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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Oojen jemacht, det kann ick dir flüstern, wie Mantelknöppe! Wat willste denn hier? fragt mir die Frau. Und denn noch mit det Balg?! – Erlobe mal, Tante Bertha, sare ick zu die Frau, der Balg is deine fleischliche Nichte und dir wie aus’t Jesichte jeschnitten, und denn wollt ick mir man bloß die kleene Anfrage erlauben, ob hier unter deine Schweine Keuchhusten ausjebrochen is? – Na, da mußte se doch lachen, und denn war se janz ordentlich. Det von’t vorje Jahr, hat se wieder jutgemacht und mehr wie det. Und det nächste Jahr soll ick wiederkommen, mit det Schicken is et ihr zu umständlich. Na, laß se, die is schlecht mit die Feder, vastehste? Adresseschreiben und so! – Det Kleed is ooch von ihr! Schöne Wolle, er jing nich mehr in’n Korb, aba dalassen, keene Ahnung! Hab ick’s über die andre Kleedage jezogen, haste det jemerkt?«
    Aber ehe Karl Siebrecht noch antworten konnte, fing die Lokomotive wild zu klingeln an, die Bremsen schrien, es gab einen gewaltigen Ruck, und der Zug hielt ganz plötzlich: sie wankten auf ihren Sitzen, Tilda fiel schreiend von der Bank – »Det is die Höhe!« schrie Rieke Busch. »Mir mein Kind von de Bank zu schubsen! Die Bande mach ick haftbar!«
    Karl Siebrecht hatte zum Fenster hinausgesehen: der Zug, aber eigentlich war es nur ein Zügle, hielt auf freier Strecke. Ein Schaffner lief an ihm entlang, ein langer, schwarzer, jetzt sehr aufgeregter Mensch, der in jeden Wagen stürzte … »Da ist was passiert«, sagte Karl Siebrecht zu Rieke Busch, die das weinende Kind zu beruhigen suchte.
    Sofort ergoß sich die Schale ihres Zorns über ihn. »Wat soll den passiert sind? Hier passiert doch nie nischt! Hier saren sich bloß die Hühner jute Nacht – und denn passieren! Det ist ja lachhaft! Und mir schmeißen se det Kind von de Bank – so wat is doch rücksichtslos! Det Kind kann sich doch eenen Leibesschaden tun! – Hören Se, Männecken«, wandte sie sich ohne weiteres an den aufgeregten Schaffner, der jetzt in ihr Abteil für Reisende mit Traglasten gestürzt kam, »hören Se, Männecken, wat is denn mit Ihre Klingelbahn los? Ihr Lokomotivführer hat woll eenen zu ville jekippt! Sie schubsen mir det Kind von de Bank –!«
    Aber ohne das empörte Mädchen zu beachten, hatte sich der Schaffner an die Untersuchung der rotweiß bemalten Notbremse gemacht. Nun wandte er sich an die beiden. »Ihr habt die Notbremse gezogen!« schrie er. »Wer von euch beiden hat die Notbremse gezogen? Das kost’ Strafe – das kost’ zehn Taler Strafe!« Er fing an, den Boden abzusuchen. »Da liegt ja der Draht! Und da ist die Plombe! Das sieht ja jeder, daß ihr die abgerissen habt! Das kost’ zehn Taler, und wenn ihr die nicht zahlen könnt, kommt ihr ins Loch!«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Karl Siebrecht, »wir haben bestimmt nicht an der Notbremse gezogen! Wir haben uns hier ganz ruhig unterhalten –«
    Aber seine Gefährtin war nicht für höfliche Erklärungen. »Sie sind ja komisch!« schrie sie im schrillsten Ton. »Sie sind ja ’n komischer Vertreta! Erst schmeißen Se det Kind von de Bank, und denn kommen Sie noch mit so ’ne Redensarten! Saren Se mal, haben Se keene Oogen im Koppe nich! Sehen Se vielleicht, wat für ’ne Jröße ick habe? Ick bin nich so’n langer Laban wie jewisse andere, ick reiche jar nich an Ihre dußlige Notbremse! Ja, kieken Se mir mit Ihre schwarzen Kralloojen ruhig an, ooch nich, wenn ick uff den Reisekorb klettre …«
    »Aber der Junge –«, wollte der Schaffner anfangen.
    »Der Herr! meenen Se! Det is een jebildeter Herr, der is nich wie andere, der rennt nich ’rum und brüllt die Leute an,det er se ins Loch steckt. Der hat ’nen Todesfall in die Familie jehabt, dem is nich nach Notbremse, und da kommen Se hier reinjestürzt!«
    »Aber man sieht doch deutlich, einer hat den Draht durchgerissen«, fing der Schaffner wieder an.
    »So, det sehen Se? Wat Sie allet sehen, an so ’nem Stücksken Draht! Woran sehen Se denn det, det eener den abjerissen hat? Kann denn Draht nich von selber reißen? Ich weeß det nich, aber Sie wissen’t: Draht reißt nie, der wird jerissen! Na ja, wer hier wohl jerissen is, Sie nich, Männecken, Sie nich!«
    Sie stand in ihrer grotesken Frauentracht, funkelnd vor Zorn, mit ihrem ganz hellen, völlig furchtlosen Gesicht vor dem Mann, der sie mit einem einzigen Schlage hätte niederschmettern können. Aber er dachte gar nicht daran, sie hatte ihn wirklich in Verwirrung gebracht. Er probierte noch immer an

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