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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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sich Nancy wie eine Mumie eingewickelt hat und meine Augen verschwollen und rot sind, bilden wir eine attraktive Gruppe von Frauen. Wofür auch immer es gut ist.
    »Die Männer, die dort sitzen«, ich deute mit meinem Kopf, »warum glaubt ihr wohl, schauen sie nicht zu uns herüber?«
    Nancy rutscht ein bisschen auf ihrem Stuhl hin und her.
»Das hier ist nicht gerade ein Ort, um neue Kontakte zu knüpfen.«
    »Nein, das weiß ich. Ich weiß, dass sie nicht herüberkommen, mit uns zu reden anfangen und uns ein Mittagessen bezahlen oder etwas in der Art. Aber warum glaubt ihr, schauen sie nicht einmal zu uns herüber?« Die anderen Frauen drehen sich ein wenig auf ihren Stühlen um und werfen mit äußerster Beiläufigkeit einen Blick auf die Männer. Ich habe kürzlich einiges eingekauft - Kalziumtabletten, bessere BHs, ergonomisch geformte Kissen fürs Bett und die gesamte Hautpflegeserie von La Mer. Sinnlose Gesten, nutzlose Versuche, das Unausweichliche aufzuhalten. Ich sehe, wie sich der Horizont verengt, höre ein Fenster zuschlagen. »Die Zeit läuft davon«, sage ich. »Nächstes Jahr werde ich vierzig. Alles, was ich nicht jetzt noch erlebe, erlebe ich vielleicht nie mehr.«
    »Die Zeit läuft nicht davon«, widerspricht Nancy.
    »Natürlich tut sie das«, erwidere ich. »So ist das nun mal mit der Zeit. Was sollte sie denn sonst tun?«
    »Die Menschen machen verschiedene Phasen durch.« Nancys Stimme leiert ein bisschen, als würde sie etwas wiederholen, dass Jeff ihr gesagt hat. »Tory wird erwachsen werden, sie wird gehen, und du und Phil, ihr werdet wieder in ein ganz anderes Stadium kommen.«
    »Nein. Er wird noch immer derselbe Mann sein. Ich werde noch immer die dieselbe Frau sein. Es tut mir leid, wie ich mich benehme, es tut mir leid, dass ich dieses Mittagessen kaputtmache, und es tut mir leid um all die anderen Mittagessen, die ich im Lauf der Jahre kaputtgemacht habe, aber es stimmt, und ihr wisst es alle. Ich habe den falschen Mann geheiratet.«
    »Elyse …«, sagt Kelly.
    »Entschuldigt mich«, wirft Nancy unvermittelt ein. Sie
steht auf, schiebt ihren Stuhl quietschend nach hinten und eilt Richtung Toilette davon. Ich habe einen schlechten Einfluss auf Nancy. Ständig läuft sie hinaus.
    »Es ist schwer für sie, wenn du so redest«, sagt Kelly. »Jeff ist Phil so ähnlich.«
    Ist er das?
    »Das siehst du doch wenigstens ein, oder?«, fährt Kelly fort. »Wenn du Phil verlässt, ist es, als hättest du Jeff verlassen. Es ist, als würdest du sagen, sie soll Jeff verlassen, sie will aber Jeff nicht verlassen.«
    »Ich habe nie gesagt, dass sie Jeff verlassen soll.«
    »Du musst es nicht laut aussprechen, es ist deine ganze Lebensphilosophie. Du glaubst, dass eine Frau, die klug ist, in der Ehe automatisch unglücklich wird.«
    »Sie ist enttäuscht vom bürgerlichen Leben«, erklärt Belinda. »Wie Madame Bovary.«
    Es ist vielleicht der einzige Satz, den sie hatte sagen können, der Kelly und mich zum Schweigen bringen konnte.
    »Ja … wie Madame Bovary …« Kelly spricht langsam, während sie versucht, wieder in Schwung zu kommen. »Wenn du also behauptest, dass eine Frau ihre Ehe desto mehr bereuen wird, je klüger sie ist, dann macht es nur Sinn, wenn auch das Gegenteil zutrifft. Wenn eine Frau zufrieden ist, dann muss sie dumm sein, zumindest nach Elyse’ Vorstellungswelt.«
    »Wisst ihr, was meiner Meinung nach an diesem Buch seltsam ist?«, sagt Belinda. »Madame Bovary hat keine Freundinnen.«
    Ich trinke einen Schluck Wein. Pinot Gris. »Wir haben alle nur herumgesessen …«
    »Ja«, unterbricht mich Kelly. »Wir haben alle herumgesessen und auf unsere Ehemänner geschimpft, wir haben alle auf unser Leben geschimpft, und du hast lauter als alle
anderen geschimpft. Das war mehr oder weniger dein Job. Aber, Elyse, ich habe nicht wirklich geglaubt, dass du etwas dagegen unternehmen wirst. Das hat keiner geglaubt. Du hast alle zu Tode erschreckt.«
    »Ich weiß.« Ich weiß es wirklich, und ungeachtet dessen, was alle denken, tut es mir leid.
    »Darf ich Sie in Versuchung führen?« Eine Bedienung schiebt einen dreistöckigen Dessertwagen auf uns zu. Er schwankt gefährlich auf dem Kopfsteinpflaster der Terrasse, und mit glänzenden schwarzen Fingernägeln zeigt sie auf die verschiedenen Sorten. »Wir haben Crème brûlée mit Buttertoffees, Margarita Mousse, Beeren auf Gallianosoße, gekrönt mit Mascarpone und Biscotti, Grapefruitsorbet, Schokoladensoufflé mit Erdnussbuttereis

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