Ein Lied für meine Tochter
normalerweise ja auch nicht rum und plaudern über ihr Sexualleben. Allerdings ist das auch nichts, was man verbergen müsste.«
»Glauben Sie nicht, Eltern haben das Recht zu erfahren, was für eine Art von Unterweisung ihre Kinder erhalten?« Er spuckt das Wort Unterweisung förmlich aus.
»Bis jetzt hat sich niemand beschwert.«
»Sprechen Sie mit diesen Teenagern auch über Sex?«
»Wenn sie das ansprechen. Einige Kinder kommen wegen Beziehungsproblemen zu mir, und ein paar von ihnen haben mir offenbart, dass sie homosexuell sind.«
»Dann rekrutieren Sie diese unschuldigen Kinder also für Ihren Lebensstil, ja?«, verlangt Preston zu wissen.
»Ganz und gar nicht. Aber ich biete ihnen eine Zuflucht an, wo sie über diese Dinge reden können, da andere Leute« – ich lege eine rhetorische Pause ein – »nicht ganz so tolerant sind.«
»Miss Shaw, Sie haben ausgesagt, dass Sie sich als Mutter für geeignet halten, korrekt?«
»Ja«, bestätige ich.
»Sie behaupten also, dass es nichts gibt, was Sie in Ihrer Elternrolle beeinträchtigen würde, ja?«
»Ich denke nicht …«
»Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie unter Eid stehen«, sagt der Anwalt.
Worauf zum Teufel will er hinaus?
»Entspricht es nicht den Tatsachen, dass Sie im Jahre 2003 eine Woche lang in der Psychiatrie des Blackstone Hospital behandelt worden sind?«
Ich verkrampfe mich. »Damals war gerade eine Beziehung in die Brüche gegangen. Ich habe mich selbst für eine Woche eingewiesen, um mit dem Stress zurechtzukommen. Man hat mir Medikamente verschrieben, und ich habe nie wieder so eine Episode erlebt.«
»Sie hatten also einen Nervenzusammenbruch.«
Ich lecke mir die Lippen und schmecke das Wachs der Kosmetik. »Das ist übertrieben. Man hat Erschöpfung bei mir diagnostiziert.«
»Wirklich? Das war alles?«
Ich hebe das Kinn. »Ja.«
»Dann wollen Sie damit also sagen, dass Sie nicht versucht haben, sich selbst zu töten. Das ist Ihre Aussage unter Eid.«
Zoe schlägt die Hand vor den Mund. Heuchlerin , muss sie nach letzter Nacht denken.
Ich drehe mich zu Wade Preston um und schaue ihm in die Augen. »Nein, das habe ich bestimmt nicht getan.«
Wade streckt die Hand aus, und Ben Benjamin springt auf, um ihm eine Akte zu geben. »Ich würde diese Dokumente gerne beglaubigen lassen«, sagt Preston und reicht sie dem Protokollführer, damit dieser sie abstempelt. Dann gibt er Angela eine Kopie und mir die andere.
Das ist meine Krankenakte aus Blackstone.
»Einspruch«, sagt Angela. »Ich habe diese Beweise nie zuvor gesehen. Ich weiß noch nicht einmal, wie Mr. Preston auf legalem Wege an Unterlagen hat kommen können, die gemäß dem Gesetz der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen …«
»Miss Moretti kann in ihrer eigenen Kopie gerne mitlesen«, sagt Preston.
»Euer Ehren«, ruft Angela, »gemäß der Prozessordnung hätten mir diese Dokumente drei Wochen im Voraus vorgelegt werden müssen. Dazu kommt, dass Miss Shaw gar nicht die Beklagte ist. Diese Dokumente können unmöglich als Beweise zugelassen werden.«
»Ich lege diese Dokumente doch gar nicht als Beweise in diesem Fall vor«, sagt Preston. »Ich will damit nur belegen, dass die Zeugin unter Eid falsch ausgesagt hat. Und da wir hier über eine potenzielle Mutter reden, ist es wichtig festzustellen, dass sie nicht nur eine Lesbe ist, sondern auch eine Lügnerin.«
»Einspruch!«, brüllt Angela.
»Sollte Miss Moretti eine Verhandlungspause benötigen, um sich die Dokumente anzusehen, sind wir gerne bereit, ihr ein paar Minuten …«
»Ich brauche keine Verhandlungspause, Sie Schwätzer. Ich hege nicht den geringsten Zweifel daran, dass diese Dokumente nicht nur irrelevant sind, sondern dass Mr. Preston sie sich auch auf illegalem Weg beschafft hat. In Unschuld kann er sich seine Hände zumindest nicht waschen. Ich weiß ja nicht, wie man das in Louisiana macht, aber hier in Rhode Island gibt es Gesetze zum Schutz der Bürger, und Miss Shaws Rechte werden in eben diesem Moment mit Füßen getreten.«
»Euer Ehren«, sagt Preston, »wenn die Zeugin ihre Aussage zurückzieht und eingesteht, dass sie versucht hat, Selbstmord zu begehen, bin ich gerne bereit, die Dokumente wieder zurückzuziehen.«
»Es reicht«, seufzt Richter O’Neill. »Ich lasse diese Dokumente nur zur Beglaubigung zu. Allerdings würde ich gerne hören, wie der Herr Rechtsanwalt sie bekommen hat, bevor wir weitermachen.«
»Sie wurden im Hotel unter meiner Tür
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