Ein Magier auf Höllentrip
»Vielleicht.«
Immer noch keine Reaktion, noch nicht einmal ein zaghaftes ›eep‹. Ich stieß einen großen Seufzer der Erleichterung aus.
Noreis Stirn lag immer noch in Falten. »Ich bin froh, daß wir dein Problem lösen konnten. Ich hoffe, du hast mehr Erfolg, wenn es darum geht, Vushta zu retten.«
»Norei!« klagte ich. Ich wollte auf sie zulaufen, wollte alles irgendwie erklären, doch Alea trat mir in den Weg und beobachtete mich durch halbgeschlossene Lider.
»Oh.« Norei wandte sich noch einmal zu mir um, als sie schon in der Tür stand. »Noch eins. Der Spruch von diesem Schaubild ist wirklich zu einfach. Sei auf der Hut, nicht die Worte und Gesten zu vollführen, die du zuvor angewendet hast, oder der Hut wird bis in alle Ewigkeit hinein weiterproduzieren.«
Bis in alle Ewigkeit? Ich hatte eine flüchtige Vision von einem friedlichen Nachmittag mit Norei, der plötzlich in einer Flut von Schals, Blumen und Frettchen unterging.
Norei hatte uns zurückgelassen. Ich griff mir den Hut und zerfetzte ihn in Tausende kleine Stücke.
»Wuntvor!« ertönte die Stimme meines Meisters aus einem nahegelegenen Raum. Rasch verbarg ich die Reste dessen, was einst ein magischer Hut gewesen war, unter meinem Hemd. Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit würde ich sie in den örtlichen Abwasserbrunnen hinunterspülen.
»Eep eep! Eep eep! Eep eep!«
Drei rötlichbraune Köpfe guckten aus dem Blumen- und Schalmeer zu meinen Füßen hervor.
Alea kreischte auf und wich zurück. Die drei Köpfchen kuschelten sich an meine Beine.
»Wuntie?« sagte Alea erstaunt. »Ich wußte nicht, daß Frettchen so anhänglich sein können.«
»Eep eep!« machte das eine Tier.
»Eep!« machte das zweite.
»Sie sind wirklich ausgesprochen niedlich. Es sieht fast so aus, als wärest du ihre Mutter!« kicherte Alea. »Und ich wette, in gewisser Weise bist du es sogar!«
Das dritte Frettchen sah mich mit seinen seelenvollen braunen Augen an. »Eep, eep!« piepste es glücklich.
Ich mußte unbedingt verschwinden. Mein Meister brauchte mich. Selbst jetzt fand ich Frettchen nicht besonders niedlich.
»Weißt du«, erklärte Alea nachdenklich. »Vielleicht sollte ich doch wieder von der Idee, einen reichen Mann zu heiraten, Abstand nehmen. Es ist so wichtig für eine gute Ehe, daß der Mann kinderlieb ist!« Sie streichelte gedankenverloren meine Schulter.
Ich bedachte sie mit einem abschließenden Lächeln, während ich ihre Hand abstreifte.
»Paß für mich auf die Frettchen auf, ja?« rief ich zurück, während ich mich auch schon aus dem Berg von Blumen und Schals befreit hatte und zur Tür hastete, wobei ich ein schrilles »Wuntie?« und einen Chor von Eeps geflissentlich ignorierte.
»Wuntvor!« verlangte mein Meister erneut. Es klang noch aufgebrachter als zuvor.
»Ja, Meister?« erwiderte ich. Wenn ich schon Ebenezums Zorn ertragen mußte, konnte ich es genausogut auf der Stelle hinter mich bringen. Ich rannte durch die Bibliothek in die Große Halle zurück, wo mein Meister mich mit einem Dutzend Begleiter erwartete.
»Nett von dir, daß du dich freimachen konntest«, begrüßte mich mein Meister. Kühl lächelte er in meine Richtung. Ich versuchte, zurückzulächeln. Augenscheinlich hielt Ebenezum es nicht für angebracht, seiner Wut vor so vielen Fremden freien Lauf zu lassen. Aber auf gewisse Weise erwies sich das Lächeln, das er für mich bereithielt, als bedeutend schlimmer.
»Das ist mein Lehrling«, erklärte Ebenezum den anderen. »Nun, da er hier ist, sollten wir uns meiner Ansicht nach erst einmal alle bekannt machen. Mein Name lautet Ebenezum; ich bin ein Magier von einigem Ansehen aus den Westlichen Königreichen, hier in Vushta auf Grund einer persönlichen Quest. Einige von euch kenne ich bereits.«
Er nickte Alea zu, die nun auch die Halle betrat. Mein Meister stellte rasch Snarks, Hendrek, Alea und Norei vor, wobei er auf Hubert als ›der Drache draußen im Hof‹ anspielte.
»Zwei weitere Herrschaften sind uns allen, möchte ich meinen, hinlänglich bekannt: Snorphosio, der Inhaber eines Lehrstuhles an der hiesigen Akademie; und Klothus…«
Mein Meister zögerte kurz. »In der Tat. In meiner Eile verabsäumte ich es doch tatsächlich, Klothus nach seiner genauen Funktion hier zu befragen.« Er nickte dem Mann in Grau aufmunternd zu. »Wenn Ihr selbst so freundlich wärt?«
Klothus nahm einen tiefen Atemzug und warf sein Haupt nach oben, als wolle er von der Spitze seiner Nase herab auf meinen
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