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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nichts zu bestätigen, er mußte auch nicht den großen Bruder spielen. Nur als sich die Haufen zugeschnittener Mantelteile immer höher vor Rieke auftürmten, meinte Herr Felten unzufrieden: »Deine Mutter hätte auch gut mitkommen können, Kleine. Das schafft ihr beide nicht – ihr schmeißt mir die Stoffe bloß in den Schneematsch!«
    »Det schaffen wa alles, Herr Felten«, antwortete Rieke ungerührt. »Wat denken Se, wat ick for Kräfte habe! Und mein Freund erst – der is nämlich uff ’n Zeichenbüro. Bauzeichner ist der –« Nun ist allerdings nirgendwo bekannt, daß Bauzeichner über sonderliche Kräfte verfügen müßten, aber so frei Rieke von jeder Eitelkeit für die eigene Person war, so stolz war sie auf ihren Freund. Sie hatte das übrigens gleich wieder vergessen, sie stürzte sich in einen zornigen Streit mit Herrn Felten, der ihrer Ansicht nach nicht genug Nähgarn herausgeben wollte. »Det jibt et nich, Herr Felten!« rief sie schrill. »Mir können Se nich belackmeiern! Drei Rollen Garn uff fuffzehn Mäntel?! Bei Sie piept’s wohl?! Uff zehn Mäntel drei Rollen, und det is schon wenig, manche geben ooch vier Rollen uff zehn Stück!«
    »Das hier sind aber alles Kindermäntel!«
    »Als wenn ick det nich wüßte! Jlooben Sie, Sie haben alleene Oogen int Jesichte?! So blau! Nu her mit’s Jarn, Männecken, noch zehn Rollen, sare ick …«
    Zu Anfang waren Karl Siebrecht solche Auseinandersetzungen seiner Rieke recht peinlich gewesen. Er war mit einem gewissen Feinheitstick aus seiner Kleinstadt nach Berlin gekommen, aber er hatte rasch begriffen, daß, was in der Kleinstadt galt, hier noch lange nicht genügte. In Berlin mußte man schimpfen können, wer da dachte, mit flüsternder Vornehmheit sich zu behaupten, der lag schon unter dem Schlitten. Eine beliebte Redensart Riekes war es, daß fein von dünn kommt und: dünn toogt nischt, dünn reißt imma! So hörte Karl Siebrecht jetzt auch den Streit zwischen Rieke und Herrn Felten mit stillem Vergnügen an, fest davon überzeugt, seine kleine Freundin werde schon zu ihrem Recht kommen. So wurde es auch. Herr Felten legte zwar keine zehn, aber er legte doch sechs Rollen zu. Beide grollten leise nach, und doch war beiden anzumerken, daß sie nicht unzufrieden waren und daß keines dem anderen böse war. Nur als die Stoffberge nun in zwei große schwarze Schneidertücher eingeschlagen waren, als Rieke und Karl sie auf den Rücken nehmen wollten, erwies sich, daß hier Herr Felten recht gehabt hatte: die Last war zu schwer. »Ich habe es ja gleich gesagt«, meinte Herr Felten, überlegen lächelnd, »ihr schafft das nicht; ihr hättet eben die Mutter mitbringen sollen!« Er war aber durch seinen Sieg gnädig gestimmt. »Dann soll euch für diesmal der Laufbursche die Mäntel mit dem Lieferrad hinfahren – aber nur diesmal, verstanden? Ausnahmsweise! Sonst ist Abholen und Bringen eure Sache!«
    »Vasteht sich, Herr Chef!«
    »Franz!« schrie Herr Felten. »Franz, komm mal her!« Aber kein Franz rührte sich in den dunklen Tuchgewölben. »Wo der Bengel bloß mal wieder steckt?! Der schläft auch ewig! Ich will doch mal sehen –« Herr Felten ging auf sachten Sohlen in die immer tiefere Dunkelheit zwischen den düsterenStoffregalen, und auf sachten Sohlen folgten ihm Rieke und Karl Siebrecht. Leise öffnete der Chef die Tür zu einem Verschlag, und da lag nun, matt von einem nur halb vorhandenen Gasglühstrumpf beleuchtet, der Botenjunge der Firma Felten. Aus Stoffballen, aus dem schönsten Aachener Samt, hatte er sich eine Lagerstätte bereitet, da schlief er, sanft und selig, in allem Dreck und Speck seiner völlig ungewaschenen siebzehn Jahre, aber wahrhaft fürstlich zugedeckt, wiederum mit Aachener Samt. Herr Felten war so erschrocken, daß ihm die Arme sanken. »Mein schöner Samt«, flüsterte er. »Zehn Mark der Meter – und dieser Schweinekerl legt sich …«
    Zum Schaden des Schläfers verwendet man in der Konfektion noch Maßstäbe, die aus hartem Holz geschnitten und auf einen Meter geeicht sind. Der Gedanke an den hohen Preis seines Aachener Samts hatte die Arme des Herrn Felten elektrisch belebt, ein Meterstock war zur Hand gewesen und fing schon an zu tanzen. Mit einem Schrei fuhr der Junge von seinem Samtlager hoch und begann zu springen unter dem Stock, der auch sprang. »Herr Felten, lassen Sie das!« jammerte er. »Herr Felten, ich bitte Sie! Herr Felten, mir war so kalt! Herr Felten, ich lasse mir das nicht gefallen!«
    Aber der

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