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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Stock tanzte unbarmherzig weiter, und in dem engen Käfterchen gab es kein Entrinnen für den Jungen. »Zehn Mark –« stöhnte Herr Felten. »Warte, Franz, dir will ich schon heiß machen! Bei mir sollst du nicht frieren! Zehn Mark, und legt sich mit seinen dreckigen Schuhen darauf –« Die letzte Erwägung verlieh Herrn Feltens Armen besondere Kraft, der Stock pfiff nur so durch die Luft, der Junge stieß einen lauten Schmerzensschrei aus. Mit der Kraft der Verzweiflung rannte er gegen seinen Peiniger an. Der kam ins Wanken, und zwischen Karl und Rieke entsprang der Knabe Franz in das weitläufige, düstere Lager. »Verfluchter Bengel, warte nur!« rief Herr Felten und sprang ihm, den Stock fester packend, nach.
    Aber jetzt half ihm der Stock nichts gegen die schnelleren Beine des Jungen. Eilig huschte der um die Regale, die ungeschickten Schläge fielen nur auf Holz, nie auf Fleisch, undwährend Herr Felten, immer knapper an Atem, nur noch leise ein »Zehn Mark –« ächzte, schrie der Bengel ihm immer gellender seine Beschimpfungen ins Gesicht: »Sie alter Aasvogel, Sie! Sie Kinderausbeuter! Sie Blutsauger! Sie können mich –! Ich mach hier überhaupt Schluß! Machen Sie Ihren dreckigen Laden alleine! Ich zeige Sie auf dem Gewerbeamt an! Sie Stoffschinder! Sie alter Samthengst, Sie!« Rieke und Karl Siebrecht hielten sich die Seiten vor Lachen. Denn nun war der Knabe darauf geraten, im Vorbeilaufen Stoffballen um Stoffballen aus den Regalen zu reißen. Dumpf polternd fielen sie zu Boden, sie wirbelten Staub auf, der den matten Schein der spärlichen Gaslampen verdüsterte. Manche entfalteten sich, sie legten sich um die Füße des nachstolpernden Felten, der nur noch leise jammern konnte. »Das will ich dir zeigen, du alter Papageienvogel!« schrie triumphierend der Bengel. Er stemmte seine Schulter gegen ein Regal, es neigte sich – und dumpf polternd stürzte es. Aus einer alles verhüllenden Staubwolke, die sich über dem Kampfplatz erhob, tönte die klägliche Stimme des Chefs: »Höre auf, Franz! Bitte, höre auf! Ich will dich auch bestimmt nicht mehr schlagen –«
    »So, willst du das nicht mehr?« schrie schrill der Botenjunge. »Sei froh, wenn ich dich nicht schlage! Willst du mir meine Papiere geben, du alter Lohndrücker, du?! Du vertrocknete Maßelle, du!«
    »Ja, ja! Bitte, Franz, schmeiß nicht noch mehr um!«
    »Und willst du mir meinen vollen Wochenlohn geben? Zwölf Mark!«
    »Franz, das geht nicht! Das ist Erpressung! Heute ist erst Donnerstag! Sechs Mark will ich dir geben – oh, du liebes Jesuskind im Himmel! Da schmeißt er schon wieder ein Regal um!«
    Donnergepolter ertönte, der Staub verdichtete sich, kläglich schrie Felten: »Ja, ja, Franz! Du sollst zwölf Mark haben! Höre nur endlich auf!«
    »Aber in drei Minuten, Chef«, klang drohend die Stimme aus der Staubsäule, »sonst fliegt wieder was hin!«
    »Ja, ja doch, Franz, laß mich doch nur suchen! Man sieht ja nichts vor Staub!« Sie hörten den Felten niesen, röcheln, husten, stöhnen, mit Papier rascheln. Auch sie husteten, rieben sich die Augen. Ein kalter, frischer Windzug fuhr in den Staub: Franz hatte die Ausgangstür aufgestoßen, um sich einen raschen Abgang zu sichern. Aus der sich senkenden Wolke tauchten zuerst die Häupter der Kämpfer auf, mit zerrauften Haaren, die Gesichter mit Staub und Schweiß verklebt. »Hier sind deine Papiere und dein Geld, Franz«, rief sanft der Chef und wedelte damit.
    »Und was haben Sie in der anderen Hand? Die Elle! Du falscher Hund, du!« schrie der Botenjunge. »Gleich legen Sie alles auf den Tisch – und nun gehen Sie ganz zurück, zu den beiden Hübschen da, sonst donnert’s noch einmal! So ist es recht, Chef, immer hübsch artig!« Der Junge nahm Geld und Papiere, sah sie flüchtig an. »Siehste, wie hübsch das geht, Chef!« rief er noch. Er warf sich mit aller Kraft gegen ein Regal. Der Donner des Sturzes mischte sich mit einem Klageseufzer von Herrn Felten. Laut schlug die Ausgangstür zu: der Junge war entflohen.
    »Da gibt es gar nichts zu lachen!« sagte Herr Felten verdrossen. »Den Bengel zeige ich bei der Polizei an! Den mache ich haftbar! Na, hört schon auf zu lachen, faßt lieber an beim Aufräumen. Lieber Gott, wie sieht mein schönes Lager aus –« Und zu diesem Seufzer hatte Herr Felten wirklich alle Veranlassung, das Lager sah aus, als hätten Räuber darin gehaust. Ganz unmöglich schien es, daß ein einzelner Junge in fünf Minuten eine derartige

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