Ein Macho auf Abwegen
Arztzimmer.
„Frau Stevens! Was ist passiert? Sie sind ja völlig
aufgelöst!“, rief die Ärztin perplex über die jähe Störung.
„Frau Dr. Fuhrmann! Es besteht die Möglichkeit ... es könnte
eventuell, vielleicht ..., also durchaus sein, dass ich schwanger bin. Sie
müssen mich unbedingt sofort untersuchen! Sie glauben ja gar nicht, was das für
meinen Mann bedeuten würde!“ Die Chefärztin legte verständnisvoll ihren Arm um
Christina. „Nun einmal ganz ruhig und von vorne! Wie kommen Sie so plötzlich
auf diese Idee?“
Christina erzählte ihr alles. Von ihrem ständigen Erbrechen,
und was der Hausarzt ihr gesagte hatte. „Von alleine wäre ich da nie drauf
gekommen! – Jedenfalls jetzt noch nicht. Ich hatte in den letzten Wochen so
viel um die Ohren. So viele andere Dinge im Kopf.“ Frau Dr. Fuhrmann lächelte
sie warmherzig an. „Sie haben Recht, Frau Stevens.“ Es gibt nicht nur die
Möglichkeit, sondern auch eine ziemliche Wahrscheinlichkeit. Da wollen wir doch
sofort auf Nummer sicher gehen. Kommen Sie! In ein paar Minuten wissen wir
mehr.“
Christina gab ihre Urinprobe ab und betrat das
Behandlungszimmer. Während Dr. Fuhrmann sie untersuchte, versuchte Christina an
ihrem Gesichtsausdruck abzulesen, was los war. Die Assistentin öffnete die Tür
einen Spalt weit und sagte gelangweilt: „Positiv“. Schon schloss sich die Türe
wieder. Dr. Fuhrmann schmunzelte. „Okay, Sie können sich wieder anziehen.“
Christina schaute sie erwartungsvoll an. „Und?“, fragte sie. Die Ärztin nahm
sie in den Arm. „Schwanger, Frau Stevens! Es hat wirklich geklappt!“
Christina wurde es schwindelig. Sie brach sofort in Tränen
aus. Sie konnte es einfach nicht glauben. „Frau Doktor! Marc wird verrückt,
wenn er das hört! Stellen Sie sich das doch mal vor! Morgen haben wir einen
Termin mit dem Jugendamt, wegen einer Adoption. Und jetzt das hier!“
„Ich freue mich wirklich für Sie beide“, sagte die
Chefärztin. „Wir machen jetzt noch einen Ultraschall, und dann können Sie ihm
ihr Baby schwarz auf weiß zeigen.“
Christina konnte auf dem Monitor bereits das winzige Herz
des Babys schlagen sehen. Es war doch alles viel zu schön um wahr zu sein!
Doktor Fuhrmann druckte ein Foto aus und gab es ihr mit. „Die Größe des Kindes
und das Datum ihrer letzten Periode stimmen überein. Sie sind in der neunten
Schwangerschaftswoche, Frau Stevens. Es ist alles in Ordnung, alles so, wie es
sein soll!“
Sie wartete nicht auf den Aufzug, stattdessen rannte sie die
Treppe bis in das Erdgeschoss der Hanse-Klinik. Völlig aus der Puste stürmte
Christina in den Gymnastikraum.
Marc war noch bei seinen Übungen. „Bin gleich fertig“, sagte
er. „Schau, Christina! Er stand zwischen zwei Reckstangen und musste laufen
üben. „Komm her!“, rief er. Sie ging zu ihm. Er war nassgeschwitzt von der
Anstrengung. Die Physiotherapeutin stand am offenen Ende des Gerätes, um ihn
stützen zu können, wenn er dort ankäme.
Du brauchst dich nicht mehr lange zu quälen, cariño, dachte
Christina. Sie war sich sicher, dass ihre Schwangerschaft den Knoten in Marcs
Kopf platzen lassen würde. Das Baby würde ihn wieder gesund machen. Ganz
bestimmt! Marc hatte das Ende des Recks erreicht. „Kommen Sie, Herr Stevens!
Ich helfe Ihnen auf die Matte“, sagte die Therapeutin. Christina wusste, wie
schwer Marc war und bot ihm auch ihre Schulter.
„Ist auch besser, wenn wir ihn zu zweit halten!“, meinte
Christina fröhlich. „Weil er nämlich sonst vollkommen aus den Latschen kippen würde,
wenn ich ihm das gesagt habe, was ich ihm dringend erzählen muss.“
Sie halfen ihm noch bis auf die weiche Matte, ließ ihn sich
hinsetzen, damit er sich von seiner Strapaze erholen konnte. „Ist etwas
passiert? Du hast ja geweint“, stellte er besorgt fest. Christina kniete sich
zu ihm herunter und flüsterte: „Ja, Marc, es ist etwas passiert. Etwas
Unglaubliches!“
Sie holte den Umschlag mit dem Ultraschallbild aus ihrer
Handtasche. „Hier, schau mal, was da drin ist!“ Er machte den Briefumschlag
hektisch auf und holte das Foto heraus. Er starrte angestrengt auf das Bild und
sah Christina fragend an. „Was ist das? Ich habe meine Brille nicht mit.“ Nun
kramte sie auch noch seine Ersatzlesebrille aus der Tasche hervor. Trotzdem sie
fast platzte, um es ihm endlich sagen zu können, kostete sie diesen herrlichen
Moment aus. „Setz auf!“, sagte sie. Er setzte die Brille auf und betrachtete
das Foto noch
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