Ein Mann zum Abheben
bevor sie in meinem Ohr widerhallen. Der Trainer lässt den Ball los, und Tory holt aus, der Schlag wirft sie fast um.
»Sie hat gesagt, dass du talentiert bist«, berichtet er mir. »Sie hat gesagt, dass ich gut daran tue, so viel wie möglich von dir zu bekommen.«
»Sie hat Recht.« Ich stehe kerzengerade da und halte
mich am Maschendrahtzaun fest. Meine Körperhaltung ist perfekt, so als könnte er mich sehen.
»Bist du gerne Töpferin?«
»Es macht mich frei.«
Der Trainer kommt ein paar Schritte näher und versucht es erneut.
»Frei in dem Sinn, dass du leicht für ein paar Tage loskommen kannst?«
»O mein Gott. Meine Tochter hat eben ihren ersten Ball getroffen.« Der Ball fällt zwischen Abschnitt zwei und drei auf den Boden, und die Kinder, von denen sich einige inzwischen derart langweilen, dass sie sich aufs Spielfeld gelegt haben, knien sich hin und sehen zu, wie er an ihnen vorbeirollt. Der Trainer dreht sich in meine Richtung und grinst.
»Sie hat ihn getroffen?«
Ich erzähle ihm, dass sie ihn nicht nur getroffen, sondern ihn richtig fest getroffen hat. Er erzählt, dass er die Bank manchmal hasst. Manchmal glaubt er, dass es da draußen noch ein ganz anderes Leben gibt. Unterrichten oder eine Fahrradwerkstatt in Key West. Irgendetwas Handfestes. Etwas Einfaches. Etwas, bei dem man mit dem Herzen dabei ist. Ob ich schon mal darüber nachgedacht hätte, dass wir alle da draußen vielleicht ein ganz anderes Leben führen könnten? Ein Knall, lauter als der erste, und diesmal fliegt Torys Ball hoch in den Himmel und fällt irgendwo in dem leeren grünen Feld hinter dem dritten Abschnitt herunter.
Es ist schon so lange her, seit ich zuletzt ein derartiges Verlangen verspürt habe, dass ich zuerst fälschlicherweise an Grippe denke.
Es muss eine Erklärung dafür geben, dass ich am nächsten Morgen mit einem flauen Gefühl im Magen aufwache und
mich im Badezimmer mit beiden Händen am Waschbecken festhalten muss, bis ich auf sicheren Beinen stehe. Beim Blick in den Spiegel wirkt mein Gesicht fahl und fremd.
Es fühlt sich ein Stück weit nach Schwangerschaft an, aber ich bin nicht schwanger. Jeden Morgen schlucke ich eine kleine blaue Pille, und ich bin froh, dass Phil vor ein paar Jahren die Sterilisation, die wir uns überlegt hatten, nicht vornehmen ließ, und wir uns entschieden, die Tür offen zu halten, wie er sagt. So habe ich einen Grund für die Einnahme der Pille und vielleicht … Gerry habe ich nicht danach gefragt. Er hat drei Kinder, und es kann gut sein, dass er, wie Phil es nennen würde, gekappt ist. Ich weiß nicht, wie ich diese Frage stellen soll, deshalb ist es gut, dass ich sie nicht stellen muss. Ich drücke die Pille durch die Folie und schlucke sie.
Den ganzen Tag über fühle ich mich träge und launisch. Ich kann mich nicht auf die Töpferscheibe konzentrieren und gehe zurück ins Wohnzimmer, um durch die Programme zu zappen, bis ich einen Spielfilm mit Bette Davis finde. Vielleicht bin ich krank, denke ich und lege mich auf die Couch. Ich sage das Walking mit den Mädels ab, und mir fällt nichts Reizvolles ein, das ich zum Mittag kochen könnte. Als ich um zwei Uhr die Kinder abhole, biege ich versehentlich in die Fahrbahn für Schulbusse ein und muss eine peinliche Kehrtwendung in drei Zügen machen, während die anderen Mütter in den Autos sitzen und zuschauen. Ich setze das erste Kind zu Hause ab, und als Tory quengelt, dass sie bei ihrer Freundin Taylor mitaussteigen will, gehe ich mit den Mädchen zur Küchentür und frage Taylors Mutter, ob das in Ordnung geht. Sie sagt, selbstverständlich, das sei gut, und dass ich ein bisschen müde aussehe. Ich sage ihr, dass das vielleicht die Grippe ist, sie sagt, ja, sie hätte gehört, dass etwas rumgeht.
Den ganzen Tag über bewahre ich mein Handy in meinem Büstenhalter auf. Zum Abholen der Kinder habe ich es ausgeschaltet, und sobald ich heimkomme, schau ich nach, ob irgendwelche Nachrichten eingegangen sind. Natürlich hat er nicht angerufen. Es ist erst einen Tag her. Er wird nicht jeden Tag anrufen. Ich gehe hinaus in die Garage und setze mich an die Scheibe. Ich gehe hinaus in den Garten und jäte ein bisschen Unkraut. Ich lege mich aufs Bett und stehe wieder auf. Ich lade eine Trommel Wäsche in die Waschmaschine, schalte sie aber nicht ein.
Um 16 Uhr 16 vibriert meine Brust.
»Ich glaube, ich werde krank«, erzähle ich ihm.
Er sagt, dass er sich auch nicht sonderlich gut fühlt.
Kapitel 8
Ich stehe
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