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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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beisammen und tranken das Bier, das gerade Mode war, den «Märkischen Landmann», einen dicken braunen Saft. Die meisten kamen aus Potsdam und Berlin, einige auch aus Wolkenstein im Erzgebirge. Die Sachsen erzählten gerade von der einst stillgelegten Schmalspurbahn im Preßnitztal, die sie teilweise wieder in Betrieb genommen hatten. Ein Sitcom-Schreiber berichtete, wie er seine Gags immer erst in der Praxis ausprobierte und gerade am Grabe eines vor einem Jahr verstorbenen Bekannten, dessen Frau eine «selten dämliche Planschkuh» sei, das vom Nachbargrab geklaute Schild angebracht hatte: Liegezeit abgelaufen – Bitte bei der Friedhofsverwaltung melden. Ein Schwabe aus Bad Urach sang die Moritat von der Anna Schäufele aus Kaltental.
    Die «Tagesschau» war schon vorbei, als sich die letzten wieder in Bewegung setzten.
    «Komm noch mit zu uns.»
    Tscharntke winkte ab. «Nein, danke, du...»
    Diese Ablehnung verwunderte keinen, denn man nahm es als ganz natürlich hin, daß es nach der Trennung von seiner Frau und dem Verlust der beiden Kinder Momente gab, wo ein Mann wie er mit sich ins reine kommen mußte. Trotzdem.
    «Willste denn wieder alleine rumsitzen hier?»
    «Ich hab noch soviel hier zu tun auf’m Hof.»
    Das stimmte, denn das Anwesen war ziemlich zerfallen gewesen, als er es übernommen hatte, und sie hörten ihn manchmal nächtelang bohren, Beton mischen und mauern.
    Auch schöpfte niemand Verdacht, daß er sich immer einschloß und eine Alarmanlage besaß, die er manchmal schon am späten Nachmittag scharfgeschlossen hatte, denn man war nahe an der Autobahn, und Banden von jenseits der Oder machten von Jahr zu Jahr Brandenburg unsicherer.
    Vera Lewandowskis Mann hatte vorgehabt, aus dem Hof ein kleines Bauernmuseum zu machen und dann die Städter für fünfzig Pfennig darin herumzuführen. Die Renten in der DDR waren nicht derart üppig gewesen, daß man keine Lust bekam, einen kleinen Nebenverdienst ins Auge zu fassen. Seine Krebserkrankung war dazwischengekommen, aber immerhin hatte er seinem Pächter neben dem Backofen einiges hinterlassen, was ebenso funktionsfähig war wie dieser, einen tiefen Brunnen beispielsweise und den Mühlstein vor dem alten Getreidespeicher.
    Den nun drehte Tscharntke Stunde um Stunde, um die Knochen von Dr. Schrotzer zu zermahlen. Dabei hatte er einen Walkman im Ohr und hörte Wagner. Mit dem Zwerg Mime summte er mit: «Unheil wohnte immer bei mir...»
    Als er fertig war, mischte er die Asche aus dem Ofen und die zerriebenen Knochen unter seine tiefschwarze Blumenerde und karrte alles zum Kräutergarten hinaus. Diesmal wollte er sehen, ob er zum Rosenzüchter taugte. Vielleicht gelang ihm eine neue Form und Farbe. Dann wollte er sie Katja nennen.
    Er war todmüde, als er das Licht ausmachte. Sekunden später war er eingeschlafen.

11
    Mannhardt verstand die Welt nicht mehr. Seit Jahren war das Verhältnis seiner Vorgesetzten, der Kriminaloberrätin Karin Aurak, zu ihm nur mit einem Wort zu umreißen gewesen, dem Wort Mobbing, heute aber war die Dame ausgesprochen freundlich, scheißfreundlich schon.
    «Mein lieber Herr Mannhardt, was Sie sich da ausgedacht haben, ist sicherlich die optimale Möglichkeit, uns im Fall Wuttkowski voranzubringen.»
    Mannhardt sah sie an, denn jetzt hätte eigentlich das große Aber kommen müssen, verdienten sich doch die meisten Vorgesetzten ihr Geld als Bedenkenträger. Und in bestem vorwegnehmenden Gehorsam fragte er schon selber: «Aber...?»
    «Kein Aber. Wir machen es so.»
    Er war über ihre Entscheidung derart verblüfft, daß er nun selber alle seine Bedenken aufzuzählen begann. «Ich hab den P-Schein nicht...»
    «Das ist kein Problem, ich habe schon mit der Innung und den in Frage kommenden Ämtern geredet. Sie kennen sich ja bestens aus in Berlin, einen Führerschein haben Sie auch, das polizeiliche Führungszeugnis ist kein Problem, und daß Sie keine ansteckenden Krankheiten haben, können Sie sich schnell mal vom Amtsarzt bestätigen lassen... Also... Für kurze Zeit geht das schon mal. Wo in Berlin alles von Verwaltungsreform redet, sind schon mal welche flexibel.»
    «Und mit dem Geld, das ich da einnehme...? Da muß man doch extra das Haushaltsgesetz für ändern, damit das irgendwo verbucht werden kann...»
    «Kein Problem: Sie liefern das bei der Firma ab, von der wir die Taxe geliehen bekommen.»
    «Aber versicherungstechnisch: Wenn ich mit einem Fahrgast im Wagen einen Unfall habe und der sich verletzt,

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