Ein Mann will nach oben
Bulette, sagt Mutta.«
»Und Mutta hat immer recht!« lachte Karl Siebrecht, als er schon hinter ihr die Treppe hinunter stieg.
Auf den Höfen gurgelte und spülte und sprühte der Regen. Im dunklen Torweg stießen sie an zwei, die dort eng nebeneinander standen. »Sieh jefälligst erst hin, ehe de einen umrennst!« schalt eine zornige Stimme.
»Entschuldje man, Ernst!« sagte Rieke, die Augen wie eine Katze haben mußte. »Det nächstemal weeß ick det, in welche Ecke du knutschst!« Es gab ein verlegenes Geräusch, ein Räuspern, und sie waren auf der Straße. Der Wind sprang sie mit aller Gewalt an, er jagte eisige Tropfen gegen ihre Gesichter, die sofort kalt wurden. Schulter an Schulter, vornübergebeugt, kämpften sie sich gegen den Sturm vorwärts. »Det war der Bäcker!« rief Rieke. »Und det Mädchen is aus die Bügelei in der Jartenstraße!«
»Ich kann den Bäcker nicht ausstehen!« rief Karl zurück.
»For wat denn nich? Det is doch een juter Junge! Wenn de noch een Mächen wärst – for junge Mächen is er nich so jut … Die loofen ja alle bloß seine mehlichte Visage nach!«
An der Haltestelle der Straßenbahn standen sie allein. Aber gerade als sie einstiegen, kam noch ein dritter gelaufen, und hinter ihnen schob sich der Bäckergeselle Ernst Bremer in den fast leeren Wagen. – »Nanu, Ernst!« rief Rieke. »Wat is denn mir dir los? Jehste denn jetzt ooch noch woanders uff de Tour?«
»Ick kann jehen, wo andere ooch jehen!« sagte der Bäcker mürrisch und warf einen feindseligen Blick auf Karl Siebrecht.
»Und fahren kannste ooch!« lachte Rieke. »Jott, haste denn die Lotte so einfach wegjeschickt?«
»Welche Lotte? Ick kenn doch keene Lotte!«
»Ach, det warst du wohl nich, ebend im Durchjang?«
»Den du umjerannt hast, det war ick! Vasteht sich!«
»Und keene Lotte nich? Da standste wohl janz alleene, Ernst?«
»Stand ick ooch! Oder –?«
»Oder wat, Ernst?«
»Oder stand ick nich alleene?«
»Doch! Du standst alleene, und die Lotte stand ooch alleene! Ihr habt euch bloß ein bißchen aneinanderjehalten, det ihr nich umjefallen seid, Ernst!«
»So ’n Stuß!«
»Und wohin fährste, Ernst?«
»Det wird sich zeijen. Immer de Neese nach, sagte Muffi, da kriegte er eenen druff.«
»Paß mal uff, Ernst!« sagte Rieke jetzt energisch. »Wenn de mit mir fahren willst, det is nich. Ick hole Vata’n. Vata is blau. Da kann ick dir nich brauchen.«
»Aber den kannste brauchen?«
»Du machst dir ja lachhaft, Ernst! Wat denkste dir denn? Denkste, jetzt kannste mit mir anfangen? Bei dir piept er ja! Du bist een juter Junge, habe ick immer jesagt, aber wenn de so kommst, is’t sofort alle!«
»Aber den kannste brauchen?« fragte der Bäcker wieder beharrlich.
»Det kann ick ooch! Und warum, Ernst? Weil der nich an Mädchen denkt! Det ist mein Freund, Ernst –!«
»So plötzlich? Det is ja mächtig plötzlich!«
»Det jeht dir doch nischt an, Ernst, wat? Ha ick dir jefragt, wieso du deine Brautens so plötzlich wechselst?«
»Siehste, jetzt redst de schon von Brautens! Erst heeßt det Freund, und denn is det Bräutijam!«
»Du bist doof uff beede Backen, Ernst, det biste! Det kannste dir jar nicht denken, det man ooch wat anderet im Koppe hat als deine olle dußlige Knutscherei! Wat ick mir dafor koofe! Und denn, ick jeh noch uff Schule, Ernst, besinn dir!«
»Det hat mit Schule jar nischt zu tun! Ick habe jesehn, wieer uff dir jesehen hat, jestern abend – ick bin Kenner, een Blick jenügt mir!«
»Du spinnst ja, Ernst! Der is nich wie du.«
»Ick will dir was sagen, Ernst«, mischte sich jetzt Karl Siebrecht in diese sich ständig steigernde Zwiesprache. »Da irrt sich die Rieke, ich bin auch wie du.«
»Da siehste es, Rieke! Aba …«
»Aber was du von der Rieke sagst, das ist Quatsch. Ich habe ein Mädchen zu Hause, da, wo ich her bin, und an die denk ich …«
»Ist det wahr, Karl?«
»Das ist ganz gewiß wahr, Ernst!«
Ernst Bremer überlegte. »Det haste dir eben ausjedacht.«
»Das habe ich mir bestimmt nicht ausgedacht. Sie heißt übrigens Erika, ich nenne sie aber Ria. Da siehst du es!«
Der Bäcker war noch immer mißtrauisch. »Haste denn een Bild von ihr?« fragte er. »Zeig mir mal det Bild!«
»Ich habe kein Bild von ihr.« Und etwas unlogisch. »Sie ist doch die Tochter vom Pastor!«
Aber gerade dies schien den Bäcker zu überzeugen. »Wenn et so is!« sagte er. Und noch einmal nachgrollend: »Man kann ooch mehr Mächen haben!«
»Nu biste aber
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