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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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bald stimmte auch das Geld in der Lohntüte nicht mehr. Oder doch – es stimmte schon, aber der Alte hatte blaugemacht, heut ein paar Stunden, dann einen halben Tag. Der Polier hatte die Rieke schon vermahnt, so ginge es mit ihrem Vater nicht weiter. Jetzt, wo jeden Tag Frost kommen könne, dürfe er einfach nicht fehlen. Busch würde zu den ersten gehören, die man entließ … »Wo biste jewesen, Vata?« fragte Rieke ganz aufgeregt. »Wo biste am Mittwochmorgen jewesen? Zu de Arbeet biste jegangen wie sonst, det weeß ick, bloß anjekommen biste nich bei de Arbeet!«
    »Jott, Tochter«, sagte der Alte dann bloß. »Wie soll ick det wissen? Mittwoch – sagste Mittwoch?«
    »Jawoll, Mittwoch vormittags haste blaujemacht.«
    »Mir is een Tag wie der andere, Tochter!« antwortete der Alte trotzig, und mehr war nicht aus ihm herauszukriegen.
    Aber Rieke hatte nun in all den Jahren so viele »Touren« vom Alten erlebt, daß sie sich nicht mehr sonderlich aufregte. »Der besinnt sich, Karl«, sagte sie. »Der besinnt sich von janz alleene! Dem mußte bloß Zeit lassen! Der is nu mal so …«

16. Die Nähmaschine

    Vor dem Geschäft von Hagedorn hatten sie sich verabredet. Rieke Busch war auch darin bereits ganz eine erwachsene Frau: sie ließ Karl Siebrecht warten. Eine Weile hatte er nach ihr ausgeschaut,ob er nicht ihre schnelle, helle Gestalt im Gewühl der Weihnachtskäufer entdecken könnte. Aber sie kam nicht, sie kam noch immer nicht, und er hatte sich nur schwer auf der Zeichenstube von Herrn Feistlein freigebeten! Die Leute lachten. Mit Paketen beladen, drängten sie in einem endlosen Strom an ihm vorüber, eilig ausschreitend, denn es fror. Wenn sie lachten, flog eine Wolke Dampf aus ihrem Munde. Aber geschneit hatte es noch nicht, nun, dafür war noch Zeit. Es waren immer noch fünf Tage bis zum Heiligen Abend.
    Sie kam noch immer nicht, und Karl Siebrecht wandte sich der Betrachtung der Hagedornschen Schaufenster zu. Es gab deren zwei, eines rechts, das andere links von der Ladentür. In dem rechts waren nur Nähmaschinen aufmarschiert. Es gab deren von allen Arten, riesengroße, deren stumpfes Schwarz nur von wenig glänzendem Nickel aufgehellt war, und ganz kleine, mit einem Rädchen an der Seite, mit der Hand zu drehen. Diese waren mit vielen bunten Bildern und Kanten geschmückt, aber alle, die großen wie die kleinen, waren nach den an ihnen befestigten Schildern »prima primissima« oder auch »einfach pyramidal«, »pryramidale Erfindung der Neuzeit«. Und jede einzelne war leicht zu erwerben: »Be queme Ratenzahlung ganz nach Ihrem Belieben!« Karl Siebrecht versuchte die Maschine zu entdecken, auf die Rieke ihre Wünsche gerichtet hatte. Zweihundertsechzig Mark sollte sie kosten, er wußte es noch gut. Aber von Preisen war im Schaufenster nichts zu sehen. Karl Siebrecht wandte sich der Betrachtung des Schaufensters links von der Ladentür zu. Es schien ihm wesentlich interessanter, denn hier gab es Fahrräder zu sehen. Natürlich konnte er radeln, aber er hatte es nie zu einem eigenen Fahrrad gebracht, er hatte immer nur Vaters, auf hundert Baustellen leiderprobtes Rad benutzen dürfen. So sah er sich denn Rad für Rad aufmerksam an – die Zeit wurde ihm nicht lang. Rieke konnte ruhig noch eine Weile ausbleiben! Er nahm sich vor, nachher im Laden nach den Preisen und Zahlungsbedingungen von Rädern zu fragen. Es würde großartig sein, in die Zeichenstube mit einem Radfahren zu können. Mit einem Rade würde er Berlin, diese Anhäufung vieler Städte, erst richtig kennenlernen. Er war bisher kaum über die paar Hauptstraßen, durch die ihn sein Weg führte, hinausgekommen. Und er mußte jede Ecke von Berlin kennen, von dieser Stadt, die er eines Tages erobern würde. Er seufzte schwer …
    »Junger Mann, det is aber nich det richtige Fenster!« sprach Riekes helle Stimme neben ihm. Sie hatte schon eine Weile dagestanden, war seinem Blick gefolgt und hatte seinen Seufzer gehört. »Und nun kommste und siehst meine Maschine an! Ick weeß, Karl, ick bin zu spät dran, ick konnte nich anders. Se haben Vata’n jebracht, er is von der Leiter jefallen, natürlich molum! Hat sich nich ville jetan, ’ne Brüsche an de Stirn und de Hand verstaucht.«
    »Das is aber schlimm, Rieke!«
    »Wieso is det schlimm? Mit’s Mauern wär’s doch bei dem Frost jeden Tag alle jewesen, und nu ha ick den Mann doch unter Aufsicht. Die Männa, wo ihn jebracht haben, sagen ja, keena hat Vata’n zu Schnaps injeladen, nie

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