Ein Lord entdeckt die Liebe
Griffs! Ihr Wert dürfte ausreichen, um mich ein ganzes Jahrzehnt vor Schulden zu bewahren. Oh, und das ist echtes Gold! Hm, ich sollte herausfinden, ob es sich womöglich lohnt, die Steine herauszubrechen und einzeln zu verkaufen.“ Er lachte kurz auf. „Laxton jedenfalls ist ein Dummkopf! Wie kann er annehmen, ich würde ihm die Waffe überlassen, obwohl er mir doch für all meine Mühe so gut wie nichts gezahlt hat?“
Halt suchend streckte Braedon die Hand nach der Wand aus. Thom sprach von Skandas Speer. Nur dann ergaben seine Worte einen Sinn. War er es gewesen, der Chloes Notizbuch gestohlen hatte, weil er hoffte, darin Informationen über die Waffe zu finden? Vermutlich war er auch derjenige, der immer wieder versucht hatte, Chloe Angst einzujagen. Ja, das erklärte so manches. Zum Beispiel, dass Thom unangekündigt in Denning Castle aufgetaucht war, als die ersten Gerüchte über den Speer im Umlauf waren.
Und Chloe? Chloe war im Besitz des Speers? Wie hatte das geschehen können?
Er biss die Zähne zusammen und bemühte sich, den Schmerz zu unterdrücken, der sein Inneres zerreißen wollte.
„Was mich interessieren würde, Miss Hardwick: Für wen arbeiten Sie wirklich? Und wie ist es Ihnen gelungen, Marland so gründlich zu täuschen?“
Braedon lauschte gespannt. Das waren genau die Fragen, auf die auch er eine Antwort erwartete.
„Ich weiß nicht, was Sie meinen“, erklärte Chloe. Sie schien entrüstet und ängstlich zugleich zu sein.
„Nun, offensichtlich haben Sie Marland die Waffe nicht übergeben. Mich persönlich freut das. Denn ich fürchtete, er würde heute Abend ganz aufgeblasen vor Stolz herumlaufen, weil er der neue Besitzer des Speers ist. Ich frage Sie also noch einmal: Wer ist Ihr Auftragsgeber?“
„Ich will nur das Beste für Lord Marland“, gab sie zornig zurück.
„Sie wollten ihm den Speer also überlassen?“
Braedon hielt den Atem an.
Chloe schwieg.
Thom lachte laut auf. „Ich wette, Sie und Pisano machen gemeinsame Sache.“
Noch immer sagte Chloe nichts.
„Aber das ist jetzt auch unwichtig. Denn ich werde der neue Besitzer von Skandas Speer. Kommen Sie! Sie werden mich begleiten. Das Haus ist voller Menschen, da ist es immer gut, wenn man eine Sicherheit hat.“
Das Kurzschwert fest in der Hand haltend, machte Braedon sich zum Angriff bereit.
„Warten Sie“, meinte Thom, „dieses Polster kann mir ebenfalls nützlich sein.“ Es folgte eine kurze Pause. „Gehen wir!“ Er schob sie in den Korridor.
Gleich darauf stand Chloe vor ihm. Braedon legte rasch einen Finger auf die Lippen, doch sie war so überrascht, dass sie kurz innehielt.
Das genügte, um Thom zu warnen. Er gab ihr einen Stoß, sodass sie gegen die gegenüberliegende Wand taumelte, und hob das Schwert. „Dieser Junge enttäuscht mich beinahe ebenso sehr wie Ihre Assistentin“, meinte er spöttisch zu Marland. Dann warf er mit der Polsterrolle nach ihm.
Braedon wich zur Seite hin aus. Dabei sah er, dass der Saum des Polsters geöffnet war und etwas Goldenes aufblitzte.
„Meine Enttäuschung über Ihr Verhalten könnte nicht größer sein“, gab Braedon zurück. „Wahrhaftig, eine solche Skrupellosigkeit hätte ich Ihnen nicht zugetraut.“
„Ich versichere Ihnen, dass die Wucherer, bei denen ich Geld geliehen habe, wesentlich skrupelloser sind als ich.“ Thom tat, als wolle er angreifen, doch Braedon durchschaute ihn.
„Sie schämen Sie sich nicht, Frauen und Kinder zu bedrohen und einen Ihrer ältesten Freunde zu hintergehen, nur weil Sie Schulden gemacht haben?“
„Ich hänge zu sehr am Leben, um mich der Rache der Wucherer auszuliefern. Und Freunde wie Sie kosten einen Mann wie mich nur Geld.“ Diesmal griff er wirklich an.
Dank seines langjährigen Trainings ahnte Braedon schon im Voraus, was sein Gegner beabsichtigte. Er wehrte den Schlag ab und fragte sarkastisch: „Dann ist also alles meine Schuld? Wie bequem für Sie!“
„Keineswegs. Es ist sogar sehr unbequem. Anfangs hielt ich Sie tatsächlich für einen Freund. Aber dann musste ich erkennen, dass Sie sich nicht von all den anderen Adligen und Reichen unterscheiden. Sie sind gastfreundlich, ja. Allerdings interessiert Sie mein Wohlergehen, und wie mein Leben ansonsten aussieht, nicht im Geringsten.“
Diesmal griff er schneller und geschickter an. Doch wieder gelang es Braedon, den Schlag abzuwehren. Ein harter Kampf begann.
Zunächst war nichts zu hören als der metallische Klang der aufeinandertreffenden
Weitere Kostenlose Bücher