsplatz aus zu machen.“
„Genau das hat Baxter auch gesagt.“
„Baxter? Wieso Baxter?“
„Sie ist die andere Person, die nie an deine Schuld geglaubt hat. Sie hält recht viel von dir, wusstest du das nicht?“
„Naja, sie ist mein Boss und dazu ziemlich professionell. Ich habe keine Ahnung, was sie von mir hält“, erklärte Julian.
„Wie gesagt, sie hält dich für einen ihrer besten Agenten.“
„Oh, da fühle ich mich aber geschmeichelt. Dann sollten wir uns wohl besser fertig machen und losfahren . Schließlich wollen wir meinen Bewunderer nicht warten lassen, oder?“
„Jules.“ Romeo sagte den Namen mit einem leicht genervten Seufzen und schüttelte den Kopf, blieb aber stumm.
Sie gingen hinein, duschten rasch und getrennt und zogen sich an. Alles in allem brauchten sie nicht einmal zwanzig Minuten um sich fertig zu machen und das Haus zu verlassen.
Kapitel 4
Chief Baxter war nicht alleine als Julian und Romeo wenig später ihr Büro betraten. Barnes, einer der Junior Agents in Julians Team und sein Vertrauter in allem, was Romeo betraf, saß im Besucherstuhl. Er schaute auf und begrüßte Julian mit dem üblichen Lächeln, dann schweifte sein Blick zu Romeo. Julian erwartete beinahe, dass der erfreute Gesichtsausdruck verschwinden würde, doch anscheinend hatte Barnes Romeo in seiner Position als Berater endlich akzeptiert.
„Das wäre d ann alles, Agent Barnes. Danke.“ Baxter wartete, bis der Agent den Raum verlassen hatte.
„Was ist los?“ fragte Romeo in lockerem Ton.
„Guten Morgen, Special Agent Harris. Mr. Moore.“ Chief Baxter sah Romeo ärgerlich an. „Nett, dass Sie reinschauen. Was Ihre Frage betrifft—glücklicherweise nichts, das Ihre sofortige Aufmerksamkeit erfordert hätte,“ sagte sie in frostigem Ton und sah auf die Uhr an der Wand. „Sie haben zwei Stunden gebraucht um herzukommen. Ist das neuerdings Ihre Reaktion darauf, wenn ich
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