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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Geld mehr auf Hypotheken«, lächelte Siebrecht trübe. »Den Banken geht es selber dreckig.«
    »Aber ich muß mein Geld haben!« rief der Rittmeister verzweifelt. »Ich muß einfach!«
    »Haben Sie noch ein bißchen Geduld, Herr von Senden«, bat Karl Siebrecht. »Sie wissen, daß jetzt über den Hoover-Plan verhandelt wird: alle Zahlungen aus dem Versailler Vertrag sollen für ein Jahr ruhen. Wenn der Hoover-Plan erst angenommen ist, bessert sich vielleicht die Wirtschaftslage. Ich will dann sehen, vier-oder fünftausend Mark für Sie aufzutreiben!«
    »Fünftausend Mark helfen mir gar nichts!« rief der Rittmeister wieder. »Ich muß das ganze Geld haben, und du tust mir den Gefallen, Karl!«
    »Aber es steht nicht in meiner Macht, Ihnen den Gefallen zu tun.«
    »Es muß einfach in deiner Macht stehen, Karl!«
    Einen Augenblick schwiegen beide erschöpft. Dann sagte Siebrecht vorsichtig: »Es geht mich natürlich nichts an, Herr von Senden, wozu Sie das Geld brauchen. Aber wenn Sie Schulden haben – verzeihen Sie, es ist eine bloße Annahme –, so könnte ich vielleicht mit Ihren Gläubigern ein Abkommen treffen.«
    »Nein«, sagte der Rittmeister kurz. »Ich habe keine Schulden, wenigstens keine, die nennenswert wären.« Er überlegte einen Augenblick, dann lächelte er: »Ich kann dir die Wahrheit sagen, Karl: ich heirate!«
    »Was?!« rief Karl Siebrecht und wäre fast aufgesprungen. Denn der Rittmeister, so gut er trotz seiner weißen Haare noch immer aussah, war doch über sechzig. Er besann sich aber und sagte mit Fassung: »Meinen herzlichsten Glückwunsch, Herr von Senden. Das ist ein überraschender Entschluß!«
    »In meinen Jahren!« antwortete der Herr von Senden. »Ich weiß genau, was du sagen willst, mein Sohn Karl. Aber gerade in meinen Jahren bekommt man es eilig, das Schöne, was das Leben noch bietet, mitzunehmen. Wie lange wird das alles noch schmecken? Zehn Jahre, lieber Karl, wenn es gutgeht; vielleicht nur fünf Jahre.« Er beugte sich vor und sah den jungen Freund an. Seine dunklen Augen leuchteten in dem alten Feuer, aber die Brauen darüber waren weiß. »Die Jugend,Karl!« sagte er leise. »Ich habe dir immer gesagt: die Jugend allein ist das Leben wert. Sie ist blutjung, Karl, gerade erst neunzehn geworden. Noch einmal werde ich mir die Jugend holen, ein letztes Mal. Ach, Karl, plötzlich ist das Leben wieder schön!«
    Er lehnte sich zurück, nahm eine Zigarette aus dem Etui und brannte sie mit Bedacht an. »Ich möchte gern, Karl, daß du dir Maria einmal ansiehst. Ich habe sie in einem Kabarett kennengelernt, sie tritt dort als Tänzerin auf. Du mußt sie einmal tanzen sehen – eine ganz große Begabung! Einfach weggeworfen an die verdammten Ekels, die dort sitzen und bloß nach ihren Beinen schielen – gräßlich! Da darf sie keinesfalls länger bleiben. Leider hat sie Kontrakt, aber ich werde sie schon freikaufen, laß mich nur erst mein Geld haben! Und wenn sie dann frei ist, wenn wir verheiratet sind, dann kommt das Große –« Der Rittmeister hatte seine Zigarette ungeduldig in den Aschenbecher gestoßen, nun brannte er sich sofort eine neue an und ging eilig in dem Büro auf und ab. »Ich bin mir klar, ich bin ein älterer Mann, Karl, und ich will so ein schönes junges Ding nicht etwa aus Eigensucht an die Kette legen. Ich will ihr das Leben öffnen, ich will ihr alle Chancen geben, die je ein Mensch gehabt hat! Wenn du sie nur siehst, wirst du sofort merken, welche eminente Begabung sie für den Film hat. Wenn du sie sprechen hörst, wenn sie singt, das alles schreit geradezu nach dem Film. Ich habe mit ein paar Leuten gesprochen, die ich durch Maria kennengelernt habe. Sie haben mir gesagt, das läßt sich machen: wenn man eine Anfängerin groß startet, kann sie nach einem Jahr, schon nach ihrem ersten Film, ein Star sein.« Der Rittmeister blieb stehen, er sah Karl Siebrecht lächelnd an: »Siehst du, mein Junge, das will ich tun! Ich mache ein Geschäft, ein glänzendes Geschäft sogar! Ich bekomme ihre Jugend, und dafür starte ich sie mit allem, was ich habe! Das klingt verdammt, als wenn Maria sich verkaufte, doch das ist nicht so. Sie liebt mich, sie hat mich schon geliebt, als sie noch nicht wußte, welche Absichten ich mit ihr hatte.«
    Herr von Senden sah Karl Siebrecht lächelnd an, aber der junge Freund war so verlegen, daß er den Rittmeister nicht wieder anzusehen wagte. Er malte nachdenklich Zahlen auf ein Löschblatt: erst eine Sechs, dann vier Nullen,

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