Ein Macho auf Abwegen
Nacht vergewaltigte er mich zum ersten
Mal,... so richtig.“
Manuel schaute zu ihr hinauf und funkelte böse zu ihr
hinüber. „Hinterher bedrohte er mich damit, euch mir wegzunehmen, wenn ich den
Mund aufmachte.“
„Mein Vater ein Vergewaltigter!? Das ich nicht lache! Dieses
Märchen hast du dem Gericht schon nicht verkaufen können, und ausgerechnet ich
soll sie dir nun glauben?“ Manuel raste vor Wut. Er wollte das Andenken an
seinen Vater nicht beschmutzen lassen.
Christina ließ sich dennoch nicht einschüchtern. „Ja, da
hast du Recht. Nicht ein Mensch hätte mir das geglaubt. Und weil ich das schon
im Voraus wusste, und ich mich nicht gegen deinen Vater wehren konnte, ließ ich
seine brutalen Attacken jede Nacht über mich ergehen,... jede Nacht, fünf
lange Jahre lang. Ihr Beide habt die spanische Staatsangehörigkeit. Kein
hiesiges Gericht hätte euch mir zugesprochen. So hatte ich auch keine Chance
euch mit nach Deutschland zu nehmen. Ich vertraute mich ein einziges Mal meiner
Mutter an. Sie glaubte mir auch nicht. Sie sagte: „Jetzt übertreib’ mal nicht,
Mädchen! Männer wollen eben ständig, und du musst als gute Ehefrau deine
Pflicht erfüllen. Überleg’ doch mal, was Ángel dir alles bieten kann!“ Das war
ihr einziger Kommentar dazu. Es wurde immer schlimmer. Wenn ihr an den
Wochenenden ab und an einmal bei Oma und Opa übernachten durftet, brauchte er
auf niemanden mehr Rücksicht zu nehmen. Er ließ seinen exzessiven Phantasien
freien Lauf und erniedrigte und quälte mich. Ich hatte ständig blaue Flecken,
einen immer frisch verletzten Rücken, wegen der Peitschenschläge, und einmal
brach er mir die Rippen, als er eine Lampe auf mir zerschlug.“
Manuel drehte sich auf seinem Bürostuhl weg und sah aus dem
Fenster. Er wollte das alles gar nicht hören. „Und das sollst du jahrelang
mitgemacht haben, und keiner hat es gemerkt?“ Seine Stimme war jetzt nicht mehr
so fest und geordnet. „Ja, genauso war es. Ich wollte mich nicht von meinen
Kindern trennen. Ich glaubte bis zum Schluss, ich könnte das alles aushalten. –
Am 21.März 1992 gaben wir eine Party für Freunde. Dein Vater hatte in der Woche
zuvor Geburtstag. Ihr übernachtetet bei euren Großeltern. Dein Vater trank an
diesem Abend ziemlich viel Alkohol. Ich rührte keinen Schluck an. Als alle
Gäste gegangen waren, räumte ich noch ein wenig auf. Ángel war schon zu Bett
gegangen. Ich hatte mir beim Saubermachen extra viel Zeit gelassen. Ich dachte,
vielleicht hast du Glück, und er schläft schon! Aber als ich in unser
Schlafzimmer kam, saß er auf dem Korbstuhl in der Ecke und wartete ziemlich
gereizt auf mich. Er warf mich sofort auf das Bett und riss mir die Kleider vom
Körper. Er hielt mich mit wahnsinniger Kraft fest. Es ging wieder los. Er war
wie von Sinnen. Es tat so weh! Ich konnte es nicht mehr ertragen.“
Während Christina von den letzten Minuten ihres Ehelebens
erzählte, liefen ihr die Tränen über das Gesicht. „Wir lagen in seiner Hälfte
des Bettes. Er lag auf mir. Ich versuchte mich zu wehren, und dabei schlug
meine Hand auf seinem Nachttisch auf. In dem Moment fiel mir das Messer ein,
das dein Vater dort aufbewahrte. Ich konnte die Schublade öffnen und es
unbemerkt herausholen. – Manuel, ich wollte ihn nur bedrohen! Ich wollte nur,
dass er endlich aufhört! Ich wollte ihn nicht wirklich verletzen. Niemals
wollte ich ihn töten!“
Manuel wirbelte mit dem Stuhl ruckartig zu ihr herum. „Wehren,
bedrohen, verletzen, ja? Du hast dieses Messer neun Mal in ihn hineingerammt!
Neun Mal!“
Christina ließ den Kopf hängen. „Ja, so muss es gewesen
sein. So hat es jedenfalls im Polizeibericht gestanden. Ich kann mich nicht
mehr daran erinnern. Ich weiß nur, dass dein Vater auf einmal ganz ruhig wurde.
Er regte sich nicht mehr, atmete nur noch röchelnd und alles war voller Blut.“
Manuel sprang auf und schrie seine Mutter ohrenbetäubend an:
„Hör auf! Hör endlich auf damit!“ Christina machte trotzdem weiter. „Ich rief
sofort den Notarzt. Dein Vater lebte noch, als man ihn wegtrug. Die Polizei
kam, und man nahm mich fest. Zunächst kam ich in Untersuchungshaft und musste
massenhaft unangenehme Untersuchungen und Befragungen über mich ergehen lassen.
Ein Gutachten bestätigte zweifelsfrei, dass ich einige Verletzungen hatte, auch
schon ältere, die auf außerordentlich brutalen Sex zurückzuführen waren.
Trotzdem wollte niemand meine Geschichte glauben. Ángel Moreno,
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