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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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Vielleicht möchte ich mich ja schneiden. Vielleicht verdient eine Frau, die so viele Sachen zerbricht, dass sie sich schneidet.
    Doch Lewis hat Recht, die Stücke sind wunderschön - und zu retten. Nach einer Weile wische ich mir das Gesicht ab, stehe auf und gehe in den Feuchtraum. Aus den Regalen ziehe ich eine einfarbige Keramikvase und versuche mir vorzustellen, wie es aussehen würde, wenn ich die Scherben direkt draufkleben würde. Jetzt, wo ich innehalte und sie mir genau anschaue, stelle ich fest, dass die Muster wirklich außergewöhnlich sind, zerbrochen sind sie noch interessanter, als sie jemals im vollständigen Zustand waren. Während ich anfange, die Stücke um den Hals der Vase zu arrangieren, summe ich. Das ist nicht das, was ich Mrs Chapman gezeigt habe, aber wer weiß, vielleicht gefällt es ihr ja. Derzeit ist aber schwer zu sagen, ob es mir selbst gefällt. Ich bin so vertieft, dass ich den Van der Fahrgemeinschaft nicht in die Auffahrt einbiegen höre und völlig überrascht bin, als Tory den Knopf drückt, um das große Garagentor zu öffnen, und hereinkommt. Sie wirft ihren Schulrucksack neben mich auf den Boden.
    »Ich habe Diphtherie.«
    »Das ist ja scheiße«, antworte ich. Sie spielen in der Schule gerade »Oregon Trail«. Dabei müssen die Kinder innerhalb einer bestimmten Zeit und mit einem festgelegten Geldbetrag ihren Planwagenzug von St. Louis nach San Francisco führen, wobei unterwegs alle möglichen unerwarteten Ereignisse eintreten können. Jetzt hat meine Tochter ohne eigenes Zutun eine schlechte Karte gezogen und stirbt mitten in der Prärie. Ich mag dieses Spiel, und das nicht nur, weil sie dabei Mathe lernt und Geschichte und Geografie. Ich finde, bei einem guten Spiel müssen sich Geschicklichkeit
und Zufall die Waage halten, so wie im richtigen Leben auch.
    »Scheiße, scheiße, scheiße«, sagt sie, erfreut darüber, dass ich ihr stillschweigend die Erlaubnis gebe, ein Wort zu benutzen, dass ihr Vater verbietet. »Jetzt kann ich zwei Tage lang nicht mehr spielen und muss einen Aufsatz über Diphtherie schreiben.« Sie spricht das Wort langsam aus und fügt überflüssige Silben ein. Diph-i-the-rer-ri.
    »Heute haben die Bearden-Mädchen einen schlechten Tag«, bestätige ich ihr. »Schau, was mit Mommys Töpfen passiert ist. Pass auf«, füge ich hinzu, als sie einen Finger ausstreckt. »Die Kanten sind scharf.«
    »Warum gibt es Kanten?«
    »Was?«
    »Kanten verletzen Leute.«
    »Nicht immer.«
    »Man kommt an eine Kante, und entweder schneidet man sich, oder man rutscht ab.«
    Darauf fällt mir nichts ein. »Du kannst das Medizinbuch benutzen, das deinem Daddy gehört, und Diphtherie nachschlagen.« Sie sieht mich an, als wäre ich bescheuert.
    »Ich googel es einfach«, sagt sie.
    »Oh, auch gut.«
    »Bekommen die Menschen heute noch Diphtherie?«
    »Nein, dagegen impft man schon die Babys.«
    »An was sterben die Menschen heute?«
    Krebs, erkläre ich ihr. Herzinfarkte. Alles Sachen, die kleine Mädchen so gut wie nie bekommen.
    Das Telefon klingelt. Sie rennt los, um abzunehmen, und schiebt mir den Hörer, da ich klebrige Hände habe, unters Kinn. Dann geht sie in die Küche. Es ist Belinda.
    »Ich habe mir überlegt, dass wir vielleicht ein Eis essen gehen könnten.«

    »Nur wir beide?«
    »Wir und die Kinder.«
    »Ich weiß nicht so recht. Wir haben hier heute einen beschissenen Tag. Tory hat sich auf dem Oregon Trail Diphtherie geholt, und mir sind Töpfe im Wert von mehr als tausend Dollar kaputtgegangen.«
    »Um so mehr Gründe für ein Eis. Wir kommen vorbei und holen euch ab.«
    Es gab eine Zeit, da hätte Belinda nie und nimmer die Initiative für einen Ausflug ergriffen, selbst nicht für einen so einfachen wie diesen. Und es gab eine Zeit, die wohl nur ein paar Monate zurückliegt, da hätte sie jede Entscheidung mit Nancy abgesprochen, selbst eine so einfache wie diese. Tory wird begeistert sein, einen Grund zu haben, ihre Hausaufgaben links liegen zu lassen, und ich möchte nicht wirklich an die Töpfe denken. »In Ordnung. Eis essen ist eine gute Idee.«
     
    Während die Kinder Eiswaffeln mit auf den kleinen Spielplatz hinter Ben & Jerry’s nehmen, setzen Belinda und ich uns auf eine Bank und trinken heiße Schokolade. Wir unterhalten uns darüber, dass Merediths Mathelehrer viel zu streng zu den Kindern ist, als Belinda mich plötzlich am Arm packt.
    »Schau.«
    Ich brauche einen Augenblick, um sie zu erkennen. Lynn kommt aus dem Starbucks auf der

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