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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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auf Ratenzahlung ab, auch wurde für den Direktor ein Vorschußkonto in den Büchern der Firma eingerichtet. Mit der Zeit würde er das alles schon wieder abtragen. Hertha und er hatten so billig in der Passauer Straße gelebt; wenn sie erst eingerichtet waren und zusammen hausten, würden diese billigen Zeiten zurückkehren, dann konnte er abbezahlen. Es war nicht möglich, daß er weniger großzügig war als sein Schwiegervater. Die Villa war bestimmt nicht billig gewesen, da konnte er sie auch nicht billig einrichten!
    Natürlich kamen immer Fragen, die schwierig waren. Da sagte Herr Zenker: »Ihr Schlafzimmer, Herr Direktor, stößt direkt an das Badezimmer, Sie erinnern sich?«
    Herr Direktor erinnerte sich.
    »Und auf die anderen Seite des Badezimmers liegt nun das große Eckzimmer mit Südsonne, über dessen Verwendung wir noch nicht gesprochen haben.«
    »Machen Sie ein Gastzimmer daraus, Herr Zenker!« schlug Karl Siebrecht vor, obwohl er keine rechte Vorstellung von der Art ihrer künftigen Hausgäste hatte.
    »Oh, Herr Direktor, wir haben doch schon drei Gastzimmer! Es wäre wirklich schade um das schöne Südzimmer. Ich habe gedacht –«
    »Nun, was haben Sie gedacht, Herr Zenker?«
    »Also«, Herr Zenker gab sich einen Stoß, »also, ich habe an ein Kinderzimmer gedacht. Ich weiß da eine junge Künstlerin, die so etwas ganz reizend macht. Wenn ich sie einmal anrufen dürfte, man könnte ja mal mit ihr über die Sache reden …«
    Es folgte ein kurzes Schweigen.
    »Natürlich«, sagte Herr Zenker dann, »kann das Zimmer vorläufig auch leer stehenbleiben, bis die gnädige Frau selbst darüber verfügt.«
    »Ich gebe Ihnen deswegen noch Bescheid, Herr Zenker«, sagte Karl Siebrecht eilig. »Sonst noch etwas? Dann also guten Morgen! Ich muß jetzt schleunigst in die Stadt!« Am liebsten hätte er Herrn Zenker sofort ja gesagt, aber er wußtenicht, wie Hertha darüber denken würde. In gewissen Dingen war sie einfach abergläubisch. Aus Aberglauben hatte sie sich geweigert, ihn zu heiraten, aus Aberglauben hatte er das Heim in der Passauer Straße zerstören müssen. Und vielleicht würde sie wieder abergläubisch werden, wenn sie ein Kinderzimmer eingerichtet fand, und es war noch nicht die geringste Aussicht da auf Kinder. Nein, er würde dem Architekten Zenker und seiner jungen Künstlerin keinen derartigen Auftrag erteilen. Wenn er danach gefragt werden würde, würde er es eben vergessen haben, mit seiner Frau darüber zu reden.
    Wider Erwarten aber wurde er nicht gefragt, und als er eines Tages durch die Villa ging, sah er zu seinem Erstaunen, daß die Tür dieses Südzimmers offenstand und daß eine junge Dame eifrig damit beschäftigt war, einen Fries von Hasen, Gänsen, Hunden und Katzen an die Wand zu malen. Er war so überrascht, daß er stehenblieb, unentschlossen, ob er eintreten oder weitergehen sollte. Unterdes hatte ihn die Malerin gesehen und war auf ihn zugetreten. »Herr Direktor Siebrecht, nicht wahr?« Und sie nannte ihren Namen. »Herr Zenker sagte mir … Wenn ich Ihnen vielleicht meinen Entwurf zeigen darf? Wir hatten uns das Zimmer so gedacht …« Und sie holte eine Rolle mit Zeichnungen.
    Wenn ich nur wüßte, wen sie mit »Wir« meint, dachte er. Nur Herrn Zenker und sich, oder hat sie etwa doch mit Hertha gesprochen? Ich kann sie unmöglich danach fragen. Er lauschte geduldig ihren Erklärungen über Kindermöbel, Kinderhygiene, Kinderphantasie – aber das Wort »Wir« wiederholte sich nicht mehr. Er lächelte: »Also dann auf Wiedersehen, Fräulein Seebach. Meine Frau wird sich sehr freuen, wenn sie das hier alles sieht.«
    »Ich hoffe es«, antwortete die Malerin. »Auf Wiedersehen, Herr Siebrecht.«
    Nein, er erfuhr nichts, ob sie sich nun verabredet hatten zu schweigen oder ob Herr Zenker dies auf eigene Verantwortung unternommen hatte.
    Dann, an einem Tage wenig später, als er gerade ziemlichstaubig aus dem Keller kam, wo ein neuer Zentralheizungskessel aufgestellt wurde, stand er plötzlich vor ihr. Sie war mit dem Architekten in der Halle beschäftigt, Stoffe für Möbelbezüge auszusuchen. »Guten Tag, Karl«, sagte sie und reichte ihm die kühle Hand. »Du siehst, ich mußte doch einmal hierherschauen. Ich bekam plötzlich Angst, ihr könntet mich gar zu sehr überraschen.«
    Er fühlte wohl, dies war nur des Architekten wegen gesagt. Trotzdem meinte er: »Hoffentlich bist du mit uns zufrieden. Wir nähern uns allmählich dem Ende. In zwei Wochen, meint Herr Zenker,

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