Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
dann wieder eine Sechs und wieder vier Nullen und so fort … Alles war einfach Wahnsinn, und es war nur gut, daß es keine Möglichkeit gab, diese Sechzigtausend aufzutreiben.
    »Nun, Karl?« fragte der Rittmeister herzlich. »Warum siehst du mich nicht an? Warum bist du so verlegen? Du denkst wohl: ach, der alte Trottel, nun hat es den auch gehascht! Alterserscheinung, wie? Aber da bin ich meiner Sache ganz sicher. Sobald du Maria gesehen hast, wirst du anders denken. Dann wirst du plötzlich alles verstehen. Und dann wirst du auch«, der Rittmeister lächelte stärker, »diese Sechzigtausend hervorzaubern, ohne Herrn Hoover und trotz der Geldknappheit, ich weiß das!«
    »Ja«, log Karl Siebrecht, »wenn dieses verdammte Geld nicht wäre, würde ich mich viel mehr für Sie freuen, Herr von Senden! Brauchen Sie denn wirklich alles auf einmal?«
    »Alles!« sagte der Rittmeister kategorisch. »Alles oder nichts! Ich will«, sagte er und breitete die Arme aus, »das Geld auf sie herabregnen lassen, ich will sie überschütten damit. Du erinnerst dich doch noch an Danae, an die goldene Wolke, in der Jupiter sie besuchte? Nun, siehst du! Wenn man schenkt, soll man königlich schenken! Ich hasse Schenken auf Raten!«
    »Ich sehe aber nicht die geringste Möglichkeit –« fing Siebrecht hartnäckig wieder an.
    »Du wirst sie sehen«, rief der Rittmeister siegessicher, »so bald ich dich Maria vorgestellt habe! Wenn man Maria erst gesehen hat, gibt es keine Unmöglichkeit mehr! Also, wie ist es? Bist du heute abend frei?«
    »Das schon, aber –«
    »Ist deine Frau zu Haus? – Großartig! Frauen sind kritischer, ich gebe sehr viel auf das Urteil deiner Frau! Ich hole euch also heute abend um neun Uhr ab. Ist es recht so?«
    »Für mich kann ich zusagen«, sagte Karl Siebrecht zögernd.»Was Hertha angeht, so wissen Sie ja … Vielleicht rufen Sie einmal an und sprechen selbst mit ihr?«
    »Schön, mein Sohn, das ist abgemacht. Also um neun Uhr, nicht vergessen! Und triff immer schon deine Vorkehrungen, denn morgen wirst du sechzigtausend an mich zahlen müssen! Wenn ich dich nicht überzeugt habe, Maria wird dich bestimmt überzeugen! Auf Wiedersehen, mein Lieber!«
    »Auf Wiedersehen, Herr von Senden!«

108. Bremer als Mahner

    Als der Rittmeister gegangen war, blieb Karl Siebrecht noch lange überlegend an seinem Schreibtisch sitzen. Aber er dachte nicht darüber nach, wie er das Geld für den Freund beschaffen sollte. Im Gegenteil, selbst wenn eine Möglichkeit gewesen wäre, das Geld aufzutreiben, er hätte sie nicht genutzt. Nein, wenn jetzt etwas zu überlegen war, so war es dies, wie man den Rittmeister davor bewahren konnte, sein Vermögen diesem Frauenzimmer zu opfern, und wie man ihm schließlich die Augen öffnete über diese Maria, ohne seine Freundschaft zu verlieren. Karl Siebrecht hatte nie viel Freunde gehabt, er hätte nicht gerne auch noch diesen verloren. Ihm grauste vor dem heutigen Abend …
    Siebrecht drückte auf den Klingelknopf und bat Herrn Körnig zu sich. Herr Körnig, der unterdes zum Prokuristen der Firma aufgerückt war und der womöglich noch sorgenvoller aussah, winkte eifrig, sobald er in das Zimmer kam, mit einem Stoß Abrechnungen. »Jawohl, Herr Direktor, ich weiß schon«, sagte er klagend, »die Abrechnungen! In der letzten Woche sind die Einnahmen wieder um sieben Prozent gefallen, während sich die Unkosten nicht verändert haben. Herr Direktor Bremer hat schon mit mir gesprochen, er schlägt vor, noch drei Wagen stillzulegen und weitere sechs Mann zu entlassen. Außerdem müßte endlich wegen der Schalter auf den Bahnhöfen ein neues Abkommen getroffen werden –«
    »Über all das werden wir später reden, Herr Körnig«, sagte Karl Siebrecht ungeduldig. »Setzen Sie sich bitte. Ich habe jetzt etwas anderes: sind Ihnen alle Einzelheiten unseres Gesellschaftsvertrages mit Herrn von Senden erinnerlich?«
    »Aber selbstverständlich, Herr Direktor!«
    »Zu welchem Termin kann Herr von Senden uns kündigen?«
    »Mit Jahresfrist, das heißt, er kann es nicht zu jedem beliebigen Termin, sondern nur zum Halbjahres-Ersten.«
    »Das heißt also – wir haben heute den 13. Juni –, wenn Herr von Senden bis zum 1. Juli kündigt, müssen wir ihm seine Einlage zum 1. Juli nächsten Jahres zurückzahlen?«
    »Genau so. Wenn ich mir gestatten darf, Herr Direktor, zu fragen …«
    »Gelingt es uns aber, die Kündigung bis über den 1. Juli hinauszuzögern, so haben wir noch anderthalb Jahre

Weitere Kostenlose Bücher