Ein Lied für meine Tochter
Richtig?«
»Das stimmt. Nur dass diese Embryonen keine Menschen sind.«
»Und doch werden sie genauso behandelt wie ein Verstorbener. Sie spülen sie nicht einfach im Klo hinunter … Sie verbrennen sie zu Asche.«
»Es ist wichtig zu wissen, dass fünfundsechzig Prozent aller Embryonen nicht normal sind und von sich aus absterben«, erklärt die Ärztin. »Und die beiden Parteien in diesem Fall haben einen Vertrag mit der Klinik unterschrieben, in dem sie unter anderem der Verbrennung aller Embryonen zugestimmt haben, die nicht dafür geeignet sind, eingepflanzt oder eingefroren zu werden.«
Bei dem Wort Vertrag wirbelt Wade Preston herum. Angela richtet sich unwillkürlich auf. Und Richter O’Neill beugt sich zu Dr. Fourchette vor. »Bitte, entschuldigen Sie … Es gibt da einen Vertrag?«
Er bittet darum, ihn zu sehen, und Dr. Fourchette reicht ihm das Dokument. Der Richter überfliegt es kurz. »Laut diesem Vertrag sollen alle verbleibenden Embryonen im Fall einer Scheidung der Beteiligten durch die Klinik vernichtet werden. Dr. Fourchette, sind die Bestimmungen dieses Vertrages bereits ausgeführt worden?«
»Die Klinik wusste nichts von der Scheidung der Baxters«, antwortet die Ärztin. »Und als wir davon erfahren haben, war uns klar, dass es zu einem Prozess kommen würde.«
Der Richter hebt den Blick. »Nun. Das vereinfacht meinen Job erheblich.«
»Nein«, keucht Zoe im selben Augenblick, als sowohl Angela als auch Wade Preston aufspringen und ihre Einsprüche herausschreien.
»Euer Ehren, wir beantragen eine Verhandlungspause …«, sagt Angela.
»Eine Besprechung im Richterzimmer …«, unterbricht Preston sie.
Richter O’Neill schüttelt den Kopf. »Ich denke, Sie haben schon genug von meiner Zeit verschwendet. Herr und Frau Anwalt, kommen Sie bitte zur Richterbank.«
Zoe dreht sich zu mir um. Sie ist vollkommen außer sich. »Das würde er doch nicht tun, oder? Ich kann mein Kind doch nicht wegen einer Formalität verlieren.«
»Schschsch«, sage ich, aber nicht, um sie zu trösten. Die Anwälte sind in eine hitzige Diskussion mit dem Richter vertieft, und ich sitze nahe genug, um sie verstehen zu können. »Warum hat keiner von Ihnen diesen Vertrag erwähnt?«, verlangt der Richter zu wissen.
»Meine Mandantin hat nie etwas davon erwähnt, Euer Ehren«, erwidert Angela.
»Meiner ebenso wenig«, fügt Preston hinzu. »Wir wussten noch nicht einmal von der Existenz dieses Dokuments, geschweige denn, was da drinsteht.«
»Und doch ist es so«, sagte der Richter. »Ich kann die Tatsache nicht ignorieren, dass ein Vertrag existiert.«
»Aber seit der Unterzeichnung haben sich die Umstände dramatisch verändert«, sagt Preston.
»Und es gibt da Fallbeispiele …«
Der Richter hebt die Hand. »Sie haben einen Tag. Morgen um neun Uhr früh werden wir uns zu einer Anhörung treffen und über die Durchsetzbarkeit des Vertrags entscheiden.«
Angela zuckt zurück. »Was?«
»Wir brauchen mehr Zeit«, erklärt Preston.
»Wissen Sie, was ich brauche?«, knurrt der Richter. »Ich brauche Anwälte, die ihre Hausaufgaben machen, und zwar bevor sie meinen Saal betreten. Ich brauche Anwälte, die die Grundlagen des Vertragsrechts kennen. Ein Student im ersten Semester hätte das gemerkt. Was ich jedoch gar nicht gebrauchen kann, sind jammernde, streitlustige Anwälte, die nur Zeit schinden wollen, um einen marginalen Vorteil zu erringen!« Der Gerichtsdiener springt auf, um die Entscheidung zu verkünden, als Richter O’Neill wütend seinen Platz verlässt.
Angela organisiert einen kleinen Konferenzsaal in einem der oberen Stockwerke des Gerichtsgebäudes, und Zoe, Dara und ich folgen ihr dorthin. »Reden Sie«, fordert sie Zoe auf und setzt sich ihr gegenüber. Zoe ist am Boden zerstört.
»Er kann der Klinik doch nicht wirklich vorschreiben, die Embryonen zu zerstören, wenn wir beide sie haben wollen, oder?«, schluchzt Zoe.
»Vertrag ist Vertrag«, erwidert Angela schlicht.
»Aber das war doch nur eine Formalität. Vor einer OP muss man doch auch so was unterschreiben. Wir wollten doch nur ein Baby. Ich dachte, wir müssten einfach alles ankreuzen, um die Behandlung zu bekommen.«
Angela hebt die Augenbrauen. »Dann haben Sie sich das Dokument also gar nicht durchgelesen?«
»Das waren zwanzig Seiten!«
Angela schließt die Augen und schüttelt den Kopf. »Na, toll. Großartig.«
»Wie lange kann das die Entscheidung des Richters hinauszögern?«, frage ich.
»Es könnte
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