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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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des Herrn von Senden gemacht, und dabei war noch nie eine Predigt falscher verstanden worden als diese klare und eindeutige!
    »Hallo? Ja, ich bin noch hier. Fräulein Eich? Fräulein Hertha Eich selbst? Schön – ja, Fräulein Eich, hier spricht der Mann, der Sie eigentlich vor sieben Monaten anrufen sollte und wollte. Erinnern Sie sich des Falles noch? – Hallo, sind Sie noch da?«
    »Ja, ich bin noch da.«
    »Sie erinnern sich noch?«
    »Doch ja, ich erinnere mich. Sie besinnen sich etwas spät auf Ihr Versprechen, Herr Siebrecht!«
    »Es kam einiges dazwischen. Ich erzähle es Ihnen vielleicht – wenn es Sie interessiert. – Hallo! Sind Sie noch da?«
    »Ja, ich bin noch da!«
    »Ich meinte –«
    »Ich habe schon verstanden, was Sie meinten.«
    »Ja –« sagte Karl Siebrecht, etwas enttäuscht. Es war vielleicht viel verlangt, aber er hatte eine andere Antwort auf seinen Anruf erwartet.
    »Ja –« sagte sie auch.
    »Wie?« fragte er.
    »Ich hatte ja gesagt«, antwortete sie.
    »Sie wollen also –?«
    »Ja, ich will mir anhören, was Sie zu erzählen haben.«
    »Und wann?«
    »Ja, wann?« Sie schien zu überlegen. »Von wo sprechen Sie denn?«
    »Ach, weit ab von Ihnen, aus der Artilleriestraße.«
    »Fahren Sie denn noch Ihr Autotaxi?«
    »Nein, das fahre ich nicht mehr. Aber ich könnte trotzdem in einem Taxi zu Ihnen kommen, wenn Sie das meinen.«
    »Nein, nicht hierher. Warten Sie. Es ist schon ein bißchen spät …«
    »Es ist eben erst neun Uhr.«
    »Also sagen wir um halb zehn an der Normaluhr am Zoo! Schaffen Sie das?«
    »Doch, das schaffe ich.«
    »Also schön. Ich hoffe, ich muß nicht sieben Monate unter der Normaluhr warten!« Zum ersten Mal hörte er sie lachen.
    »Nicht sieben Minuten!« schwor er.
    Diesmal hielt er Wort.
    »Neun Uhr zweiundvierzig«, stellte er fest, als sie rasch und doch ein wenig scheu auf ihn zukam. »Ich habe im ganzen siebzehn Minuten auf Sie gewartet.«
    »Sie werden noch viele siebzehn Minuten auf mich warten müssen«, sagte sie und gab ihm nur rasch die Hand, »bis wir gleichstehen. Vergessen Sie nicht, ich bin Ihnen sieben Monate voraus!«
    »Sieben Monate weniger siebzehn Minuten! – Wohin gehen wir? In ein Café?«
    »Nein, in kein Café. In einem Café ist es mir heute zu heiß. Gehen wir hier am Zoo entlang in den Tiergarten.«
    Sie machte keinen Versuch, ihm ihren Arm zu geben, und er wagte es nicht, ihr den seinen anzubieten. Ihr Gesicht mit den dunklen Augen hatte blasser denn je ausgesehen, mit jenem leidenschaftlichen Zug, der ihn schon damals bei einem so jungen Mädchen verwundert hatte. In allem war sie der Gegensatz von Rieke, sie war dunkel, verhalten, leidenschaftlich, still.
    Auch jetzt gingen sie eine lange Zeit schweigend nebeneinander. Auf dem Wehr blieb Hertha Eich einen Augenblick stehen und sah in das Wasser, stumm, wieder ohne ein Wort. Dann warf sie den Kopf zurück, ihr kurzgeschnittenes Haar wehte einen Augenblick, nun lag es wieder glatt. Plötzlich blieb sie stehen. Sie stand vor ihm, sie war beinahe so groß wie er, sie sah ihn an. »Was ist mit Ihrer Frau?« fragte sie dann unvermittelt. »Sagen Sie mir nur, was mit Ihrer Frau ist!«
    »Ich bin geschieden«, sagte er – heute abend schon zum zweiten Mal.
    Wieder warf sie den Kopf zurück, das Haar flatterte auf, er versuchte sich zu erinnern, wo er dies schon einmal ähnlich gesehen hatte, er erinnerte sich nicht.
    »Ist es meinetwegen?« fragte sie, wieder so plötzlich. »Sa gen Sie die Wahrheit!«
    »Nein, es ist nicht Ihretwegen«, antwortete er. »Ich glaube, ich habe Ihnen schon damals gesagt, daß bereits alles entzwei war.«
    »Kommen Sie«, sagte sie und fing plötzlich wieder an zu gehen. »Und Sie? Haben Sie in dieser Zeit an mich gedacht? – Verstehen Sie, ich will wissen, ob ich eine Schuld habe an alldem oder nicht. Ich bin nicht neugierig!«
    »Doch, ich habe manchmal an Sie gedacht. In letzter Zeit hätte ich Sie manchmal gern angerufen.«
    »Warum erst in letzter Zeit? Warum nicht früher –?«
    »Ich hatte einen Unfall, nicht hier, im Westfälischen. Ich bin erst seit ein paar Wochen wieder in Berlin.«
    »Und warum haben Sie mich dann in den letzten Wochen nicht angerufen? Wollten Sie erst Ihre Scheidung abwarten?«
    »Nein. Ich bin schon seit drei Wochen geschieden, ich hätte schon drei Wochen früher anrufen können.«
    »Und warum taten Sie es nicht?« – Er schwieg. Diese Unterhaltung lief einen sehr anderen Weg, als er erwartet hatte. Zum ersten Mal in

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