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Ein Mann von Welt

Ein Mann von Welt

Titel: Ein Mann von Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Wilson
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kannst du natürlich mehr herausfinden –, sondern weil Scotts Worte in meinem Kopf auf besondere Weise widerhallten. Er sprach davon, dass Gottes Gnade stark genug war, all unsere Sünden zu vergeben, und dann sagte er, es war wichtig, ein guter Mensch zu sein, aber das war nicht genug, gute Taten allein waren nicht genug, um Eingang in das himmlische Königreich zu erlangen. Alle guten Taten der Welt würden einen nicht davor schützen, mit Vergewaltigern und Mördern in der Hölle zu schmoren, wenn man nicht Jesus als seinen Herrn und Erlöser annahm, Scotts Worte. Das schien mir nicht richtig zu sein. An der Himmelspforte würde Petrus, keine Ahnung, warum Gott die Leute nicht selbst reinlassen konnte, er würde jedenfalls an der Himmelspforte keinen Taschenrechner rausholen und deine guten Taten zusam
menrechnen. Als Scott das sagte, als er den Taschenrechner erwähnte, wurde mir klar, dass ich das schon mal gehört hatte. Ich hatte viel von dem, was Scott da sagte, schon mal gehört, aus dem Mund von Jay-Bee. Das war eine Offenbarung. Scott hätte den ganzen Tag von Gnade reden können, das hätte nicht die Wirkung gehabt wie das Wort Taschenrechner. Denn für Gnade gab es in meinem Kopf nichts zum Anknüpfen, während der Taschenrechner schon da drin war. Mir wurde klar, dass Jay-Bee ein Nachsager war. Er sammelte Sachen, die Scott sagte, und verbreitete Teile davon an Leute weiter, die Scott nicht kannte. Als Jay-Bee davon sprach, er wäre ein Werkzeug, sagte er, er wäre ein Werkzeug für Gott, aber eigentlich war er ein Werkzeug für Scott Valdez.

    Ich habe vorhin schon davon gesprochen, wie der Kopf sich mit den Worten von anderen Menschen füllt und wie wir im Schlaf diese Worte umwandeln und sie zu unseren eigenen machen. Bei einer Person ergibt sich die Größe ihres Denkens daraus, wie diese Worte umgewandelt werden, die Größe ihres Denkens hängt davon ab, was sie mit den Worten anderer Leute macht, sie müssen tief in sie eindringen, sie müssen durch ihre gesammelten Erfahrungen und Meinungen gefiltert werden, und dann müssen sie umgewandelt zurückkehren.

    Diese Philosophie hatte ich noch nicht fertig, als ich bei der Leuchtturmgemeinde war, das kam später. Ich wusste nur, dass Jay-Bee die Sätze von Scott Valdez wiederholt hatte, oh
ne sie irgendwie zu verwandeln. Was rauskam, war das, was reingegangen war. Was bedeutete, dass diese Phrasen nicht einmal in die Nähe von Jay-Bees Herzen gelangt waren, sie waren nur zwischen ein paar Spiegeln in Jay-Bees Innerem hin und her gesprungen.

    Als Scott Valdez mit seiner Predigt fertig war, stellte mich Jay-Bee ihm vor, er präsentierte mich wie einen Fisch, den er gefangen hatte. Scott streckte seinen kurzen Arm aus und hieß mich herzlich willkommen, aber in seinen Augen sah ich nicht die Freundlichkeit, die ich in Jay-Bees Augen gesehen hatte, in Scotts Augen sah ich etwas anderes, er war ein Denkerkollege.
    FRITTENMANN
    Am nächsten Tag bei der Arbeit saßen Francis und ich an einem Tisch hinter dem Fastfood-Restaurant und beobachteten den Drive-in. Über den Drive-in sagte Roger ständig, man muss immer drei Autos da stehen haben. Bei nur einem Auto sollte man lahmarschig arbeiten, damit sich eine Schlange bildete, bei vier Autos sollte man gefälligst zusehen, schneller zu machen. Das war verdammt noch mal das einzig Wertvolle, was er bei seinem Job in einem Nachtclub gelernt hatte. Francis rauchte, er rauchte immer in der Pause. Er rauchte und blinzelte hinter seiner großen Brille. Im Drive-in stand ein Auto. Francis zog an seiner Zigarette und sagte mir, dass für ihn hier jetzt Schluss war. Er würde am nächsten Tag nicht wiederkommen, mit dem Fastfood-Restaurant war er durch. Er hatte es Roger noch nicht gesagt, er würde es ihm auch nicht sagen, er wollte ihm eins reinwürgen. Ich musste ihm versprechen, Roger nichts zu sagen. Mir erzählte er es, weil er sagen wollte, dass er gern mit mir gearbeitet hatte und dass ich ihm auf meine Art geholfen hätte, auf dem richtigen Weg zu bleiben, dem Weg zur Kunstakademie nämlich. Ich verstand nicht, wie ich ihm geholfen hatte. Aber ich wollte das gar nicht hinterfragen, und so dankte ich ihm einfach. Ich verstand mindestens die Hälfte der Dinge, die aus seinem Mund kamen, sowieso nicht, er zitierte ständig Filme, die ich nicht gesehen hatte. Zum Beispiel sagte er mir, seine Worte, es ist eine fremde, seltsame Welt, was? Und ich sagte ja, schon irgendwie seltsam, aber dass es die
einzige ist,

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