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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
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verstärkte Aufmerksamkeit widmen. Zudem muss man bei allen Wachstumsanstrengungen die Beschäftigungslage im Blick behalten, insbesondere diejenige der Jugend. Wenn das Wachstum nicht der Beschäftigung der Jugend dient, nutzt es der Zukunft nur wenig. Schließlich erfordert eine glanzvolle afrikanische Zukunft auch die Geschlechtergleichheit auf allen Gebieten. Ein mündiges, erfolgreiches Afrika braucht alle Talente und die gleichmäßige Mobilisierung all seiner Ressourcen; existieren kann es nur mit ebenso mündigen, erfolgreichen Frauen.
    Die Afrikaner sind die Hauptakteure, aber Außenstehenden kommt eine wichtige Helferrolle zu. Gelegentlich müssen sie friedenssichernd eingreifen, bei anderen Anlässen mit Interventionen, Präventivmaßnahmen oder Schlichtung, bei wieder anderen mit dem Versuch, die Regeln regionaler Organisationen festzulegen. Aber das Ziel bleibt bei all dem ein friedliches, prosperierendes Afrika und eines, das die Bestrebungen aller afrikanischen Männer und Frauen fördert.
    Nach dem Referendum über die neue kenianische Verfassung feierten wir am 27. August das Abstimmungsergebnis zusammen mit Abertausenden von Menschen im Uhuru-Park. Es war, als reisten wir, inzwischen klug geworden, in unsere Jugend zurück. Endlich hatten wir einen Weg betreten, den wir schon vor langer Zeit am Tag unserer Unabhängigkeit hätten einschlagen sollen. Das kenianische Volk hatte sich friedlich versammelt, um die Entscheidung für den neuen Weg zu bekräftigen – und ihn für den Kontinent zu ebnen.
    Mitten in der jubelnden Menge entdeckte ich ein Gesicht, das zu sehen ich nicht erwartet hatte: das von Omar al-Baschir, dem Präsidenten des Sudan, der vor kurzem vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Anklage gestellt worden war. Hatte die kenianische Regierung ihn zu dem Ereignis eingeladen? Ich konnte es kaum glauben, aber da war er – als Ehrengast. Dass diese unheimliche Gestalt bei der Feier eines großen Fortschritts für Afrika auftauchte, war ein Symbol jener Gefahr, in der sich der Kontinent heute befindet. Afrikaner haben für Afrika Enormes vollbracht. Aber es darf keine Selbstzufriedenheit aufkommen. Die verbliebenen Herausforderungen sind ebenso enorm, und eine Umkehr der Entwicklung ist immer möglich, wofür Baschirs Anwesenheit ein mahnendes Zeichen war.
    Wir Afrikaner haben noch viel zu tun.

6

EINE NEUDEFINITION
MENSCHLICHER SICHERHEIT
    Der globale Kampf gegen Armut
und die Millenniumsentwicklungsziele
    »Herr Generalsekretär, was Kondome angeht, sind der Papst und ich einer Meinung!«, erklärte Robert Mugabe mit Emphase, während er sich zurücklehnte und als Zeichen seiner Solidarität mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche die Zeigefinger aneinanderlegte. Ich hatte ihm gerade vorgehalten, dass gegen die furchtbare Geißel HIV/AIDS mehr getan werden müsse, und zwar dringend, und dass sich alle afrikanischen Führer, besonders diejenigen, auf deren Stimme man auf dem Kontinent höre, für die Benutzung von Kondomen einsetzen sollten. Mugabe rutschte zunächst nur unruhig auf seinem Sessel hin und her. Dann sagte er: »Herr Generalsekretär, Sie sollten nicht über Kondome sprechen.«
    »Warum nicht?«, fragte ich. »Ich habe das Thema sogar dem Papst gegenüber zur Sprache gebracht.« Das stimmte, und ich hoffte, es würde die Haltung des gläubigen Katholiken Mugabe lockern. Aber es war offenbar zu viel für ihn. Er wollte ein Gespräch beenden, bei dem er sich höchst unwohl fühlte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen und erhobener Stimme gab er obige Solidaritätsbekundung mit dem Papst ab. Mehr wollte er anscheinend nicht zu dem Thema sagen. Ich war dabei, ein Treffen afrikanischer Staatschefs diplomatisch vorzubereiten, und durfte deshalb meiner Verärgerung über seine Reaktion nicht einfach Luft machen. Aber ich verspürte die gleiche Empörung, die mich jedes Mal erfüllte, wenn ich auf eine solche mutwillige Behinderung des Kampfs gegen HIV/AIDS stieß.
    Zum Zeitpunkt des Gesprächs mit Mugabe stellte eine HIV/AIDS- Diagnose dank medizinischer Fortschritte und retroviraler Medikamente kein unentrinnbares Todesurteil mehr dar. Das heißt, wenn man nicht arm war. Wer in einem Land lebte, das sich die von den Pharmaunternehmen verlangten exorbitanten Preise nicht leisten konnte, für den bedeutete HIV/AIDS immer noch den sicheren, langsamen Tod.
    Das ganze Ausmaß des von dieser Krankheit verursachten Leids entzieht sich dem

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