Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
eines Chirurgen, seine Worte waren glatt und geschliffen wie die eines Politikers. Sie sah ihm zu, wie er abmaß, rieb, schnitt und rührte und fand sich so gut unterhalten, als säße sie in der Vorführung eines brillant produzierten Theaterstücks.
Eine der Frauen aus dem Publikum war couragiert genug, um eine Frage zu stellen, und nahm damit auch anderen die Hemmungen. Juliet hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen, dass der Lärm und die Gespräche Carlo stören könnten. Durch das Gespräch mit seinen Gästen blühte er ganz offensichtlich auf. Er machte nicht nur einfach seinen Job oder erfüllte seine Pflicht, so wurde ihr klar. Nein, die Sache machte ihm Spaß.
Er bat eine Freiwillige zu sich und scherzte, dass alle großen Chefköche sowohl Inspiration als auch eine helfende Hand brauchten. Dann wies er sie an, die Spaghetti zu rühren, und machte großes Aufheben um die richtige Art, wie man die langen Nudeln im kochenden Wasser bewegte, indem er seine Hand auf ihre legte und es ihr zeigte. Allein mit diesem einen Moment hatte er den Verkauf von mindestens zehn weiteren seiner Bücher direkt hier in diesem Kaufhaus sichergestellt.
Juliet musste schmunzeln. Er tat es für den Spaß, nicht für die Verkaufszahlen. Er selbst war kurzweilig, auch wenn er sein Basilikum viel zu ernst nahm. Carlo war ... hinreißend. Unbewusst begann Juliet, an der goldenen Brosche an ihrem Jackenaufschlag zu fingern. Er war besonders aufmerksam und unglaublich anspruchsvoll. Er war schlicht außergewöhnlich.
Während sie ihm zusah, wie er mit seinem Publikum lachte und scherzte, begann sich etwas in ihrem Innern zu rühren. Der verträumte Seufzer kam ganz von allein. Es gab Männer, die eine Frau, selbst eine praktische Frau, zum Träumen brachten.
Eine der Zuschauerinnen neben ihr beugte sich zu ihrer Begleiterin hinüber. „Großer Gott, der Mann ist so sexy, mehr als alle Männer, die ich je gesehen habe. Auf ihn würden bestimmt Dutzende von Frauen geduldig warten.“
Juliet riss sich zusammen und ließ die Hand sinken. Und ob ein Dutzend Frauen geduldig auf ihn warten würde! Sie war ganz sicher, dass ihm das mühelos gelingen würde. Viel zu heftig schob sie die Hände in die Rocktaschen. Sie sollte sich besser vor Augen halten, dass sie dieses Image in der Öffentlichkeit förderte und es sich für die Verkaufszahlen zunutze machte. Und sie durfte ebenso wenig vergessen, dass Carlo selbst zu ihr gesagt hatte, er habe einen solchen Ruf nicht nötig.
Wenn sie auch nur die Hälfte von dem, was er zu ihr gesagt hatte, für bare Münze nahm, würde sie bald selbst geduldig auf ihn warten. Der Gedanke reichte aus, um das verträumte Beben in ihrem Innern abzustellen. Warten passte nun mal nicht in ihre Planung.
Erst als der letzte Bissen Pasta gegessen und auch mit dem letzten Fan ein Plausch gehalten worden war, erlaubte Carlo es sich, an Erholung zu denken und sich mit einem Glas gekühlten Wein hinzusetzen.
Juliet hatte bereits seine Jacke geholt.
„Gut gemacht, Carlo.“ Während sie sprach, reichte sie ihm das Jackett. „Sie können Kalifornien in dem befriedigenden Bewusstsein hinter sich lassen, hier als voller Erfolg eingeschlagen zu haben.“
Er half ihr in ihren Regenmantel, obwohl sie den Mantel eigentlich allein hatte überstreifen wollen. „Und jetzt zum Flughafen, nicht wahr?“
Sie lächelte über seinen unternehmungslustigen Ton. „Auf dem Weg holen wir noch unsere Koffer aus dem Hotel ab. Sehen Sie die positive Seite – Sie können sich zurücklehnen und den ganzen Weg bis nach Portland schlafen, wenn Sie wollen.“
Weil der Gedanke einen gewissen Reiz auf ihn ausübte, kooperierte er kommentarlos. Sie ließen sich von den Rolltreppen ins Erdgeschoss hinunterbringen und nahmen den Westausgang, wohin Juliet das Taxi bestellt hatte. Als der Wagen tatsächlich auch dort wartete, stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus.
„Wann kommen wir in Portland an?“
„Um sieben.“ Der Regen prasselte gegen die Windschutzscheibe des Wagens. Juliet befahl sich zu entspannen. Flugzeuge stiegen ständig bei Regen in die Luft, ohne Probleme. „Sie treten in ,People of Interest’ auf, aber erst um halb zehn. Das heißt, wir können zu einer zivilisierten Zeit frühstücken und beim Frühstück noch einmal in aller Ruhe den Tagesplan durchsprechen.“
Schnell und effizient ging sie die einzelnen Punkte für San Diego durch, hakte sie ab und schrieb das Erreichte hinzu. Ihr blieb sogar noch
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