Ein Mann fürs Grobe
Kanaren, nach Thailand, in die Karibik und überallhin, wozu sie Lust hatte, die latin lover wie Nikos oder Fabio, das Essen beim Italiener, Griechen, Mexikaner oder Inder. Und im Beruf: Mit Mannhardt kam sie glänzend aus, der ließ sie machen, dem fehlte jede Begabung, streng zu sein, der war ein liebenswerter Chaot, der geriet ein jedes Mal in Ekstase, wenn er sie im Rock mit ihren braungebrannten Beinen sah, und sie konnte ihn so richtig um den Finger wickeln. Sie war zu intelligent, um nicht zu wissen, wie kitschig und blödsinnig das war, aber ab und an summte sie einen alten Schlager, den Roy Black mit irgendeinem kleinen Mädchen mal gesungen hatte: «Es ist schön, auf der Welt zu sein, sprach die Biene zu dem Stachelschwein.» Sie besaß die seltene Gabe, alles auf die Reihe zu bringen: dies zu singen und trotzdem PDS zu wählen, einer ermordeten und von einem Mann übel zugerichteten Frau den Körper nach Kratzern abzusuchen und sich dabei vorzustellen, wie Fabio sie von hinten vögelte, Geld für die Rettung der Regenwälder zu spenden und sich dennoch, weil sie seit ihrer Kindheit davon geträumt hatte, einen Schrank aus tropischen Edelhölzern zu kaufen. Das ist nun mal so. Damit muß man leben. Ihre ganze Lebens- und Überlebensphilosophie ließ sich mit diesen beiden Sätzen erlassen.
Es war 0 Uhr 23, als sie in Waidmannslust am Zabel-Krüger-Damm ihr zwölftes Interview begann, diesmal mit einer Fahrerin, die mit einem selbständigen Taxiunternehmer verheiratet war und gerne half, das Familieneinkommen zu mehren. «Wir schuppern jetzt wie die Irren, damit wir uns in zehn Jahren in Spanien ’ne alte Finca kaufen können.»
Yaiza Teetzmann fand, das sei ein schöner Lebensentwurf. «Aber schnell mal zu meinen Fragen... Sind Sie im letzten Jahr von einem Fahrgast angegriffen oder überfallen worden?»
«Ja.»
«Wo haben Sie den Fahrgast aufgenommen?»
«In Tegel, Berliner, Ecke Schaperstraße.»
«Ist er bei einer Leerfahrt zugestiegen, oder hat er von einer Wohnung oder einer Gaststätte aus angerufen?»
«Bei einer Leerfahrt zugestiegen.»
Yaiza machte ihre Kreuzchen. «Hatten Sie schon so ein komisches Gefühl, als er zugestiegen ist?»
«Ja.» Die junge Frau überlegte nicht lange.
«Was hat Sie an diesem Fahrgast mißtrauisch gemacht, wodurch ist bei Ihnen das Gefühl entstanden, daß er gefährlich werden könnte?»
«Er sah heruntergekommen aus und hat überhaupt nichts gesagt.»
Yaiza Teetzmann nickte und fragte nach Alter, Körperform und Kleidung des Mannes, notierte «etwa 25», «leptosom», «Jeans, weißes T-Shirt und Baseballmütze» und fuhr dann fort mit ihrer Frage 9: «Wo nahm der Mann im Wagen Platz?»
«Hinten rechts.»
Da hatte Wuttkowskis Mörder auch gesessen. «Wo sollte die Fahrt hinführen?»
«Nach Lübars.»
Yaizas Spannungspegel stieg weiter an. «Wann wurden Sie angegriffen?»
«Am Ende der Fahrt, am Schildower Weg, schon fast auf den Wiesen draußen.»
«Kannten Sie die Umgebung da?»
«Nein.»
«Und der Fahrgast? Machte er den Eindruck, daß er sich an diesem Ort gut auskennen würde?»
«Ja, hinterher ist er da direkt in die Siedlung gelaufen.»
Yaiza Teetzmann kam zum vorletzten Punkt. «Und wie spielte sich der Angriff ab?»
«Er hat mich mit einer Pistole bedroht und gesagt, daß ich ihm alles Geld geben sollte. Dabei hat er gedroht, daß er mich erschießt, wenn ich Alarm auslösen würde.»
«Und was haben Sie gemacht: ihm das Geld ausgehändigt, ohne auf den Alarmknopf zu drücken?»
«Ja. Dann hat er mich gezwungen, auszusteigen und mich vom Wagen zu entfernen. Als ich etwa dreißig Meter weg war, ist er losgelaufen.»
«Haben Sie das bei der Polizei angezeigt?»
«Ja. Man hat ihn aber nie geschnappt. Das ist nun schon im März gewesen.»
Yaiza Teetzmann zog das Foto von Daniel Mindermann heraus. «Ist es der hier gewesen?»
«Nein. Aber warten Sie mal: eine gewisse Ähnlichkeit mit dem hat er schon gehabt...»
Yaiza Teetzmann war gar nicht einmal so unzufrieden. Mit dieser Information und den Angaben auf ihren anderen Fragebögen konnten sie möglicherweise den Computer schon dahinbringen, den einen oder anderen Namen auszudrucken. Neben ihr bremste eine Taxe.
«Bei mir haben Sie alles umsonst, meine Dame!»
Es war Mannhardt.
«Na, haste deinen ersten großen Einsatz überlebt?»
«Ja.» Mannhardt lachte. «Obwohl ich in Konradshöhe einen harmlosen Pfarrersohn für Wuttkowskis und meinen Mörder gehalten habe. Also: Außer
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