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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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aus dem Leib singen kann, lässt mich immer wieder vor Ehrfurcht erstarren.
    Allerdings verschlägt es mir auch den Atem, wenn ich Zoe dabei zusehe, wie sie die Spülmaschine einräumt.
    »Du schaffst das«, murmele ich vor mich hin, und als ich wieder zum Saal zurückkehre, wartet dort bereits ein Gerichtsdiener auf mich, um mich hineinzuführen.
    Ich lasse das ganze Brimborium über mich ergehen: das Schwören auf die Bibel und die Angabe von Name, Alter und Adresse. Dann tritt Angela auf mich zu. Sie hat die Schultern gestrafft und wirkt konzentriert, wie sie es nur tut, wenn sie vor einem Richter steht. Zu meiner Überraschung lässt sie ihren Notizblock fallen, als sie kaum einen Fuß mehr von mir entfernt ist. »Wissen Sie, was Wade Preston jeden Morgen im Spiegel sieht?«, flüstert sie rasch, als sie sich nach dem Block bückt. »Seinen persönlichen Gott.« Als sie sieht, dass ich ein Lachen unterdrücken muss, zwinkert sie mir zu, und ich erkenne, dass sie den Block mit Absicht fallen gelassen hat.
    »Wo leben Sie, Miss Shaw?«, fragt sie laut.
    »In Wilmington.«
    »Sind Sie gegenwärtig in einem Arbeitsverhältnis?«
    »Ich arbeite als Schulpsychologin an der Wilmington Highschool.«
    »Was gehört dort zu Ihren Aufgaben?«
    »Ich berate Schüler von der neunten bis zur zwölften Klasse. Ich stelle sicher, dass ihre schulischen Leistungen stimmen, achte darauf, ob es vielleicht Probleme zu Hause gibt, und halte nach Anzeichen von Depressionen oder Drogenmissbrauch Ausschau. Und ich helfe den Kids bei ihrer Collegebewerbung und den dazugehörigen Tests.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Ja«, antworte ich und lächele. »Mit Zoe Baxter.«
    »Und haben Sie Kinder?«
    »Noch nicht, aber ich hoffe, dass sich das nach dieser Verhandlung ändern wird. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich die Embryonen austragen soll, die biologisch Zoe gehören.«
    »Haben Sie irgendwelche Erfahrungen mit kleinen Kindern?«
    »Bis zu einem gewissen Grad«, antworte ich. »Dann und wann habe ich mich übers Wochenende um die Kinder unserer Nachbarn gekümmert. Aber soweit ich von unseren Freunden weiß, kann man noch so viele Bücher über Kindererziehung lesen, im Endeffekt muss man seine eigenen Erfahrungen machen.«
    »Wie würden Sie und Zoe dieses Kind finanziell unterstützen?«
    »Wir sind beide berufstätig, und wir werden beide weiter arbeiten. Glücklicherweise sind wir recht flexibel, was unsere Arbeitszeiten betrifft. Wir planen, das oder die Kinder zu gleichen Teilen zu erziehen, und Zoes Mutter lebt nur zehn Minuten von uns entfernt. Sie freut sich schon darauf, uns mit ihren Enkeln helfen zu können.«
    »Wie ist Ihre Beziehung zu Max Baxter, wenn es denn überhaupt eine gibt?«
    Ich denke an den Streit, den Zoe und ich gestern gehabt haben. Meine Beziehung zu diesem Mann stellt sich so dar, dass wir durch Zoe auf immer miteinander verbunden sein werden, dass es Teile ihres Herzens geben wird, die sie jemand anderem gegeben hat.
    »Er ist der Exmann meiner Frau«, antworte ich in sachlichem Ton. »Er ist biologisch mit den Embryonen verwandt. Ich kenne ihn nicht wirklich. Ich weiß nur, was Zoe mir über ihn erzählt hat.«
    »Sind Sie bereit, ihm den Kontakt zu dem Kind zu gestatten, das aus den Embryonen entstehen könnte?«
    »Wenn er will.«
    Angela schaut mir in die Augen. »Vanessa«, sagt sie, »gibt es irgendeinen Grund, warum man Sie als Mutter für ungeeignet halten könnte?«
    »Nicht im Mindesten«, erwidere ich.
    »Ihre Zeugin«, sagt Angela und dreht sich zu Wade Preston um.
    Heute trägt er eine Kombination, die einfach nicht funktioniert, und glauben Sie mir: Wenn ich mich zu einem Kommentar über Mode hinreißen lasse, dann muss es wirklich furchtbar sein. Sein Hemd ist purpurrot und weiß kariert, seine Krawatte ist gestreift, lila und schwarz, und sein schwarzes Anzugjackett ist von winzigen grauen, silbernen und purpurnen Flecken übersät. Und trotzdem sieht er in diesen Klamotten, die eigentlich ein Anachronismus aus den Achtzigern sind, mit seiner aufgesprühten Bräune und dem ganzen Schmuck wie ein Centerfold aus der GQ aus. »Miss Shaw«, beginnt er, und ich schaue instinktiv nach unten, um zu sehen, ob er eine Schleimspur hinter sich herzieht. »Weiß Ihr Arbeitgeber, dass Sie lesbisch sind?«
    Ich straffe die Schultern. Wenn er die harte Nummer will, ich bin bereit.
    Immerhin trage ich ja auch Lippenstift.
    »Diese Information habe ich ihm nicht aufgedrängt. Lehrer sitzen

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