Ein Liebestraum auf den Bahamas
konnten ihren Schmerz damals lindern, indem sie ihre Liebe füreinander und für ihre Tochter bewiesen. Was auch geschehen mochte, daran würde sich nichts ändern, das hatten sie ihr versprochen. Von jenem Tag an hatte Cassie die unkonventionelle Liebesaffäre ihrer Eltern akzeptiert und sich nicht darum gekümmert, was andere dachten.
Auf dem Weg zu ihrem Büro blieb Cassie am Tisch ihrer Sekretärin stehen, begrüßte sie mit einem Lächeln und griff nach der Post. „Guten Morgen, Trudy.“
„Guten Morgen, Miss Garrison.“
Ihr gefiel der Klang dieser Anrede. Cassie hatte eine Woche nach dem Tod ihres Vaters angefangen, seinen Namen zu benutzen. Ihre Eltern waren nicht mehr am Leben; deshalb bestand kein Grund mehr, das Geheimnis noch länger zu bewahren. Und Cassie wollte sich nicht länger verwehren, den Namen ihres Vaters zu tragen.
„Irgendwelche Nachrichten?“, fragte sie die ältere Dame, die sie erst vor einigen Monaten eingestellt hatte. „Ja. Mr. Parker Garrison rief an und hätte gern, dass Sie ihn zurückrufen.“
Bemüht beherrschte Cassie ihre Gesichtszüge. Bei sich dachte sie aber, dass es keine Rolle spielte, was Parker gern hätte oder nicht. Denn sie hatte nicht die Absicht, auf seinen Anruf zu reagieren. Dafür erinnerte sie sich noch allzu gut an das Gespräch, das sie vor fast vier Monaten geführt hatten. Eine Woche nach der Testamentseröffnung hatte Parker sich gemeldet und ließ seitdem nicht locker.
Damals war ihr natürlich klar gewesen, wie sehr ihre Existenz seine Geschwister und seine Mutter schockieren musste. Von den fünf Garrison-Geschwistern regte sich Parker jedoch am stärksten auf. John hatte ihm und Cassie testamentarisch die gleiche Entscheidungsgewalt über „Garrison Incorporated“ eingeräumt – einer Dachgesellschaft, die sämtliche Aktien und Besitztümer der Familie überwachte und verwaltete. Darüber war Parker nicht gerade froh, um es gelinde auszudrücken.
Das Telefonat war nicht gut verlaufen. Parker hatte sich arrogant und herablassend benommen und sogar versucht, Cassie einzuschüchtern. Nachdem er eingesehen hatte, dass sie sich nicht auszahlen lassen wollte, besaß er die Frechheit, von ihr zu verlangen, sie müsse beweisen, dass sie wirklich eine Garrison war. Er forderte einen DNA-Test und drohte damit, das Testament anzufechten. Parkers Verhalten hatte Cassie sehr verärgert, und sie war immer noch böse auf ihn.
„Miss Garrison?“
Ihre Sekretärin riss sie aus den Gedanken. Cassies Lächeln wurde wieder herzlich. „Vielen Dank, Trudy.“
Mit forschen Schritten betrat Cassie ihr Büro. Sie hätte geglaubt, dass Parker Besseres zu tun hatte, als sie weiterhin zu belästigen. In der Welt der großen Hoteliers dauerte es nie lange, bis eine Nachricht die Runde gemacht hatte. Daher wusste Cassie, dass der gut aussehende Junggeselle inzwischen verheiratet war. Zwar war es ihr herzlich gleichgültig, aber sie hatte zwangsläufig erfahren, dass auch Parkers Bruder Stephen vor Kurzem vor den Traualtar getreten war.
Cassie hatte nicht die Absicht, ihre sogenannten Geschwister je kennenzulernen. Sie wusste kaum etwas über sie, und sie kannten Cassie nicht. Wenn sie ehrlich war, zog sie entschieden vor, dass es dabei blieb. Immerhin waren sie sich ihr ganzes Leben lang nicht begegnet und waren trotzdem gut zurechtgekommen. Cassie fühlte sich hier auf den Bahamas wohl und sah keinen Grund, sich das von Menschen wie den Garrisons zerstören zu lassen.
Als sie sich an ihren Schreibtisch setzte, schweiften ihre Gedanken unwillkürlich zurück zu dem Mann in der Lobby. Cassie konnte nicht verhindern, dass er ihre Neugier geweckt hatte. Sie fragte sich, ob er verheiratet war oder ledig, Frauen liebte oder Männer. Doch dann zuckte sie die Schultern. Was machte es schon aus? Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war, sich zu verlieben.
Ihre Leidenschaft galt allein dem eindrucksvollen, dreißig Stockwerke hohen Gebäude, das an einem makellos schönen Strand der Karibik errichtet worden war. Und ihre Liebe galt dem Anblick, der ihr jedes Mal den Atem raubte, wenn sie die Lobby betrat. Cassie war entschlossen, ihr Hotel erfolgreich weiter zu leiten und es zu noch höherem Ansehen zu führen, wie ihr Vater es von ihr erwartet hätte. Jetzt, da ihre Eltern nicht mehr lebten, bedeuteten Glück und Freude für sie nur noch dieses Hotel.
Brandon Washington sah sich in dem Hotelzimmer um. Er war zutiefst beeindruckt. Trotz der vielen Male, die er
Weitere Kostenlose Bücher