Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
dass das hier vorbei ist.«
    »Also gut, Mr. Baxter. Bitte, fahren Sie fort.«
    Fortfahren ist ja schön und gut, nur weiß ich nicht wie. Also gebe ich meine jetzige und meine alte Adresse in Wilmington an, nenne mein Hochzeitsdatum und erkläre, wie lange wir schon getrennt leben … Aber das alles erklärt nicht wirklich, warum zwei Menschen, die einmal geglaubt haben, den Rest ihres Lebens miteinander zu verbringen, eines Morgens plötzlich aufwachen und realisieren, dass sie den Menschen neben sich eigentlich gar nicht kennen.
    »Wie alt sind Sie, Mr. Baxter?«, fragt die Richterin.
    »Vierzig.«
    »Was ist Ihr höchster Schulabschluss?«
    »Ich war drei Jahre auf dem College, habe mein Studium dann aber abgebrochen und eine Landschaftsgärtnerei eröffnet.«
    »Und wie lange arbeiten Sie schon als Landschaftsgärtner?«
    »Seit zehn Jahren, Euer Ehren«, antworte ich.
    »Und wie viel verdienen Sie?«
    Ich werfe einen Blick in den Zuschauerraum. Es ist ja schon schlimm genug, das einer Richterin sagen zu müssen, aber da sind noch so viele andere Leute im Saal. »Ungefähr fünfunddreißigtausend im Jahr«, antworte ich, obwohl das nicht ganz stimmt. So viel habe ich nur einmal verdient.
    »Sie haben unüberbrückbare Differenzen als Grund für das Scheitern Ihrer Ehe angegeben. Ist das korrekt?«, fragt die Richterin.
    »Ja, Euer Ehren. Wir haben neun Jahre lang versucht, ein Baby zu bekommen. Und ich … Ich will das nicht mehr.«
    Zoe stehen die Tränen in den Augen, aber sie greift nicht nach den Papiertüchern auf dem Tisch.
    Vor zwei Monaten haben wir uns mal getroffen – kurz nachdem sie die Scheidungspapiere bekommen hatte –, um all die Details durchzugehen, die das Gericht von uns würde wissen wollen. Lassen Sie mich Ihnen sagen: Es ist schon seltsam, wieder in das Haus zurückzukehren, in dem man einmal gewohnt hat, sich an den Tisch zu setzen, wo man einmal gegessen hat, und sich völlig fremd zu fühlen.
    Zoe sah furchtbar aus, als sie mir die Tür geöffnet hat, aber ich hielt es nicht für richtig, ihr das zu sagen. Also wartete ich einfach an der Schwelle, bis sie mich hereinbat.
    Ich glaube, wenn sie mich in diesem Moment gebeten hätte, alles noch einmal zu überdenken und wieder zurückzukommen, ich hätte es getan.
    Doch stattdessen sagte Zoe nur: »Nun denn, bringen wir es hinter uns.« Und damit war die Sache erledigt.
    »Besitzen Sie Immobilien?«, fragt die Richterin.
    »Wir haben ein Haus gemietet«, antworte ich.
    »Besitzen Sie irgendetwas, das einen gewissen Wert darstellt?«
    »Ich habe meine Gartenwerkzeuge mitgenommen, und Zoe hat ihre Instrumente.«
    »Dann beantragen Sie also, dass Ihnen die Gegenstände in Ihrem Besitz und Ihrer Frau die Gegenstände in ihrem Besitz zugesprochen werden, stimmt das?«
    Habe ich das nicht grad gesagt? »Ja, sicher.«
    »Haben Sie eine gemeinsame Kranken- oder Lebensversicherung?«, fragt die Richterin.
    »Wir haben uns zu Beginn unserer Beziehung darauf geeinigt, dass jeder für seine eigene Versicherung verantwortlich ist.«
    Die Richterin nickt. »Was ist mit gemeinsamen Schulden?«
    »Die kann ich noch nicht bezahlen«, gebe ich zu. »Aber ich werde mich darum kümmern, sobald das möglich ist.«
    »Wird Ihre Frau die Verantwortung für Kredite übernehmen, die auf ihren Namen laufen?«
    »Ja«, antworte ich.
    »Mr. Baxter, sind Sie bei voller Gesundheit?«
    »Ja.«
    »Wissen Sie, was ein Versorgungsausgleich ist?« Ich nicke. »Hier steht«, fährt die Richterin fort, »dass Sie das Gericht bitten, Ihren Verzicht auf jegliche Alimentierung anzuerkennen, und zwar heute.«
    »Wenn Sie damit meinen, dass ich kein Geld von Zoe haben will, dann ja. Das stimmt.«
    »Ist Ihnen bewusst, dass es sich dabei um einen endgültigen Verzicht handelt? Dass Sie nicht wieder vor Gericht gehen und doch noch Ausgleichszahlungen bekommen können?«
    Zoe und ich, wir hatten nie viel Geld, doch allein die Vorstellung, dass sie mich finanziell unterstützt, empfinde ich schon als Demütigung. »Ja, das ist mir bewusst«, antworte ich.
    »Und beantragen Sie, noch heute endgültig von Ihrer Frau geschieden zu werden?«
    Ich weiß, dass das nur juristisches Blablabla ist, dennoch zögere ich kurz und denke nach. Absolut. Es ist so endgültig, endgültiger geht es nicht mehr. Es ist wie ein geliebtes Buch, von dem man sich wünscht, es gehe nie zu Ende, denn wenn es so weit ist, muss es in die Bibliothek zurückgebracht werden.
    »Mr. Baxter«, fragt die

Weitere Kostenlose Bücher