Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)
Essen einlud. Sie mochten gegeneinander kämpfen, aber ich befand mich mit keinem von ihnen im Krieg. Dies war genau jene Art von Kontakten, wie sie auf einem Forum wie dem der Vereinten Nationen möglich sind.
In späteren Jahren waren Nane und ich zur Einweihung eines neuen Flügels der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem eingeladen, an der auf unser Drängen hin auch andere führende Persönlichkeiten aus aller Welt teilnahmen. Im Jahr 2005 unterstützte ich die erstmalig stattfindende Gedenkfeier der Generalversammlung zum sechzigsten Jahrestag der Befreiung von Auschwitz und die Bestimmung des 27. Januar zum Internationalen Holocaustgedenktag. Seither besitzt die UNO ein Holocaust-Bildungswerk (The Holocaust and the United Nations Outreach Programme), dem ich wünschen würde, dass es bekannter wäre. Als die UN -Hauptabteilung für Presse und Information in den Jahren nach dem 11. September 2001 auf meine Anregung eine Reihe von Seminaren zum Thema »Intoleranz verlernen« veranstaltete, um das Verständnis über die Trennlinien hinweg zu fördern, die immer unüberwindbarer zu werden schienen, sorgte ich dafür, dass das erste Seminar dem Antisemitismus gewidmet war. Zur Begründung führte ich aus:
»Die Vereinten Nationen sind aus der Asche des Holocaust entstanden. Und eine Menschenrechtsagenda, die den Antisemitismus unerwähnt ließe, verleugnete ihre eigene Geschichte … Lassen Sie uns, während wir nach Gerechtigkeit für die Palästinenser streben – was wir tun müssen –, jeden nachdrücklich zurückweisen, der versucht, dieses Ziel zu benutzen, um Hass gegen Juden zu entfachen, ob nun in Israel oder anderswo … Der Kampf gegen den Antisemitismus muss unser Kampf sein, und Juden, wo immer sie leben, müssen das Gefühl haben, dass auch sie in den Vereinten Nationen zu Hause sind.«
Während ich auf Israel und die Juden zuging, erinnerte ich sie oft daran, dass die Geburtsurkunde des Staates Israel die Resolution 181 der UN -Generalversammlung sei. In der israelischen Unabhängigkeitserklärung, die David Ben-Gurion 1948 in Tel Aviv verlas, werden die Vereinten Nationen nicht weniger als sieben Mal erwähnt.
Abgang mit Legitimität: Israels Rückzug aus dem Libanon im Jahr 2000
Trotz meiner Gesprächsangebote machte ich mir keine Illusionen darüber, mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der in den ersten zweieinhalb Jahren meiner Amtszeit die israelische Politik bestimmte, Fortschritte im Friedensprozess erzielen zu können. Er war israelischer Botschafter bei den Vereinten Nationen gewesen und hatte sich mir gegenüber stets freundlich gezeigt. 1998 hatte er mir in seiner Residenz in Jerusalem erzählt, dass ich für seinen Sohn ein Held sei, weil ich nach Bagdad gereist war, um einen Krieg gegen den Irak zu verhindern; seinen Sohn hatten die überall im Land abgehaltenen Gasmaskenübungen in Angst versetzt. Aber als ich Netanjahu aufforderte, um einer Einigung willen als der Stärkere den Palästinensern gegenüber großmütig zu sein, bezeichnete er mich als »Anwalt Arafats«. Er schien es stets nur aufs Taktische und Zweckdienliche abgesehen zu haben, ohne das Strategische und Historische in seine Gedanken einzubeziehen.
Der Zeitpunkt zum Handeln kam 1999, als Ehud Barak die Wahl gewann und Ministerpräsident wurde. Er wollte mit Syrien, dem Libanon und den Palästinensern Friedensabkommen schließen, bevor US -Präsident Clinton Anfang 2001 aus dem Amt scheiden würde. Doch wie die folgenden anderthalb Jahre zeigten, fehlte ihm trotz seiner ernsthaften Absichten das Verständnis dafür, was erforderlich war, um den Frieden zu erreichen, und zwar sowohl in Bezug auf das Angebot, das Israel hätte machen müssen, als auch hinsichtlich der Art der israelischen Politik. Im Juni 1999 lag diese Erkenntnis indes noch in der Zukunft, und ich bat den norwegischen Soziologen und Diplomaten Terje Rød-Larsen, für mich als Gesandter zu agieren. Rød-Larsen war am Zustandekommen des Oslo-Abkommens beteiligt gewesen und hatte dann Mitte der neunziger Jahre als erster Koordinator die UN -Arbeit mit den Palästinensern im besetzten Gebiet geleitet. Jetzt ergänzte ich sein Mandat mit Billigung des Sicherheitsrats durch eine politische Komponente, indem ich ihn zum Sonderbeauftragten für den nahöstlichen Friedensprozess ernannte. Rød-Larsen war einfallsreich, tatkräftig und unermüdlich – und er kannte jeden. In einer schwierigen Umgebung hatte er so gut wie jeden irgendwann
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