Ein Magier auf Höllentrip
zaubern!«
Doch Alea hatte mich fest im Griff. »Zumindest gehen wir gemeinsam unserem Schicksal entgegen«, erklärte sie am Rande der Panik. Es war ja schon rührend, daß sie sich selbst in diesem Augenblick noch um mich sorgte.
Alea seufzte, sichtlich beruhigt, nun, da sie in meinen Armen ruhte. »Und ich hatte immer gehofft, mit einem wesentlich reicheren Mann zu sterben! Tut mir leid, Wuntie!«
Ich versicherte ihr, daß alles in Ordnung sei, und schob sie mit sanftem Druck von mir. Vielleicht konnte ich den Spruch noch umkehren und den Schaden beseitigen, bevor mein Meister sich wundern würde, wo ich abgeblieben war.
»Ich bitte um Verzeihung!«
»Hier ist jemand!« Alea setzte einen Klammergriff an.
»Was hat das zu bedeuten?«
Ich wandte mich um. Norei stand in der Tür.
Ich lächelte schwach. »Es ist nicht so, wie du denkst. Mir sind die Dinge nur etwas aus der Hand geglitten.«
»Das sollte man meinen!« Norei stemmte die Hände in die Hüften. »Vielleicht wärt ihr beide lieber alleine?«
»Nein!« kreischte Alea auf, die mich immer noch in ihrem Würgegriff hielt. »Wir brauchen deine Hilfe!«
Ich versuchte in aller gebotenen Kürze die Sache mit dem Zauberhut, den einfachen Sprüchen und dem unschuldigen Blumengruß für Alea zu erklären.
Norei nickte, nachdem ich meine Ausführungen beendet hatte. »Du willst also hier aufräumen, bevor Ebenezum Wind von der Sache bekommt? Es stimmt schon, daß er das Ganze mißverstehen und über deine einfachen Versuche leicht ungehalten werden könnte. Ihm wird vermutlich jegliches Verständnis für dein unüberwindliches Bedürfnis fehlen, hier mit Hüten herumzuspielen, wo die Situation doch generell recht ernst ist.« Sie biß sich auf die Lippe. »Nun, möglicherweise kann ich dir helfen. Laß mich eine Minute nachdenken.«
Ich gab einen tiefempfundenen Seufzer der Erleichterung von mir. Ebenezum war ein wahrhaft mächtiger Magier, und wenn er ärgerlich wurde, konnte er mächtig ungemütlich werden. Doch nun bestand ja keine Gefahr mehr. Norei war zu unserer Rettung erschienen!
Und dann füllte ein gigantisches Röhren den Raum. Ich brauchte einen Augenblick, um das Geräusch richtig einzuordnen: Es war ein enormer Nieser.
Kapitel Vier
Magier müssen in allen Dingen sehr vorsichtig vorgehen. Jeder von uns kennt die Geschichte von dem Magier mit dem Goldproduktionsspruch, der seinem neuerworbenen Reichtum zum Opfer fiel. Weniger bekannt ist die Geschichte von dem Magier, der unliebsame Leute in Kröten zu verwandeln pflegte, bis er eines Tages den Spruch auf ein ganzes unfreundliches Dorf legte – und am nächsten Morgen zu Tode gehüpft aufgefunden wurde. Und dann gibt es schließlich noch die extrem unerfreuliche Geschichte von dem Magier, der sich nebenberuflich als freiherrlicher Gutsbesitzer betätigte und den Jauche-im-Überfluß-Spruch zur Perfektion führte. Ob der Letztgenannte noch unter den Lebenden weilt oder nicht, stellt eine permanente Kontroverse unter uns Magiern dar: Niemand konnte bis zu diesem Zeitpunkt die nötigen Vorrichtungen entwickeln, um zum Ort des Unfalls vorzudringen und einen Bericht abzuliefern.
- aus den LEHREN DES EBENEZUM, Band XII
»Meister!« schrie ich auf. »Zieht Euch schnellstens zurück! Hier gibt es bei weitem zu viel Magie!«
Das Niesen entfernte sich etwas.
Alea umfing mich unerbittlicher denn je. Ich bekam Schwierigkeiten mit meiner Atmung.
»Schnell jetzt!« befahl Norei. »Wie hat der Spruch begonnen?«
Ich verzichtete momentan auf meine Bemühungen, mich aus Aleas eisenhartem Griff zu befreien, und deutete, nun schon zur Hälfte von Blumen und Schals bedeckt, auf die Schautafel.
»Oh«, grübelte Norei. »Das sollte einfach genug sein. Aber damit die Umkehrung richtig wirkt, mußt du, Wuntvor, meine Worte und Gesten nachmachen.«
»Alea!« verlangte ich. »Ich muß meine Hände frei haben!«
Sie entließ mich schließlich aus ihrer Umklammerung, einen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht.
»Ich liebe einen Mann, der sich zu helfen weiß«, flüsterte sie vor sich hin.
Ich konnte Norei nur schwer in die Augen blicken. Die Temperatur ihres Blicks glich der eines winterlichen Eissturms.
Norei begann zu sprechen, ihre Stimme nicht minder kalt als ihr Blick. Trotzdem wiederholte ich gehorsam ihre Worte und Gesten.
Der Zauberhut stellte seine Produktion ein.
»Ja«, versuchte ich zögernd.
Nichts.
»Nein«, fügte ich nun schon etwas kühner hinzu, und dann:
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