Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
Vom Netzwerk:
dem Sonnenbrand gescheuert. Ich sage dir, Elyse, ich bin so gut wie hinüber. Die Party fängt in zwei Stunden an, und ich weiß nicht einmal, ob ich die Kraft habe, meine Haare zu föhnen.«

    »Guter Gott.«
    Sie schenkte Wein zuerst in ein Glas, dann in ein zweites. »Was?«
    »Nichts. Weihnachten macht mich nur ein bisschen kirre.«
    Sie schaute sich im Zimmer um. »Sieht aus, als hättest du alles im Griff. Weißt du, dass ich noch kein einziges Geschenk gekauft habe? Wahrscheinlich bestelle ich einfach bei Crate & Barrel online oder so und zahle am Ende ein Vermögen, damit sie mir alles in letzter Minute zustellen. Todd … er feiert kein Weihnachten. Natürlich tut er das nicht, warum sollte er? Aber mich macht es irgendwie traurig, dass er das nicht hinkriegt. Ich weiß, ich weiß, ich habe mir nie die Mühe gemacht, einen Baum aufzustellen, ich komme einfach hierher, betrinke mich und schau mir euren an. Er versucht’s, er versucht’s wirklich. Er hat mich nach Hawaii mitgenommen und mir ein Geschenk dagelassen, das heißt, ich nehme an, dass er das hat, denn auf meiner Küchentheke liegt eine Tiffany-Schachtel, und ich wüsste nicht, wer sie sonst dorthin gelegt haben sollte. Aber weißt du, was mich daran stört? Es ist dasselbe langweilige alte blau-weiße Geschenkpapier, das sie immer benutzen. Sie nehmen nichts Besonderes, damit es nach einem Weihnachtsgeschenk aussieht.«
    Wir schauten gleichzeitig zum Weihnachtsbaum, unter dem etwa fünfundzwanzig verpackte Geschenke lagen. Ich hoffte nur, dass ich mich daran erinnern konnte, was in welcher Schachtel war, denn sobald Kelly weg war, würde ich die Namensschilder wieder anbringen müssen. Es half mir gar nichts, dass sie alle in dasselbe Geschenkpapier eingewickelt waren - ich hatte die Rolle mit fünfundzwanzig Metern grün-rot kariertem Papier im Sonderangebot gekauft. In letzter Minute einkaufen und alles anliefern lassen, kam für mich nicht infrage. Phil hatte zweiundsechzig Patienten.
Wir zählten sie. Wir kannten sie alle beim Namen. Als Mr Ziegler altersbedingt verstarb, trauerten wir um ihn, und wir betrauerten auch die Tatsache, dass er seine halbjährliche Zahnreinigung nicht mehr brauchte. Wir hatten Angst, dass wir das Haus vorschnell gekauft hatten, und überlegten uns, ob es besser gewesen wäre, noch ein Jahr in unserer Wohnung zu bleiben. Ich las die Stellenanzeigen, allerdings nur zeitweise und halbherzig, weil ich Tory absolut nicht in eine Tagespflege geben wollte. Damals verkaufte ich Töpfe für fünfundzwanzig Dollar, sofern ich sie überhaupt verkaufte, und ich kaufte meine Weihnachtsgeschenke langsam, eins nach dem anderen, angefangen im Sommer, wenn wir auf unserem Weg nach Savannah an den Outlet-Einkaufszentren vorbeifuhren. Ich kaufte sie mit großer Sorgfalt, bewahrte sie im Kleiderschrank auf, holte sie dann unmittelbar vor Weihnachten heraus und wickelte sie in billiges Target-Papier.
    »Tja«, sagte Kelly, »du hast zu tun, ich habe zu tun. Ich denke, ich muss gehen.« Den Wein hatte sie nicht angerührt. Wahrscheinlich würde ich die ganze Flasche hinunterkippen, sobald sie weg war.
    Sie stand auf, zog sich ihre Missoni-Jacke an und hauchte einen Kuss in die Luft über meinem Kopf. Ich beobachtete, wie sie ging, stand mühsam auf und ging zu meinen Plätzchen. Wenn ich aus jeder Tüte ein paar herausnahm, würde ich genug haben, um die letzten zwei Tüten fertigzustellen, ohne nochmal backen zu müssen, zudem glaubte ich nicht, dass eine der Frauen wirklich die Plätzchen zählen und herausfinden würde, dass ich geschummelt hatte. Obwohl man sich bei Nancy natürlich nie sicher sein konnte.
    Die Tür knarrte. Ich drehte mich herum. Kelly stand im Türrahmen, das Haar vom Regen patschnass.
    »Ich wollte mich nur bei dir bedanken«, sagte sie mit
dünner, näselnder Stimme, »dafür, dass du mir das Gefühl gegeben hast, als würde meine ganze Welt einfach beschissen sein.«
    »Von was redest du?«
    »Von deinem Leben, Elyse, muss es denn so verflucht vollkommen sein? Der Baum, die Plätzchen, die Geschenke, das Feuer im Kamin und die Weihnachtsmusik … Muss dein Leben tatsächlich auch eine verdammte Filmmusik haben? Wahrscheinlich hätte ich die Zähne zusammengebissen und es ausgehalten … Ich will damit sagen, ich hätte die Tatsache, dass dieses ganze Haus nach Zimt duftet, aushalten können … Ich habe es schon gerochen, als ich noch nicht einmal zur Tür herein war, aber ich hätte es wahrscheinlich

Weitere Kostenlose Bücher