Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)
Nelson Mandela gesprochen, und mir fiel die Lehre ein, die ich aus Mandelas Leistungen gezogen hatte: Man muss ein Gespür für Gelegenheiten haben.
Ein Jahr später hatten die Aufmerksamkeit sowie die Bereitschaft, auf die Forderung nach der Beschäftigung mit HIV/AIDS einzugehen, eine neue Qualität erreicht. In diesem Stadium, Anfang 2001, beschloss ich, das Thema zu einer Kernpriorität meiner Amtstätigkeit zu machen. Wir waren jetzt in der Lage, tatsächlich etwas zu bewirken und Leben zu retten. Aber mir war klar, dass der Weg auch bei HIV/AIDS, wie bei den Millenniumsentwicklungszielen, über ein globales Bündnis führte.
Die UNO verfügte über eigene Organisationen, die sich mit dem Problem beschäftigten und ausgezeichnete Leiter hatten, die einen enormen Anteil an unseren späteren Erfolgen haben sollten. UNAIDS mit Peter Piot an der Spitze, die erste institutionell übergreifende Organisation, die all unsere Programme und Finanzen auf diesem Gebiet koordinierte, war eine dieser Organisationen. Eine andere war die WHO unter ihrer Präsidentin Gro Harlem Brundtland. Aber unsere Organisationen allein würden nicht ausreichen. Nur mit Hilfe einer Vielzahl von Partnerschaften mit NGO s und anderen Vertretungs- und Selbsthilfeorganisationen konnte die Kampagne zum Erfolg geführt werden. Das lag nicht nur am globalen Ausmaß der Plage, sondern auch an der Vielgestaltigkeit des Problems. Erstens mussten wir die Prävention voranbringen, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen und es zurückzudrängen. Dafür war vorbeugende Aufklärung nötig: Informationskampagnen, um das Problembewusstsein zu wecken und junge Leute zu mobilisieren. Vor allem brauchten wir Maßnahmen, die es Müttern ermöglichten, festzustellen, ob sie infiziert waren, und die Weitergabe des Virus an ihre Kinder zu verhindern, indem sie sie nicht stillten. Zweitens mussten wir uns bemühen, Behandlung und Fürsorge zu den Millionen lebender Opfer der Krankheit zu bringen, um ihnen Zugang zu den Medikamenten und der Behandlung zu verschaffen, die die Folgen der Infektion eindämmen konnten. Drittens mussten wir die wissenschaftliche Forschung durch Investitionen fördern, um die Behandlung und die Prävention zu verbessern, vor allem aber, um einen Impfstoff gegen HIV zu finden. Angesichts der Komplexität der Aufgabe würden die Lösungen von den verschiedensten Seiten kommen. Deshalb musste das Bündnis wahrhaft weltumspannend sein.
So wie wir ein zivilgesellschaftliches Netzwerk für die Millenniumsentwicklungsziele aufzubauen versuchten, so waren wir auch hier, nur in stärker zielgerichteter Weise, darum bemüht. Da wir in den vorangegangenen Jahren bereits Verbindungen zu Partnern in Wirtschaft und internationaler Zivilgesellschaft geknüpft hatten, besaßen wir ein Fundament, auf dem wir aufbauen konnten. Mit diesem sich ausdehnenden Netz konnten wir in den folgenden Monaten und Jahren durch beständige konzertierte Anstrengungen zwei wichtige Dinge erreichen: erstens die Schaffung einer Kriegskasse für den komplexen Kampf gegen die Krankheit in Gestalt des Global Fund und zweitens die Reduzierung der Medikamentenpreise für HIV/AIDS -Opfer in den Entwicklungsländern durch erfolgreiche Lobbyarbeit bei den großen Pharmakonzernen.
Am 26. April 2001 hielt ich auf dem Gipfel der Afrikanischen Union in Abuja in Nigeria eine Rede zum Thema HIV/AIDS , in der ich zur Schaffung eines Fonds für den Kampf gegen das Virus aufrief. Diese Forderung war das Resultat wochen- und monatelanger Gespräche mit den verschiedensten Seiten – von Regierungen über NGO s und private Stiftungen bis zu einzelnen Wissenschaftlern – und der Auseinandersetzung mit ihren Vorschlägen. Am häufigsten wurde eine Kriegskasse für die Finanzierung der weltweiten Kampagne gegen HIV/AIDS gefordert, da ein Mangel an speziell für die Bekämpfung der Krankheit und ihrer Folgen bereitgestellten Mitteln als Haupthindernis für Fortschritte angesehen wurde. Ich schlug vor, innerhalb von zehn Jahren mindestens eine Summe von sieben bis zehn Milliarden Dollar in den Fonds einzubringen.
Bald darauf wurde der Global Fund gegründet, dessen Zweck es war, umfangreiche Programme zur Prävention und Behandlung von HIV/AIDS , Tuberkulose und Malaria sowie für die Fürsorge gegenüber den Opfern dieser Krankheiten in den Entwicklungsländern zu finanzieren. Die anderen Krankheiten waren einbezogen worden, weil ihre Folgen denen von HIV/AIDS in nichts nachstanden: AIDS
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