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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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die jeweiligen
Entwicklungsstadien fast mehr als Christina, die zweifache Mutter. Er
begutachtete ihren Bauch täglich und war recht ungeduldig. Er wollte ihn
wachsen sehen. Ihm ging es nicht schnell genug. Wenn seine Frau sich morgens
anzog, fragte er immer wieder erwartungsvoll: „Und? Geht die Hose noch zu?“ Sie
führte ihm dann vor, wie bequem sich Knopf und Reißverschluss schließen ließen.
„Ganz prima! Schau!“
     
    Christina fand einerseits, dass er es furchtbar damit übertrieb
sich zu informieren. So genau musste man doch wirklich nicht alles wissen. Erst
recht nicht der Vater! Auf der anderen Seite bildeten sie ein Team, wenn es mit
Mia Diskussionen über Christinas Ernährung gab. Die Haushälterin war, wie viele
ältere Menschen, der Überzeugung, dass man in der Schwangerschaft für zwei
essen müsste. Meistens versuchte Marc sie geduldig vom Gegenteil zu überzeugen.
„Nein, Mia! Sie muss nicht das Doppelte essen. Sie soll das richtige essen.
Obst, Gemüse, Milchprodukte und in ausgewogenem Verhältnis Fisch und Fleisch.“
Mia sah das trotzdem nicht ein. „Immer kommen Se mir mit son neumodischen Kram!
Dat Kind tut ja noch viel wachsen. Se woll’n doch nich son dünnen Hering
kriegen! Son Baby, dat muss ordentlich wat Speck auf de Rippen ham.“ Sie nahm
Christinas Hand und tätschelte sie fürsorglich. „Se könn getz auch Ihnen Ihr
Brot mit gute Butter essen, Christina! Getz brauchen Se ja nich mehr auf Ihnen
Ihre schlanke Linie aufpassen.“ Christina gab ihr keine Antwort. Es brachte ohnehin
nichts. Sie aß das, was  sie wollte, und Mia schüttelte nur stumm den Kopf,
wenn sie weiterhin ihre Diätmargarine auf das Brot strich.
     
    Marc machte kleine Fortschritte bei der Physiotherapie. Die
Laufübungen am Reck fielen ihm nicht mehr so schwer. Jedes Mal konnte er das
andere Ende schneller erreichen. Er schaffte es bald selbständig die Füße beim
Laufen etwas anzuheben. „Bitte storniere die Aufträge mit den Handwerkern und
der Autowerkstatt“, bat Christina ihn eines Tages auf der Rückfahrt vom Krankenhaus.
„Ich glaube, die Umbauten müssen nicht mehr sein.“
    „Meinst du?“, fragte er. „Ja, natürlich denke ich das! Du
doch auch, cariño!“
     
    Er trainierte von nun an noch intensiver. Mit äußerster
Disziplin und Konsequenz unterzog er sich seinem selber auferlegten Drill.
Seine Plackerei brachte ihm Erfolge ein, die ihn immer mehr anspornten. Jeder
kleine Schritt wurde zum Triumph. Marc befand sich in einem Teufelskreis. Er
steckte sich sein Ziel und arbeitete daran es zu erreichen. Der nächste Punkt
wurde noch höher angesetzt, und er schaffte alles, was er wollte, so dass er
bald den Rollstuhl gegen ein Paar Krücken ersetzen konnte. Er fühlte sich wie
neugeboren, genoss jede eigenständige Fortbewegung. Das ist die Freiheit!,
dachte er. Er sagte den Termin mit dem Psychologen ab, stürzte sich mit Elan in
die Arbeit und nahm auch wieder mehr Termine außerhalb seines Studios an.
     
    Der große Tag war gekommen. Christinas Hosen gingen
unwiderruflich nicht mehr zu. An Christinas Bauch zeichnete sich ein kleiner
Hügel ab. Für Außenstehende war selbstverständlich noch nichts zu sehen. Marc
jedoch war hin und weg. „Wow, na endlich!“, rief er ganz fasziniert. „Da müssen
wir dich jetzt wohl neu einkleiden.“
    Christina ließ sich nicht von ihm mitreißen. Sie konnte sein
besonderes Interesse für Schwangerschaftsmode nicht teilen. Sie dachte schon
mit Schrecken daran, wie sie in einigen Wochen aussehen würde. „Ich weiß gar
nicht, was du so toll daran findest, wenn ich demnächst, wie eine wandelnde
Tonne aussehe und schwergewichtig durch die Gegend stampfe. Vielleicht willst
du mich dann gar nicht mehr anschauen.“
    Sie hatte Angst, die blanke Panik. Würde Marc sie noch
reizvoll finden? Würde er sie, genauso wie Ángel während ihrer
Schwangerschaften, nur noch als werdende Mutter betrachten? Würde er sie in der
nächsten Zeit auch noch erotisch anziehend finden? Würde dieser Mann, nach der
langen Zeit der Zwangsenthaltsamkeit die Wochen vor der Entbindung ohne Sex
durchhalten? Könnte sie selbst etwa diese Zeit ohne Sex mit Marc aushalten?
Könnte der Superstar Marc Stevens dann noch diesen jungen Frauen, diesen
bildhübschen, knackigen, blonden und blöden Ludern widerstehen? Was hätte ich,
als dickes, unbewegliches Nilpferd, diesen silikonbusigen Hühnern
entgegenzuhalten?
    Sie stand vor dem Spiegel im Geschäft für
Schwangerschaftsmode und

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