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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Despoten unvermutet von der Bohnensuppe des gemeinen Söldners zum gefüllten Wildbret und zur Krone emporgehoben hatte, sondern der Sohn eines idumäischen Fürsten und einer arabischen Prinzessin. In seinen Venen und Arterien, die zu durchtrennen noch niemandem gelungen war, pulsierte sehr wohl königliches Blut, auch wenn Herodes, wie der Kaufmann auf dem Schiff erklärt hatte, nicht als legitimer König der Juden erachtet wurde. Und er war kein untätiger Fürst, hatte er sich doch nach und nach die Parther, die Araber und dann auch die Juden untertan gemacht. Der Legat begriff, weshalb der Kaiser eine so hohe Meinung von Herodes hatte; Augustus wußte einen echten König zu erkennen. Da er auch auf Details zu achten gewohnt war, warf der Legat einen verstohlenen Blick auf die Kleidung des Königs: Er war der Mühe wert. Ein purpurrotes, mit Gold und Silber besticktes Gewand, das in der Hüfte durch einen breiten, aus Gold geflochtenen und mit Edelsteinen besetzen Gürtel gehalten wurde, umhüllte großzügig die etwas beleibte Fülle des Monarchen. Ein runder Smaragd von der Größe einer Kirsche funkelte an einem Finger, ein Rubin derselben Größe an einem der anderen Hand. Die schwarzen Ziegenlederstiefel waren ebenfalls golddurchwirkt. Bei zahlreichen Stammesfürsten, denen der Legat begegnet war, hatte ein solches Übermaß an Schmuck und Putz nur deren Mangel an Selbstbewußtsein verraten. Bei Herodes war dies kein Übermaß, sondern nahezu betonte Unverschämtheit. Von irgendwoher erklang Flötenmusik; hinter einem der Vorhänge mußte sich wohl ein Spieler verbergen. Unmittelbar vor den bereitgestellten Tischen ließ sich Herodes auf der mittleren Liege nieder, und er lud den Legaten ein, auf der Liege zu seiner Rechten Platz zu nehmen. Sie haben also, dachte der Legat bei sich, die Eßgewohnheiten von uns Römern angenommen. Kämmerlinge geleiteten die Leute der Eskorte an ihre Plätze.
    Der Wein wurde serviert, jedoch nicht in Bechern, sondern in goldenen griechischen Rhyta, trinkhornähnlichen Gefäßen in Form von Widderhörnern. Natürlich wurde Herodes zuerst bedient, doch er schien gar keine Notiz davon nehmen zu wollen, solange nicht ein Sklave hinter ihm aus dem Gefäß gekostet hatte. Jedermann wartete, bis der König den ersten Schluck tat. Endlich hob Herodes sein Rhyton, prostete dem Legaten zu und trank. Der Gesandte kostete das Getränk, das er vollmundig und lieblich fand und dem Gewürznelken beigesetzt waren. Er bat, es ihm mit Wasser zu mischen. Unterdessen hatte die musikalische Untermalung an Klangfülle zugenommen, doch gerade nur soviel, um Herodes’ Unterhaltung mit seinem Gast zu überdecken: Wie des Cäsars Befinden sei? Welches seine jüngsten Siege gewesen seien? Ob der Legat eine angenehme Überfahrt gehabt habe? Und was denn nun der werte Grund seines Besuches sei? »Ich bin gekommen, um dir, König Herodes, den Volkszählungserlaß zu unterbreiten, den Cäsar Augustus in deinem Königreich ins Werk gesetzt zu sehen wünscht.«
    Kaum daß Herodes auch nur mit der Wimper zuckte, während er fortgesetzt lächelte. Immerhin, von nun an würde er seinen Steuerertrag mit dem Kaiser zu teilen haben. Aber wird er das auch tatsächlich tun? fragte sich der Legat.
    »Des Cäsars Wunsch wird mir Befehl sein«, meinte Herodes.
    Man hatte begonnen, die Speisen aufzutragen. Zunächst kamen gefüllte Rebhühner in Granatapfelsaft, dann Langusten- und Olivenspießchen, gefolgt von in Honig gegarten Zitronenschalen, um zwischen den Gängen den Geschmack zu neutralisieren. Nun gab es in Öl gebratene Seezungen mit Sauerrahm, Zwiebeln und gehackter Petersilie, gekochte Entenbrüstchen mit Feigen in Weinsoße, anschließend Johannisbrotsaft, um wiederum den Gaumen zu erfrischen, und weiter ging es mit Lammbraten, der mit Wurzelstockstückchen des Aronstabs garniert und mit Hilfe von Schalotten und einer Safransoße pikant gemacht war, außerdem Zichoriensalat, mit Olivenöl, Knoblauch und Salz angemacht, und schließlich Honigbrot, dazu Sahne, Mandel- und Dattelgelee, allerlei Backwerk sowie frische Trauben. »Ich hatte gehofft, dir gefüllte Wachteln mit Nachtigallenzungen anbieten zu können«, sagte Herodes, »doch unglücklicherweise haben wir noch nicht die rechte Jahreszeit für Nachtigallen.«
    Der Legat murmelte ein verlegenes Kompliment; das Mahl war ohnehin exotisch genug, um Stoff für mehr als eine Unterhaltung abzugeben, wenn er erst einmal wieder zurück in Rom war.
    »Ich habe

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