Ein Mann will nach oben
alleene! Und überhaupt Auto – det sind doch allet Schlosser und Mechaniker, jloobste denn, det kannste von alleene, wat die sich in vier Jahren Lehre beijebogenhaben?! So mach man weiter, denn brauchste jar nich erst anzufangen, denn fahr man jleich bei deine Minna!«
Verdammt noch mal, die nahm kein Blatt vor den Mund, diese kleine Nüchterne! Ganz im geheimen hatte ja Karl Siebrecht wohl einen Traum in der Brust gehegt von einem sagenhaft reichen, edlen Mann, dem er irgendwie helfen konnte – manchmal rettete er ihm sogar das Leben! –, und dieser edle Einsame erkannte sofort die außerordentlichen Fähigkeiten des jungen Karl Siebrecht und ließ ihn aufrücken, bis er in ganz kurzer Zeit sein Nachfolger und Erbe wurde. Solchen Traum hatte er gehegt, manchmal. Aber Rieke Busch hatte nie geträumt, oder wenn sie geträumt hatte, war es um Waschfaß und Nähmaschine gegangen. Sie hatte eine außerordentlich feine Nase für verstiegene Erwartungen.
»Wenn de denkst, dir schenkt wer was«, sagte sie, und Karl Siebrecht hatte doch kein Wörtchen von seinem Traum verlauten lassen, »denn biste doof! Dir schenkt keener nischt, wat de dir nich nimmst, det kriegste nich. Und wat de jenommen hast, halt feste, sonst biste et jleich wieda los! Det is ’nen Haufen Jeld, wat de da hast, ick hab noch nie so ’ne Masse Jeld jesehen, aber wenn du’s nich festhälst, bistet los, ehe de Piep jesagt hast. Und übahaupt – du kannst nich schnell jenug Arbeeter werden und wie ’n Arbeeter aussehen. Wat denkste, wat se dir mit deinem Stehkragen und deine feine Tolle vaäppeln werden. Mach deinen Korb mal uff, ick will sehen, ob de vanünftije Klamotten hast, die de anziehen kannst bei de Arbeet. Sonst vascheuern wa morjen deinen Schraps, und du kaufst dir wat Richtijet. Röllchen – haste Töne! Aba die manchesterne Hose is jut. Wat, zu lang ist die? Da näh iß dir ’nen Einschlag rin, wat denkste, wat du aussehen wirst, wenn de erst richtig arbeetest. Ick werde mit meinen Ollen reden, valleicht jeht er jrade uff den Bau, und valleicht brauchen se da ’nen Handlanger.«
Ja, sie waren noch nicht in den Berliner Zug gestiegen, da war es schon ausgemacht – übrigens ohne daß Karl Siebrecht gefragt worden wäre –, daß Rieke zu Schwester und Vater auch noch diesen Jüngling unter ihre schützenden Fittichenehmen würde. Sie wußte auch schon eine Schlafstelle für ihn (»Zimmer is nich, det mach dir man ab – wat denkste, wat du zu Anfang vadienen wirst?!«), und sein Geld brachte er morgen noch auf die Sparkasse! Karl Siebrecht war mit all diesen Verfügungen über seine Person ganz einverstanden, nicht etwa, weil er aus Schlappheit oder Feigheit gewillt war, sich gleich wieder unter ein neues Kommando zu begeben, sondern weil er das Gefühl hatte, in den ersten Wochen seines Berliner Aufenthaltes tue ihm eine Führung recht gut. Später würde er dann schon selber sehen … Und außerdem gefiel ihm diese Rieke Busch sehr, sie kommandierte nicht etwa aus Herrschsucht, sondern aus gesundem Menschenverstand. Sie wußte Bescheid, und er hatte keine Ahnung.
Der Berliner Zug war proppenvoll. Sie mußten ihre Körbe übereinander stapeln, aber sie fanden dank Riekes Schlagfertigkeit doch Sitzplätze, und keine drei Minuten, so erheiterte Rieke den ganzen Wagen mit der Schilderung ihrer Kleinbahnfahrt. Karl Siebrecht vergaß den toten Vater, er mußte Tränen lachen, wie Rieke Busch in ihrer Frauentracht den langen Laban von Schaffner nachmachte. Sie hielt ein imaginäres Stück Draht zwischen spitzen Fingern und sagte immer wieder: »Der is doch jerissen, det sieht man doch! Der is doch nich jeplatzt, i wo!«
Und kaum war diese Vorstellung vorüber, so war Rieke Busch schon zu Karl Siebrechts Überraschung in einer sehr offenherzigen Erörterung seiner vergangenen und zukünftigen Lebensumstände. Irgendwelche Geheimnisse schien es bei ihr nicht zu geben. Da im Wagen viele Berliner saßen, war bald die lebhafteste Besprechung im Gange. Siebrecht wurde viele Male prüfend von der Seite angesehen, mußte Auskunft geben über seine Schulkenntnisse, die Rechenkünste, die Schönheit seiner Schrift, ja er mußte das Jackett ausziehen und die Oberarmmuskeln spannen. Er tat das alles gutwillig und lachend. Es waren wohl alles kleine Leute, die da mit ihnen im Wagen saßen, aber sie dachten wirklich darüber nach, ob sie was für ihn wüßten, sie wollten ihm gerne behilflich sein.
Leider stellte sich bald heraus, daß bei
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