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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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wenn er immer die gleichen Gesichter sah, den Herrn Feistlein und den pickligen Wums und den Bechert und den Karbe, und wenn er dann dachte, daß er im Frühling, im Sommer, heute übers Jahr die gleiche Stube, das gleiche Gas, die gleichen Ärmel, das gleiche Reißbrett seiner wartend finden würde – dann hätte er am liebsten kehrtgemacht, wäre auf die Straße gelaufen und hätte geschrien: Ich will Berlin erobern! Heh, Berlin, hier bin ich! Ich bin kein Stubenhocker und will nie einer werden! Los! Aber dann fühlte er den Blick des Herrn Feistlein auf sich, rasch nahm er den Zeichenstift in die Hand und dachte mit jungenhaftem Trotz: Nun gerade nicht! Dem tue ich den Gefallen noch lange nicht! Der würde ja denken, ich bin vor ihm ausgerissen. Das andere hat noch Zeit, das kann ich jeden Tag anfangen. Jetzt bleibe ich erst noch ein paar Wochen hier und ärgere den, bis er platzt. Nein, er konnte wirklich noch nicht fort – schon um des Herrn Feistlein willen nicht. Und dann hätte er die Rieke Busch auch so betrübt, wenn er diese vorzügliche Stellung aufgegeben hätte – gerade jetzt zur Weihnachtszeit.

15. Bruder und Schwester

    Ja, Rieke Busch hatte eine so gute Zeit wie noch nie in ihrem Leben. Obwohl nun schon der Dezembermonat gekommen war, in dem die Maurer oft feiern müssen, ging der alte Busch noch alle Tage zur Arbeit. Meistens war Dreckwetter, und wenn es einmal fror, so fror es nur so wenig, daß es der Maurerei keinen Eintrag tat. Unter vier Grad Frost bleibt kein Maurer zu Haus. Auch der alte Busch nicht, der sonst nicht nur den Frost zum Anlaß fürs Blaumachen nahm. Jeden Morgen ging er wortkarg und blicklos fort, und jeden Abend erwartete ihn daheim in der Wiesenstraße seine Schnapsflasche, aus der ihm die Rieke einschenkte; erst ganz nach Wunsch, später, als alles gut ging, schon zögernder, schließlich, als alles weiter gut ging, verdünnte sie den Schnaps mit Wasser und setzte dafür gestoßenen weißen Pfeffer hinzu, damit er auch scharf genug schmeckte. Das tat sie in aller Heimlichkeit, auch ihr Freund Karl erfuhr nichts davon. Das gab dann manchmal unruhige Nächte, lange Stunden mußte sie auf Vaters Schoß sitzen, die Arme um seinen Hals, ihm den Bart kraulend, und statt der Tochter die Frau sein – auch davon erfuhr Karl Siebrecht nichts. Denn am nächsten Morgen ging der Maurer Busch wie sonst zur Arbeit. Ihm war nichts anzusehen, und die ein wenig blasse Rieke hatte dafür die Belohnung, am Freitag vom Polier eine wirklich volle Lohntüte abzuholen. Ach, wie die Familie vorwärtskam! Da war auch noch das Kostgeld, das Karl Siebrecht zahlte – sie lebten direkt üppig, es gab in diesen Wochen nicht nur am Sonntag Fleisch. Und Rieke hatte schon Kohlen für den ganzen Winter gekauft und Kartoffeln, sie hatte für Tilda und sich warmes Zeug angeschafft, und bei alledem hatte sie sogar noch Geld zurückgelegt. »Ick jloobe wirklich, du hast det Jlück in’t Haus jebracht, Karl«, konnte sie am Abend sagen, wenn die beiden in der Küche zusammensaßen. Tilda schlief dann schon, und der alte Busch saß am Fenster, starrte in die Nacht hinaus, das Schnapsglas auf dem Fensterbrett, er sah und hörte nichts.
    »Verrede es dir bloß nicht, das Glück«, sagte Karl Siebrecht warnend.
    »Ach wat! Unglück kommt von alleene, jetzt freu ick mir erst mal.«
    »Und was machst du mit all dem Geld, Rieke? Du mußt ja reich werden!«
    »Wer ick ooch! Karl, weeßte wat, aber det is noch tiefstet Jeheimnis, ick jloobe, ich riskier wat!« Sie sah ihn mit unternehmungslustigen, vor Freude glänzenden Augen an.
    »Was riskierst du denn, Rieke?«
    »Ja, wat wohl? Karl, ick koof mir ’ne Nähmaschine uff Abzahlung!«
    »Wirklich –? Was willst du denn mit einer Nähmaschine? Dein bißchen Näherei!«
    »Doch, det tu ick, dazu bin ick imstande; Karl, ha ick dir denn det noch nich jesagt? Doch, det ha ick schon jesagt, haste bloß vajessen, oller Tranpott! Det ist doch mein Traum seit meine Kindertage. Immer, wenn ick bei andere Leute komme, und die Madam sitzt an de Maschine und ritsch, ’ne Naht ruff, und ratsch, ’ne Naht runter, und denn meine fußlige Stichelei mit de Nadel – Karl, ’ne Nähmaschine, det is for mir det Höchste, danach kommt ’ne janze Weile jar nischt!«
    »Aber was hast du denn soviel zu nähen, Rieke?«
    »Ach, Karl, du bist doch bloß een Junge, darum redste ooch so dußlig! Zu nähen hat ’ne Frau immer, det merkt ihr Männer bloß nich! Und denn, wenn ick erst

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