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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
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verändert.
    Seit jenen Anfangsjahren sind im weitgespannten Kampf zur Eindämmung und Zurückdrängung der Folgen von HIV/AIDS gewaltige Verbesserungen erzielt worden. 2010 sank im subsaharischen Afrika zum ersten Mal die Zahl der Neuinfektionen. Im selben Jahr erhielt in acht Entwicklungsländern die gesamte Bevölkerung Zugang zur antiretroviralen Behandlung. Heute werden mehr Menschen vor dem vorzeitigen Tod an HIV/AIDS gerettet als jemals zuvor. Auch bei der Suche nach einem Impfstoff hat man in jüngster Zeit beispiellose Fortschritte gemacht, so dass die Einführung eines wirkungsvollen Impfstoffs näher gerückt zu sein scheint; besonders vielversprechend ist die Identifikation von neutralisierenden Antikörpern gegen das HI -Virus.
    Aber die Fortschritte bei der Infektionsrate und der Behandlung sowie in der Forschung sind allesamt in Gefahr, wenn die globale Finanzierung der HIV/AIDS -Kampagne nicht mehr gewährleistet ist. Man schätzt, dass derzeit rund zehn Milliarden Dollar fehlen, um die bereits erzielten Erfolge zu stabilisieren. All diese mühsam erzielten Fortschritte hängen vom weiteren Spendenzufluss ab, ohne den sich die positive Entwicklung umkehren wird. Nach Schätzung der britischen Medizinzeitschrift Lancet könnte die Zahl der HIV- Neuinfektionen auf 3,2 Millionen im Jahr steigen, wenn die Mittel für die HIV/AIDS -Bekämpfung jetzt nicht aufgestockt werden. Denn allein die Aktivitäten zur Eindämmung der Pandemie werden in den nächsten zwanzig Jahren 397 bis 733 Milliarden Dollar verschlingen. Wir befinden uns aufgrund der Finanzkrise in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, und die Spendenbereitschaft ist deshalb sicherlich nicht größer geworden, aber HIV/AIDS ist ein Gebiet, das aufzugeben wir uns nicht leisten können.
    Diejenigen, die meinen, die Millenniumsentwicklungsziele würden Ressourcen von den wirklichen Interessen der Geberländer abzweigen, befinden sich im Irrtum. Diese Ansicht offenbart lediglich eine mangelhafte Wahrnehmung der Welt, in der wir leben. Die Mauern sind eingerissen worden. Die Gefahren, denen wir uns gegenübersehen, sind von einem Land allein nicht mehr zu bewältigen. Das liegt an der verzwickten und komplexen Beziehung zwischen Entwicklung und Sicherheit.
    Andere haben behauptet, die Millenniumsentwicklungsziele seien kaum mehr als rhetorische Floskeln, die zu nichts nutze seien. Ein Aktivist hat sie sogar als »großen Taschenspielertrick« bezeichnet, und ich selbst habe gehört, wie sie als sinnlose Art von »Cheerleading« abgetan wurden. Implizit heißt das, man sollte sie am besten begraben und vergessen. Doch das wäre ein Fehler.
    Erstens habe ich auf diplomatischer Ebene selbst miterlebt, dass die Millenniumsentwicklungsziele die Agenda politischer Führer verändert haben. Schon vor dem Jahr 2000 waren soziale und ökonomische Fragen sowie Entwicklungsthemen Hauptpunkte der Arbeit der Vereinten Nationen. Aber sie wurden stets von den anderen drängenden politischen Fragen getrennt betrachtet und diskutiert, und man erwartete sie nicht auf der Tagesordnung wichtiger Verhandlungen mit dem Generalsekretär. Als ich bei den Vereinten Nationen ausschied, hatte sich dies geändert. Entwicklung stand ganz oben auf der Themenliste, als völlig angemessener Gesprächsgegenstand von hochkarätigen Treffen und dringenden Telefonaten mit Staats- und Regierungschefs. Und am wichtigsten war, dass es sich um eine nachhaltige Veränderung handelte. Auf dem Weltgipfel im Jahr 2010 hat jedes einzelne Land – unter den aufmerksamen Blicken der internationalen Medien – seine Rolle und seine Fortschritte bei der Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele dargelegt.
    Als zweiter Punkt ist die Rechenschaftspflicht zu nennen. Die Millenniumsentwicklungsziele und das standardisierte System zur Beurteilung der Entwicklungsfortschritte, das in den einfachen und allgemeinverständlichen Zielsetzungen enthalten ist, haben überall auf der Welt ein Instrumentarium zur Verfügung gestellt, das es der Zivilgesellschaft ermöglicht, die Regierungen zur Verantwortung zu ziehen. Das gab es vorher nicht, und der von den Zielen gesetzte universale Maßstab hat zur Herausbildung einer übernationalen Solidarität geführt, welche die Menschen zusätzlich ermutigte, ihre Stimme zu erheben und Resultate zu verlangen. Auf diese Weise erhielten das Streben und die Forderung nach guter Regierungsführung in den Entwicklungsländern neue Schwungkraft. Dutzende von Regierungen

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