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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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war es auch, obwohl mich die Wucht, mit der ihr ganzes Gewicht zu Boden stürzte, erschütterte und für einen Moment atemlos machte. Eine der Trainerinnen stand vor uns, um uns gegebenenfalls Hilfestellung zu leisten, musste aber nicht eingreifen. Ich fing Kelly perfekt auf, und die anderen Mädchen, die Cheerleaderinnen, die zurückkamen und für die das Auswahltraining nur eine Formalität war, klatschten.
    »Du bist gut«, sagte Kelly. »Von dir würde ich mich sogar bei einem Salto auffangen lassen.«
    Am ersten richtigen Schultag stand ich in der Cafeteria an und wollte eben mein Tablett nehmen und mich zu den Mädchen setzen, die ich noch von der Junior Highschool her kannte, als ich sie »Elyse?« rufen hörte. Beim Auswahltraining hatten wir Namensschilder getragen, dennoch überraschte es mich, dass sich Kelly an meinen Namen erinnerte und sogar wusste, wie man ihn ausspricht. Die wenigsten Leute wissen das. In der Junior Highschool wurde
ich die Hälfte der Zeit Elsie genannt. Kelly saß mit den anderen Cheerleaderinnen, den beliebtesten Mädchen der ganzen Schule, am Tisch und forderte mich auf, mit ihnen zu essen. Der Raum verschwamm vor meinen Augen. Sie war ein Star - natürlich wollten sie sie bei den Cheerleadern dabeihaben, und irgendwie hatte sie diese davon überzeugen können, auch mich aufzunehmen. Ich schaute auf mein Tablett, ignorierte die Gesichter meiner früheren Freundinnen, die mir bereits einen Platz freigeräumt hatten, und atmete tief durch. Das war’s, eine einzige beiläufige Einladung, und in diesem Moment war mir klar, dass sich mein ganzes Leben verändern würde.
    Nach einem Monat bekamen wir unsere Regelblutungen gleichzeitig. Ich kann mich beim besten Willen nicht an den Grund erinnern, aber wir gewöhnten uns an, in den Pausen zwischen den Unterrichtsstunden auf der Toilette unsere Blusen zu tauschen, und dann konnte ich den ganzen Tag über ihren Duft nach Babypuder riechen. Kelly saß in der Klasse und zeichnete auf die Rückseite ihres Spiralblocks mittelalterlich wirkende Pentagramme, die sie violett und pink ausmalte. Von ihr lernte ich, diese Muster zu zeichnen, und jahrelang schlangen sie sich um meine Tongefäße. Ihre Mutter war diejenige, die mir als Erste das Töpfern zeigte. Kelly wiederum übernachtete so oft bei uns, dass mein Vater, der mich immer Baby nannte, anfing, sie Baby zwei zu nennen. Wir ließen uns den gleichen Haarschnitt verpassen - lange, lockige Zotteln, die als »Zigeunerlook« bekannt waren und jeden Morgen zwanzig Minuten lang auf heiße Lockenwickler gedreht werden mussten. Wir umrandeten unsere Augen mit Kajal und unsere Münder mit schimmerndem Lippenstift von Yardley, der Berryfrost hieß. Wir kauften uns die gleichen schwarzen Stiefel mit Plateausohle und zogen dazu lange Pullis mit V-Ausschnitten und kurze
karierte Faltenröcke an, eine Zusammenstellung, die wir für intellektuell und witzig hielten, als wären wir Schülerinnen einer privaten Highschool, die nebenbei anschaffen gingen. Wenn ich mir Fotos von damals anschaue, überrascht es mich, wie sehr wir uns ähnlich sehen wollten.
    Eine Zeit lang gingen wir sogar mit Zwillingen aus, schüchterne, strebsame Jungs, die wir wahrscheinlich nie wahrgenommen hätten, hätte es sie nicht in zweifacher Ausführung gegeben. Die Freitage waren für Sportveranstaltungen reserviert, aber an den Samstagabenden fuhren wir mit den Zwillingen, die Kelly stets die »Gebrüder Pressley« nannte, ins Drive-in-Kino. Frank und ich saßen immer hinten, Kevin und Kelly vorne. Wir kannten einander so gut, dass wir gar nicht erst so tun mussten, als würden wir uns den Film anschauen. Noch während der Filmvorschau begaben wir uns in Position, und fast im gleichen Moment, wenn Kelly sich hinlegte und Kevin über ihr in Stellung ging, fing ihr Fuß an, in nervösem Rhythmus gegen den Sitz zu klopfen.
    Heute hört man immer, dass sich alles um Blowjob-Partys dreht und darum, was ein Mädchen für den Jungen tun kann. Ich aber bin in einer Zeit aufgewachsen, in der man von Mädchen nicht erwartete, dass sie in irgendeiner Weise aktiv wurden, und in der man einen Jungen vor Begeisterung fassungslos machte, wenn man sich einfach zurücklehnte und die Beine öffnete. Fast das ganze erste Highschool-Jahr und den darauf folgenden Sommer über sollte ich passiv daliegen, während sich Frank über mich beugte. Sein Gesicht war ganz weich und ernst vor Konzentration. Er untersuchte mich, als wäre ich ein

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