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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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es einem wieder Vertrauen zu diesem Dumala und wer alles dahinterstand!
    »Jetzt fährst du rechts, mein Sohn!« sagte Dumala und setzte sich neben ihn. »Kram die Papiere weg. In einer kleinen Stunde hast du es geschafft.«
    »Zu Befehl!« sagte der Fahrer, kramte die Papiere weg und fuhr rechts.
    Wenn der angeben konnte, so konnte er auch angeben. Nur nichts sich merken lassen, wenn der sich nichts merken ließ. Natürlich war es möglich gewesen, neben dem langsam anfahrenden Lastzug im Schatten des Anhängers ein Stücknebenherzulaufen und sich dann auf den Sitz dieses Anhängers zu schwingen. Daß er nicht eher daran gedacht hatte! Er grinste, aber nur nach innen, wenn er sich den Dumala dachte, wie er stämmig und schwer neben dem Anhänger hergelaufen war – was er wohl mit seinem steifen Hut angefangen hatte?
    »Rechts!« befahl Dumala. »Achtung, Feldweg!«
    Jawohl, jetzt kamen Feldwege, jetzt kamen auch Waldwege, jetzt war an irgendein nennenswertes Tempo nicht mehr zu denken. Der Boden war weich von dem Oktoberregen, schwerfällig schob sich der Lastzug ins Unbekannte. Zwischen den Bäumen hing Nebel, die Luft wurde immer feuchter. Die Räder rutschten, einmal schrammten sie knackend am Stamm einer Kiefer entlang. »Halt!« sagte dann Dumala, und sie hielten. »Warten!« sagte Dumala und kletterte aus dem Führersitz. Einen Augenblick sah ihn Siebrecht noch im Licht der Scheinwerfer einen Weg entlanggehen, den steifen Hut im Nacken, der Mantel hing schwer herab. Dann hatte ihn das Dunkel verschluckt.
    Nun puckerte nur noch der Motor in der Stille, es war, als sei er das eigene Herz. Der langsame, beharrliche Lärm vergrößerte noch die Stille. Da waren Fichtenzweige, die ganz voller Tropfen hingen, zwischen ihnen das Netz einer Spinne. Auf dem Weg vor ihm Geleise, Spuren von Hufen, fremdes Leben, in das er hineingeraten war, er wußte nicht, warum. Irgendwo weit hinten war die kleine Wohnung in der Eichendorffstraße mit Frau und Freund – jetzt lag sie unvorstellbar weit. Als läge das alles Jahre, ein halbes Leben zurück.
    Hier, tief im Walde, das Motorenklopfen, eine Gestalt, die sich entfernte, ein Spinnennetz, Tropfen von Dunst und Nebel an nadeligen Zweigen – das war sein Leben geworden …
    Er schreckte auf. Neben ihm, auf dem Waldweg, stand der Beifahrer Hoppe. Er stampfte mit den Füßen, schlug mit den Armen, um sich zu erwärmen. »Frisch, was?« fragte er. – Es mußte ein verdammt kaltes Fahren sein auf dem offenen Sitz des Anhängers, ohne Windschutzscheibe, ohne den wärmenden Motor.
    »Heute geht’s noch«, sagte Hoppe. Und fragte: »Stimmt das, daß du heute erst deine Führerprüfung gemacht hast?«
    »Nee! Gestern morgen, es ist nach vier Uhr früh.«
    »In Ordnung!« sagte Hoppe. »Du kannst fahren. – Da kommt der Bulle wieder!«
    Der Bulle, also der Dumala, kam zurück mit einem langen, schlanken Herrn, der den Karl Siebrecht entfernt an Herrn von Senden erinnerte. Dieser Herr kletterte nehen Karl Siebrecht in den Führerstand. »Los!« sagte auch er. »Ich sage Ihnen, wie Sie zu fahren haben.« Kein überflüssiges Wort, keine Vorstellung, kein Gruß.
    Sie fuhren nur noch ein kurzes Stück. Dann standen da ein paar Männer verloren im dunklen Wald: ein paar junge Leute, ein Vollbart in Försteruniform, ein alter Landarbeiter. »Halt!« sagte der Herr.
    Alles ging ganz schnell. Sie warfen die Schienen von den Wagen, und nun kamen Kisten unter den Schienen zum Vorschein, recht große Kisten. Zu vieren packten sie an, keiner schloß sich aus, der Dumala nicht, der feine Herr nicht. Sie trugen die Kisten in den Wald, da waren Gruben gegraben, in die wurden sie hineingelegt. Ein paar blieben zum Zuschaufeln zurück, ein paar halfen, die Schienen wieder auf den Lastzug zu laden. Rasche, wortlose Arbeit. Gegen fünf Uhr war alles geschafft. Karl Siebrecht und Dumala standen plötzlich allein am Lastzug, der Hoppe bastelte hinten am Anhänger. »Nun, mein Sohn«, sagte Dumala, »schläfst du, bis es hell wird. Du kannst bis aus dem Wald herausfahren. Den Weg zurück findest du doch?«
    »Jawohl.« Kein Wort mehr.
    »Gegen acht bist du auf dem Hof und lieferst deine Schienen ab. Der Herr hat als Rückfracht für dich Kartoffelflocken, die fährst du nach Stettin. Dann kommst du wieder dorthin, wo du abgefahren bist. Verstanden?«
    »Jawohl.«
    »Noch eine Frage?«
    »Nein.«
    »Gut«, sagte Dumala und schien es wirklich gut zu finden.Er tippte gegen den Hut und ging los, in den

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