Ein Macho auf Abwegen
einmal. Christina standen schon wieder Tränen in den Augen.
„Warum weinst du denn? Ich weiß nicht, was das ist.“
„Lies, was da geschrieben steht!“, sagte sie mit
tränenerstickter Stimme. Er las laut vor. „Christina Stevens, neunte Woche“,
und blickte nicht weniger fragend zu ihr. Ihr liefen die Tränen jetzt
unaufhaltsam die Wangen hinunter. „Ay, tonto! Das ist unser Baby! Wir sind
schwanger, cariño!“
Marc studierte das Bild noch einmal und schaute Christina
wieder an. „Ist das wirklich wahr?“ Sie konnte gar nichts sagen, sie nickte
nur. „Das ist unser Baby?“, fragte er noch einmal nach. „Ja, Marc. Wir bekommen
ein Kind!“
Er schien langsam zu begreifen und sah sich das
Ultraschallbild abermals genau an. „Das wäre ja ..., das ist ja ...“ Er sackte
in sich zusammen und begann wie ein kleiner Junge zu schluchzen. Er weinte
ungehemmt. Er lag auf der Matte, hielt das Foto fest umklammert und drückte es
an sich. „Mein Baby! Mein Baby!“, sagte er immer wieder. Sie legte sich zu ihm
und streichelte ihm wie eine Mutter über den Kopf. Er nahm sie in den Arm und
drückte sie fest an sich. „Oh, Christina, Prinzessin! Ich danke dir! Danke,...
danke“, schluchzte er.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich soweit wieder beruhigt
hatten, um nach Hause fahren zu können. Marc ließ das Ultraschallbild nicht
mehr los, auch den ganzen restlichen Tag zu Hause nicht mehr. „Dann brauche wir
das Jugendamt ja gar nicht mehr“, sagte er und rief sofort Frau Walther an, um
den Termin für morgen zu stornieren.
Abends im Bett sagte er: „Was waren das nur für aufregende
vierundzwanzig Stunden! Zuerst schlafen wir auf unerklärliche Weise
miteinander, und jetzt sind wir auch noch schwanger! – Wann das wohl passiert
ist?“
„Ich glaube, ich weiß es“, antwortete Christina. „Kannst du
dich noch an den Morgen unserer Hochzeit erinnern?“
„Ja, klar!“
„Irgendetwas war anders als sonst, meinst du nicht?“
„Ja, es war etwas ganz Einzigartiges. Ich kann es dir nicht
erklären, und ich habe auch schon oft darüber nachgedacht, aber es war ganz
außergewöhnlich.“
„Ja, wenn du auch denkst, dass dieses eine Mal anders war,
dann bin ich mir jetzt ganz sicher, dass wir das Kind an dem Tag gezeugt haben.
Es muss einfach so sein!“
„Ja, das war wohl ein ganz besonderer Schicksalstag für
uns.“ Sie beugte sich über ihn. „Bist du glücklich, Marc?“
„Ja, und wie, Prinzessin! Ich bin hier und jetzt der
glücklichste Mensch der Welt!“ Sie küsste ihn liebevoll. Die frohe Botschaft
des heutigen Tages hatte ihn ganz offensichtlich von einem Teil seiner Blockade
befreit, und sie machten es ganz genauso wie in der letzten Nacht.
- 32 -
Mia sollte die Erste sein, die über Christinas
Schwangerschaft Bescheid wissen durfte. Marc, der an und für sich zum
Langschläfer mutiert war, deckte schon den Frühstückstisch, als die
Haushälterin und ihr Dackel zur Arbeit erschienen. „Sind Se aus’m Bett
gefallen, oder hat Ihnen Ihre Frau Se rausgeschmissen?“, begrüßte sie ihren
Chef überrascht. „Ham Se wat angestellt? Oder warum machen Se inne Küche ’rum?“
Marc schob mit dem Rollstuhl geschäftig von einem Schrank
zum anderen. „Ich konnte nicht mehr schlafen“, erklärte er beiläufig und durchstöberte
die verschiedensten Schubladen nach einem Brotmesser. „Wat tun Se denn bloß
suchen?“ Mia machte seine Anwesenheit am frühen Morgen vollkommen zappelig. Und
was hatte er eigentlich in der Küche zu suchen, außer sich ordentlich an den
Tisch zu setzen und das zu essen, was sie oder Christina auf denselben
brachten? „Wat tun Se hier denn rumwurschteln, wenn Se sowieso kein blassen
Schimmer vonne Küche ham? Tun Se sich ma flott hier durch! Ich mach dat schon
allet!“
Sie schob Marc rigoros an seinen Platz und begutachtete den
Tisch nach dem, was noch fehlte. „Ach, Se machen ein an frühen Morgen schon
ganz kirre, Marc!“ Willi, der Fressdackel, klebte an Mias Schuhsohlen, egal, wo
sie gerade hinging.
Christina gesellte sich dazu, und Mia setzte sich zu guter
Letzt auch hin.
„Erst ma nen leckereren Kaffee! Dat brauch ich getz!“ Sie
schenkte jedem ein und begann ihr Brötchen mit dicken Butterscheiben zu
beschichten. „Ach, et geht doch nix über gute Butter! – Warum sind Se denn so
rappelig, Marc? Is dat wegen die Tante von den Jugendamt?“
Marc antwortete. „Die kommt gar nicht.“ Mehr erklärte er
nicht.
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