Ein Macho auf Abwegen
Schwachkopf! Du Lump!“, sie rief
ihm sämtliche Schimpfwörter hinterher, die ihr in ihrer Wut noch einfielen und
zeigte ihm noch dazu den ausgestreckten Mittelfinger, beidhändig. „Mach, dass
du wegkommst, Sinvergüenza! Nichtsnutz!“
Marc fuhr mit quietschenden Reifen davon. „So eine blöde
Kuh! Eingebildete Schnepfe! Frigides Luder! Verstörtes Schaf! Blödes
Suppenhuhn!“, schimpfte er rasend vor Zorn. „Dann hau doch ab, du arrogante
Ziege!“
Christina heulte vor Empörung und Enttäuschung über Stevens.
Er war ein Blender. Der Rattenfänger hatte sie um den kleinen Finger gewickelt,
mit seiner So-bin-ich-ja-gar-nicht-Masche. Und ich naives Huhn bin voll in
seine Falle getappt! Ausgerechnet ich!“, rief sie. „Der hat mich von Anfang an
nur verarscht!“ Er war ganz genauso wie die Presse ihn immer darstellte.
Stevens war in Wahrheit exakt das Gegenteil von dem, was Christina über ihn
verstanden hatte. Er spielte in ihrer Gegenwart eine Rolle! Und das hatte er
äußerst professionell getan! Konnten diese Augen lügen? – „Ja, und ohne mit der
Wimper zu zucken! Ohne rot zu werden, kann der Typ einem dreckig ins Gesicht
lügen!“ – Aber warum hatte er das getan? Sie wusste es nicht. Er war absolut
nicht der bodenständige, intelligente, gebildete, verständnisvolle und mitten
im Leben stehende Mensch. Geld regiert die Welt, und ich bin der Größte! Oder
hatte sie ihn sich, so wie sie ihn gerne sehen wollte, zurechtgebastelt? Das
war ja jetzt auch vollständig egal. Sie hatte keinerlei Menschenkenntnis. Wie
eine Marionette hatte sich von ihm manipulieren lassen! „Von wegen: Durch deine
Augen schaue ich in dein Herz! Du Lügenbaron! Münchhausen war ein Stümper gegen
dich, Marc Stevens! Aber nicht mehr mit mir!“ Sie schoss eine leere
Limonadendose mit dem Fuß über den Bürgersteig. „Spiel’ deine Spielchen in
Zukunft mit anderen, du Schaumschläger!“
Ihre Anstellung war sie ja nun los! Sie würde morgen gar
nicht erst in das Büro gehen. Sie wollte ihn nie wieder sehen!
Viel zu spät, und von dem langen Fußmarsch fix und fertig
trat sie ihren Dienst an. Nicole freute sich sehr über Stevens’ Autogramm mit
seiner persönlichen Widmung.
Nach dem Vorlesen schlief sie mit seinem Bild in der Hand
glücklich und zufrieden ein.
Die Kleine hatte von Christinas Nervosität und schlechter
Laune nichts mitbekommen.
Inge Fink war ihre miese Stimmung natürlich sofort
aufgefallen. Die beiden Frauen saßen nach Feierabend, wie gewohnt, noch bei
einer Tasse Tee zusammen in ihrem Büro. „Was ist mit Ihnen, Christina? Sie sind
gar nicht bei der Sache heute! Sie machen den Eindruck, als wären sie ganz weit
weg. So kenne ich Sie gar nicht!“ Christina winkte geringschätzig ab. „Ach, es
ist nichts weiter. Ich hatte nur einen Riesenkrach mit Stevens. Er ist ein
verdammter Heuchler!“
„Was war denn los?“
„Als ich heute früh ins Büro kam, hatte er schon eine
verdammte Scheißlaune und bestand darauf, dass ich mit ins Studio komme. Er
hatte mir aber vorher davon nichts gesagt! Ich wollte nicht, wegen Nicole. Als
er schließlich versprach, mich pünktlich herzubringen, blieb mir keine andere
Wahl. Also bin ich mit. Dann wurde er doch nicht rechtzeitig fertig, und ich
sagte ihm, ich würde mir ein Taxi bestellen. Doch er wollte sein Versprechen
einhalten und beharrte darauf, mich höchstpersönlich in die Stadt zu bringen.
Da kann ich ja nichts dafür, oder?“
„Natürlich nicht!“
„Trotzdem war er stinksauer, weil er seine Arbeit
unterbrechen musste, ihr passierte und wir dann im Elbtunnel Stau hatten.“ Frau
Fink unterbrach sie. „Aber Sie hätten mich doch anrufen können, Christina! Ihre
Arbeit geht doch vor! Wir finden hier immer eine Lösung!“ Christina schüttelte
den Kopf. „Ich tanze nicht nach seiner Pfeife! Ich bin nicht sein Eigentum, nur
weil er mich für meine Arbeit bezahlt! Es geht ums Prinzip. Wir hatten eine
ganz klare Vereinbarung, und daran muss sich auch ein Marc Stevens halten, y
basta!“
„Und wie ging es weiter?“, wollte die Heimleiterin wissen.
„Er hat von mir verlangt, meinen Job hier aufzugeben. Er würde mir mehr Geld
bezahlen, und ich müsste ihm dann, wann immer es dem Superstar beliebt, zur
Verfügung stehen. Daraufhin bin ich ausgestiegen und habe ihn als blöden
Idioten beschimpft und ihm den Stinkefinger gezeigt. Ich habe mich die ganze
Zeit von ihm blenden lassen, Frau Fink! Er ist nicht der Mann, für den ich ihn
immer
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