Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
sich und stellte ihre Tasche auf einem Stuhl ab. Dann beschloss sie, dass es wohl eine gute Idee wäre, diesem Beispiel zu folgen, denn auch ihre Beine waren noch immer nicht unbedingt verlässlich. Juliet stieß lautstark den Atem aus und ließ sich in den Sessel sinken. Sie würde eben abwarten müssen, bis sie sich wieder auf ihre Beine verlassen konnte.
Ja, er sah umwerfend aus. Und er war reich und talentiert. Und wirklich sexy. Das hatte sie doch schon vorher gewusst, oder nicht? Das Problem war nur, sie war sich keineswegs sicher, wie sie damit umgehen sollte. Und sie fühlte sich der Situation lange nicht so gewachsen, wie sie es eigentlich müsste.
2. KAPITEL
J uliet gehörte zu den Frauen, die bei einem engen Terminkalender, unerlässlichen Details und kleinen Krisen erst so richtig aufblühten. Das waren Dinge, die den Geist hellwach, aufmerksam und konzentriert bei der Sache hielten. Mit einem gemütlichen und einfachen Job hätte sie nur halb so viel Spaß an der Arbeit.
Allerdings gehörte sie auch zu den Frauen, die stundenlang in der Badewanne zwischen hohen Schaumbergen liegen konnten. Und sie liebte große bequeme Betten. Sie brauchte diese Auszeiten, um wieder aufzutanken und neue Kraft zu schöpfen. Juliet konnte diesen kleinen Luxus unbeschwert und in vollen Zügen genießen, wenn sie die Anforderungen im Job zu ihrer Zufriedenheit gemeistert hatte.
Während Carlo sich auf welche Weise auch immer selbst beschäftigte, verbrachte Juliet die nächsten anderthalb Stunden am Telefon, dann arbeitete und feilte sie noch eine weitere Stunde am morgigen Tagesplan. Kurzfristig war noch eine Anfrage für ein Zeitungsinterview eingegangen, das irgendwo eingeschoben werden musste. Ein großes Magazin entsandte einen Reporter mitsamt Fotografen zu der Büchersignierung. Sie musste die Namen vermerken und in Erinnerung behalten. So wie die Dinge sich entwickelten, konnten sie von Glück sagen, wenn sie morgen überhaupt eine oder zwei Stunden Pause hatten. Nichts hätte Juliet zufriedener machen können.
Mit dem Gefühl, sich das heiße Bad redlich verdient zu haben, klappte sie ihr dickes ledergebundenes Notizbuch schließlich zu. Das Bett würde leider noch warten müssen. Spätestens um zehn, hatte sie sich versprochen, läge sie im Bett, warm unter der Bettdecke zusammengerollt und auf dem Weg ins Land der Träume.
Genau fünfundvierzig Minuten wollte sie sich selbst gönnen. In der Wanne dachte sie grundsätzlich nicht an die Arbeit. Sie schaltete völlig ab, entspannte und genoss einfach.
Entspannen. Um das wirklich komplett zu erreichen, brauchte sie zehn Minuten. Sie malte sich aus, die schlichte weiße Wanne sei ein luxuriöser großer Whirlpool. Am besten aus schwarzem Marmor und auf jeden Fall groß genug für zwei. Es gehörte zu ihren geheimen Wünschen, eines Tages ein solches Sprudelbad ihr Eigen nennen zu können. Für sie war es so etwas wie das ultimative Statussymbol des Erfolgs. Hätte irgendjemand sie deshalb eine Romantikerin genannt, hätte sie empört widersprochen und darauf bestanden, dass es eine rein praktische Überlegung war. Wenn man hart arbeitete, brauchte man auch einen Ort, an dem man entspannen konnte. Für sie war dieser Ort eine überdimensionale Badewanne.
Ihr Morgenmantel hing am Haken an der Tür – aus jadegrüner Seide und verführerisch kurz. Ihrer Ansicht nach war das kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Wenn ihr schon nur knappe Erholungspausen zur Verfügung standen, wollte sie diese so angenehm wie möglich verbringen und sich mit schönen Dingen umgeben. Sie betrachtete diesen Morgenmantel als ebenso unerlässlich wie die Fläschchen mit Vitamintabletten, die auf der Waschkommode aufgereiht standen. Wenn sie unterwegs war, nahm sie immer zusätzliche Vitamine, um fit zu bleiben.
Nachdem sie also nun entspannt mit geschlossenen Augen in der Wanne lag und ihr Traumbild geschaffen hatte, konnte sie das duftende warme Wasser auf ihrer Haut genießen. Hier und da platzten Schaumbläschen, Dampf stieg in die Luft und füllte den Raum mit wohlriechendem Aroma.
Sie solle auf gar keinen Fall ihren Duft wechseln, hatte er zu ihr gesagt.
Juliet runzelte böse die Stirn, als sich ihre Nackenmuskeln unwillkürlich verkrampften. Oh nein. Sie nahm eines der eingepackten Seifenstückchen, die in jedem Hotel bereitlagen, wickelte es aus und ließ es mehrmals über die Arme gleiten. Sie allein entschied, welchen Duft sie benutzte. Carlo Franconi würde sie nicht
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