Ein Macho auf Abwegen
seine Sekretärin dafür
verantwortlich. Die ist doch nicht blöd! Die weiß genau, worum es geht! Musste
diese Frau denn ewig ihren Dickkopf durchsetzen?
Er begann grollend zu wettern. „Als ob das so wichtig wäre?
... Auch noch durch den Elbtunnel! ... Um diese Zeit! Mitten im Berufsverkehr!
Wie bescheuert muss man dazu eigentlich sein?“
Christina reagierte nicht. Sie suchte ganz unberührt nach
einem anderen Radiosender.
Genau wie Stevens es vorausgesagt hatte, standen sie schon
weit vor dem Elbtunnel im Stau. Er schlug zornig auf das Lenkrad, als er aus
der Ferne die stehenden Fahrzeuge entdeckte. „Was ich gesagt habe! Jetzt stehen
wir hier dumm herum! Mann, Mann, Mann! Ein Anruf, Frau Klasen. Ein Anruf von
Ihnen, und wir hätten uns das hier ersparen können!“
So ging es ja wohl auch nicht! Er konnte ihr doch nicht die
Alleinschuld aufladen! „Ich hätte auch im Verlag bleiben können! Es war ganz
alleine Ihre Idee, mich ins Studio mitzunehmen!“, versuchte sie seinen Angriff
abzuwehren. Er ignorierte ihren Kommentar und donnerte weiter. „Wissen Sie
eigentlich, wie lange ich brauche, bis ich wieder zurück bin? Da stehe ich hier
nämlich schon wieder! Sie haben offensichtlich nicht die leiseste Ahnung, was
so ein Studiotag kostet? Wenn ich nicht pünktlich fertig werde, kostet mich das
...“
„Ich wollte ein Taxi nehmen! Sie mussten ja unbedingt selber
fahren!“ Er schaute sie von der Seite an und schrie: „Ja, Frau Klasen! Weil ich
es Ihnen Ver-spro-chen hatte!“
Sie waren mit Schrittgeschwindigkeit am Ende des Tunnels
angekommen, und Christina schaute nervös auf die Uhr. Es war kurz nach sechs.
„Jetzt komme ich zu spät!“
Ihr Kommentar brachte das Fass zum Überlaufen. „Wissen Sie
was, Frau Klasen? Mir reicht es jetzt end-gül-tig! Ihren beschissenen Nebenjob
hängen Sie heute noch an den Nagel! Sie haben anscheinend komplett vergessen,
wo Sie ihr Geld verdienen! Und ich bezahle Sie, verdammt noch mal, nicht
schlecht!“ Seine Stimme überschlug sich, und ihm schwoll sein Hals gefährlich
an. „Wenn ich Sie brauche, dann haben Sie gefälligst auch da zu sein! Und wann
und wie lange ich Sie brauche, entscheiden nicht Sie! Ich glaub’, ich spinne!
Wo kommen wir denn da hin ...?“
Was bildete dieser Blödmann sich eigentlich ein? So kann er
seine Spaghetti-Moni anpfeifen, aber mit mir redet der so nicht!, dachte sie.
„Ich weiß sehr wohl, wer mein Arbeitgeber ist, Herr Stevens! Mit Sicherheit
gebe ich meinen Job im Frauenhaus nicht auf! Das können Sie sich von der Backe
putzen! Für nichts und niemanden werde ich das tun! Und erst recht nicht, weil
Sie das so wollen!“, erwiderte sie patzig.
„Okay, okay, okay! Ich zahle Ihnen mehr Gehalt. Und das
Frauenhaus vergessen Sie in Zukunft! Ich verstehe sowieso nicht, was der ganze
Quatsch überhaupt soll!“ Jetzt rastete Christina vollständig aus. „Sie
verstehen wirklich gar nichts! – Mehr Geld?! Sie denken wohl, Sie können sich
alles kaufen, was? Aber ich, mein Lieber, ich heiße weder Moni Mölzner noch
Babsie Bachmaier, oder wie auch immer! Mich gibt es für kein Geld der Welt!
Haben Sie mich da verstanden? Ich brauche ihr Scheißgeld nicht!“
„Und von was wollen Sie ohne mein Scheißgeld leben? Von
irgendwelchen dahergelaufenen Sozialfällen?“ Christina glaubte nicht, was sie
da hörte. Dachte er im Ernst, sie wäre auf den Job bei ihm angewiesen? Da würde
sie lieber putzen gehen, als sich von ihm kaufen zu lassen! „Ich kann Ihre
ignorante Dekadenz nicht mehr länger ertragen! Sie kapieren wohl überhaupt
nichts! Wo leben Sie eigentlich? Hinter’m Mond, oder wo? Sie sind doch so
abgehoben, dass Sie gar nicht mitbekommen, was da draußen vor sich geht! Sie
wissen doch gar nicht, was es heißt, schlimmes Leid ertragen zu müssen! Ich
habe gerade sehr viel über Sie gelernt, Herr Stevens. Sie sind alles das nicht,
was ich über Sie gedacht habe!“
„Und wenn schon!“
„Ja, genau! Es kann mir im Grunde wirklich scheißegal sein,
wie Sie sind und was Sie denken! Wenn Sie überhaupt jemals denken ...“
„Dito!“
„Und damit Sie sich nicht mehr länger mit mir aufhalten
müssen, werde ich jetzt aussteigen.“
„Sie können hier jetzt nicht ...“
„Was meinen Sie, was ich alles kann! Halten Sie jetzt
augenblicklich an!“ Stevens stieg in die Bremsen und fuhr auf den
Seitenstreifen. Christina stieg aus und schlug wütend die Wagentür zu.
„Mistkerl ! Idiota! Cabrón! Hijo de puta! Du
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