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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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Jeanshemd, das einen Kragen nach Art der Amish hatte. Doch das war vor acht Jahren. Jetzt haben wir normalerweise Sex in X-Form: Unsere Köpfe sind in verschiedene Richtungen gedreht, unsere Körper berühren sich nur im Beckenbereich. Diese Stellung habe ich wohl das erste Mal in einer alten Cosmopolitan -Ausgabe gesehen, und damals dachte ich, dass das Spaß machen würde, weil es einmal etwas anderes ist, etwas von den Dingen, die man gelegentlich ausprobiert. In jener Nacht nahm ich die Illustrierte mit ins Bett, Phil warf einen Blick darauf und sagte: »Kann funktionieren.« Ich bin mir nicht sicher, ab wann es unsere Standardstellung wurde, doch inzwischen begeben wir uns automatisch in diese Position. In einem X kann man sich nicht küssen. Man sieht sich nicht in die Augen. Der Vorteil ist, dass der eine nicht die Brust des anderen zerquetscht, und keiner muss sein Gewicht mit einem unnatürlichen Liegestütz zurückhalten. Ich bin mir nicht sicher, wann Phil und mir zum ersten Mal aufgefallen ist, wie schwer wir sind.
    Zwanzig Minuten später, nachdem wir die Zähne geputzt, die Katzen hinausgelassen, die Schlösser kontrolliert und die Alarmanlage eingeschaltet haben, gehen wir ins Bett. Wir rücken zur Mitte.
    Ich lege mich zurück und schließe die Augen. Sobald du dich im X befindest, vergisst du leicht, wo du bist. Du kannst dir mühelos vorstellen, dass du mit einer anderen Person
zusammen bist - oder dass du selbst eine andere Person bist. Zweitausend Dollar und ein Aktienguthaben reichen nicht weit. Ich muss jeden Auftrag annehmen, den ich bekommen kann, auch die beschissenen, und ich muss mindestens noch ein Jahr bleiben. Das bedeutet noch zweiundfünfzigmal X-Stellung, sechsundfünfzigmal, falls wir in Urlaub fahren. Phil unternimmt einen halbherzigen Versuch, mich auf sich zu ziehen, aber ich rolle zurück, und als wir uns an den Hüften verbinden und er mit seinem üblichen Schaukelrhythmus anfängt, denke ich, dass das nicht übel ist, wirklich, es ist irgendwie beruhigend und nett. Gerry hat nicht angerufen, ich habe mich lächerlich gemacht. Was ist, wenn ich eine Ehe und eine Familie ruiniere, um dann wieder am Ausgangspunkt zu landen? Was ist, wenn sich das, was ein Ausgang zu sein scheint, nur als weiterer Spiegel herausstellt? Vielleicht bin ich ja in alle Ewigkeit dazu verdammt, in meine eigenen Spiegelbilder zu laufen und zu sagen: »Mist, ich glaube, es war am Ende doch mein Fehler?« Vielleicht hat Jeff ja Recht, und es gibt Möglichkeiten, mich auch in meinem Alltagsleben wie eine wichtige Person zu fühlen. Im letzten Track auf der vierten Ehe-CD wurden neue Dessous vorgeschlagen. Das könnte ich ausprobieren. Ja, es ist ein Klischee, aber manchmal funktionieren Klischees. Phil murmelt etwas, lässt eine Hand unter meine Hüfte gleiten, um mich ein bisschen weiter zu sich zu drehen und einen besseren Winkel zu finden. Ich sage mir, dass es nicht so übel ist, es ist sogar irgendwie angenehm, doch dann frage ich mich, wie ich mich heute Nachmittag gefühlt hätte, wäre in der Leitung Gerrys Stimme zu hören gewesen. In einem verborgenen Winkel meines Herzens weiß ich, dass ich alles dafür geben würde, wieder in der Flughafenkapelle von Dallas zu sein. Allmählich glaube ich, dass ich wie Elizabeth Taylor in einem alten Spielfilm bin, dass mit
meinem Verstand etwas Wesentliches nicht stimmt, dass ich nichts so sehen kann, wie es eine normale Frau sehen würde.
    Ich habe einen Fehler gemacht, als ich Phil geheiratet habe, und ich weiß, dass ich für diesen Fehler bezahlen muss - die Frage ist nur, wie lange ich bezahlen muss. Ich finde, dass ich schon ziemlich lange dafür bezahle. Und Gerry, Gerry ist ein Aufreißer, eindeutig ein Aufreißer. Eindeutig unerreichbar, eindeutig ein viel zu geübter Küsser, eindeutig verheiratet, eindeutig die falsche Wahl. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er nicht zurückgerufen hat. Phil war ein Fehler, und Gerry ist es vermutlich auch - doch manchmal scheint es nur eine einzige Möglichkeit zu geben, einen Fehler wiedergutzumachen: Man muss einen neuen Fehler machen.
    »Ich muss …«, sagt Phil, und ich antworte, dass das okay ist, ich bin nicht nah dran. Er stößt noch ein paar Sekunden zu, zittert und rollt sich von mir weg. Seine Hand streicht mir über die Haare. Ich kann nur vermuten, dass das Zuneigung ausdrücken soll. »Entschuldige«, flüstert er, und ich sage ihm, dass es mir gutgeht.

Kapitel 7
    Der Softball-Trainer ruft an,

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