Ein Lied für meine Tochter
einen Blick auf mein Gesicht werfen, mein Haar und meine Kleider, und sie weiß Bescheid. Sie weiß, was ich gemacht habe.
Zoe wendet sich von mir ab und starrt geradeaus.
Ich spüre diese Ablehnung, als hätte sie mir ein Loch in die Brust gestoßen. Ich wollte immer nur gut genug für sie sein, und ich habe es versaut. Ich konnte ihr das Kind nicht geben, das sie sich gewünscht hat. Ich konnte ihr nicht das Leben geben, das sie verdient hat. Und ich konnte nicht der Mann sein, für den sie mich gehalten hat.
Die Gerichtsdienerin steht auf und liest von einer Liste ab: »Malloy gegen Malloy?«
Ein Anwalt erhebt sich. »Alles ist vorbereitet, Euer Ehren. Können wir dazu bitte ins offene Verfahren gehen?«
Die Richterin, eine Frau mit rundem, strahlendem Gesicht, hat die Richterbank mit Festtagsschmuck dekoriert: Beanie Babys, die wie Pilger aussehen, und ein Plüschtruthahn.
»Jones gegen Jones?«
Ein weiterer Anwalt steht auf. »Bereit, nominell.«
»Kasen gegen Kasen?«
»Euer Ehren, dafür brauche ich einen neuen Termin. Könnte ich den 18. Dezember haben?«
»Horowitz gegen Horowitz?«, liest die Gerichtsdienerin vor.
»Wir beantragen ein mündliches Verfahren, Euer Ehren«, erklärt ein weiterer Anwalt. »Ich bin bereit.«
»Baxter gegen Baxter?«
Es dauert einen Moment, bis mir bewusst wird, dass die Gerichtsdienerin gerade meinen Namen gerufen hat. »Ja«, sage ich und stehe auf. Zoe erhebt sich ebenfalls. Sie sitzt auf der anderen Seite des Raums.
»Ich … äh …«, sage ich. »Anwesend.«
»Vertreten Sie sich selbst, Sir?«, fragt Richterin Meyers.
»Ja«, antworte ich.
»Ist Ihre Frau ebenfalls hier?«
Zoe räuspert sich. »Ja.«
»Und vertreten auch Sie sich selbst, Ma’am?«, will Richterin Meyers wissen.
»Ja«, erklärt Zoe, »das tue ich.«
»Sind Sie beide bereit, die Scheidung heute zum Abschluss zu bringen?«
Ich nicke, schaue aber nicht zu Zoe, um zu schauen, ob sie ebenfalls nickt.
»Wenn Sie sich selbst vertreten«, sagt Richterin Meyers, »dann sind Sie auch Ihre eigenen Anwälte. Das heißt, dass Sie Ihren Fall vorbringen müssen, wenn Sie heute noch geschieden werden wollen. Ich rate Ihnen dringend, sich die anderen Fälle genau anzusehen, um das Verfahren zu verstehen, denn das kann ich Ihnen nicht abnehmen. Haben Sie verstanden?«
»Jawohl, Ma’am«, sage ich, aber soweit es mich betrifft, könnte sie genauso gut Chinesisch reden.
Erst über zwei Stunden später werden wir wieder aufgerufen. Das heißt, dass ich mich in der Zwischenzeit hätte duschen können, doch stattdessen habe ich nun fünf Scheidungsverfahren beobachtet und noch immer keine Ahnung, was man von mir erwartet. Ich gehe durch die Schranke und zum Zeugenstand, und einer der uniformierten Gerichtsdiener tritt mit einer Bibel vor mich. »Mr. Baxter, schwören Sie, die Wahrheit zu sagen und nichts als die Wahrheit, so wahr Ihnen Gott helfe?«
Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich, wie ein anderer Gerichtsdiener Zoe zu einem Tisch vor der Richterbank führt. »Ich schwöre«, sage ich.
Es ist schon komisch, dass man bei einer Scheidung die gleichen Worte sprechen muss wie bei einer Eheschließung.
»Bitte, nennen Sie uns Ihren Namen für das Protokoll …«
»Max«, sage ich. »Maxwell Baxter.«
Die Richterin faltet ihre Hände auf dem Tisch. »Mr. Baxter, haben Sie Ihren Antrag formell eingereicht?«
Ich blinzele sie nur an.
»Sheriff, hat Mr. Baxter seinen Antrag eingereicht … Sie wollen die Scheidung doch heute noch, oder, Mr. Baxter?«
»Ja.«
»Und Sie vertreten sich heute selbst?«
»Ich kann mir keinen Anwalt leisten«, erkläre ich.
Die Richterin schaut zu Zoe. »Und Sie, Mrs. Baxter? Sie vertreten sich ebenfalls selbst, nicht wahr?«
»Ja, das tue ich.«
»Und Sie erheben keinen Widerspruch gegen die Scheidung. Ist das korrekt?«
Sie nickt.
»Sheriff, lassen Sie Mrs. Baxter bitte eine entsprechende Erklärung ausfüllen.« Dann dreht die Richterin sich wieder zu mir um und schnieft. »Mr. Baxter, Sie riechen wie eingelegt. Stehen Sie unter Alkohol- oder Drogeneinfluss?«
Ich zögere. »Noch nicht«, antworte ich.
»Ernsthaft, Max?«, platzt Zoe heraus. »Du trinkst wieder?«
»Das ist nicht mehr dein Problem …«
Die Richterin schlägt mit dem Hammer auf den Tisch. »Wenn Sie beide das Bedürfnis nach einer Eheberatung verspüren, dann verschwenden Sie bitte nicht meine Zeit.«
»Jawohl, Euer Ehren«, sage ich. »Bitte, entschuldigen Sie. Ich will nur,
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