Ein Mann von Welt

die wir kennen, also schwer zu beurteilen. Natürlich hatte er mich gar nicht wirklich gefragt, es war nämlich aus einem Film, es war der letzte Satz in seinem Lieblingsfilm. Dann fragte er mich, was meine Vision einer idealen Welt wäre. Sobald ich sicher war, dass das nicht wieder ein Filmzitat war, antwortete ich, ich hatte nie richtig darüber nachgedacht, aber als ich den Mund aufmachte, kamen die Worte einfach raus. In meiner idealen Welt kennt jeder jeden, Fährräder und Ferngläser bekommen den Respekt, den sie verdienen, so etwas wie Geld gibt es nicht, Denker haben Zeit zum Denken, jeder hat so viel Glück wie ich, und Leute werden da begraben, wo sie wollen. Ich konnte sehen, dass Francis mir nicht richtig zuhörte, er wartete nur darauf, dass ich aufhörte zu reden, er hatte die Frage nur als Auftakt für seine eigene Antwort gestellt, über die er lange nachgedacht hatte, wie er sagte. In seiner idealen Welt kannte jeder die Filme, die er kannte, und man verständigte sich nur mit Filmzitaten. Jedes Zitat hatte seine eigenen Implikationen und Nuancen in Sachen Bedeutung und Stimmung, alles wurde perfekt von einer Person zur anderen transportiert. In seiner idealen Welt, sagte er, müsste er kaum sprechen, er müsste nur zitieren. Er zog an seiner Zigarette und sagte, ich wäre in Ordnung, aber mit mir zu reden wäre das Gegenteil von alledem. Er schnippte den Stummel Richtung Müll, ich würde ihn später aufheben, er zeigte auf die Drive-in-Schlange, die jetzt aus sechs Autos bestand.

    Die Leute denken fälschlicherweise an eine Leiter, wenn sie davon sprechen, befördert zu werden, es würde aber eher
einleuchten, wenn man an Fugendichter denken würde, denn Beförderungen sind nicht das Ergebnis von harter Arbeit oder ehrlicher Anstrengung, sondern sie passieren, weil ein Riss entstanden ist, der abgedichtet werden muss. Wenn Francis seinen Job nicht hingeschmissen hätte, wäre ich nie der Frittenmann geworden, egal, wie hart ich gearbeitet hätte. Und gerade wenn ich hart genug gearbeitet hätte, um mich unersetzbar zu machen, wäre ich dann sicher nie befördert worden. Nichts von alledem war mir bewusst, ich wusste noch nichts davon, als ich nach meiner nächsten Schicht vom Fastfood-Restaurant nach Hause kam und kein Springer mehr war, sondern Frittenmann. Ich erzählte die erfreuliche Nachricht gleich Tante Liz, ich erzählte ihr, dass ich befördert worden war. Sie war platt, ihre Worte, dass ich so schnell solche Fortschritte gemacht hatte. Tante Liz deckte den Esstisch im Esszimmer, sie zündete die Kerzen an, das hatte ich nicht erwartet. Ich dachte, das wäre nur für Gäste reserviert oder wenn ich mal meine eigene Wohnung hätte, aber Tante Liz sagte, sie war so stolz auf mich, dass sie bereit war, eine Ausnahme zu machen. Sie deckte wirklich den Tisch und zündete die Kerzen an und stellte den Auflauf, den sie gerade aufwärmen wollte, wieder in den Kühlschrank. Sie öffnete die Tiefkühltruhe und holte ein paar gefrorene Packungen heraus, die ich noch nie gesehen hatte, etwas, so sagte sie, das sie für eine besondere Gelegenheit aufgehoben hatte, Surf and Turf, ihre Worte, das war Hummer und Steak. Dein Großvater war nie sehr gut darin, etwas zu feiern, Juan-George. Da kam immer irgendwie was anderes hinterher, selbst wenn was Gutes passierte, da wartete im
mer was anderes gleich um die Ecke, entweder etwas, das dir wieder wegnahm, was du gerade erreicht hattest, oder etwas, das die Sache auf eine Weise übertraf, dass das frühere Feiern übereilt erschien, die Philosophie deines Großvaters. Tante Liz legte Wert aufs Feiern, das hatte sie sich selbst beigebracht, ihre Worte, sie hatte vor Jahren beschlossen, wenn etwas Gutes passierte, würde sie innehalten und das, verflixt und zugenäht, ihre Worte, feiern. Sie erzählte davon, während sie das Abendessen vorbereitete, die Steaks lagen auf dem Grillblech im Ofen und der Hummer war in einem Topf, sie hatte eine Flasche Sekt aufgemacht, ich trank Eiswasser. Sie hob ihr Glas auf meinen Erfolg. Ich freute mich, dass sie sich freute. Wir aßen unser Surf and Turf im Esszimmer, vor brennenden Kerzen, auf einem schicken Tischtuch. Sie sah in diesem Licht weicher aus, ihr rötlich-braunes Haar und rötlich-brauner Lippenstift schienen einen nicht anzuschreien, dass sie zusammenpassten, ihre Frisur sah nicht ganz so pragmatisch aus, und ihre Leopardenmusterhose war unter dem Tisch versteckt. Tante Liz sagte, wenn wir jeden Abend so