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Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Bratley
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mich auf den heutigen Abend zu konzentrieren. Ich machte den Mund auf, um Isabel zu fragen, was ich zu Andrews Dinnerparty anziehen sollte, schloss ihn aber gerade noch rechtzeitig. Isabel hatte mir deutlich zu verstehen gegeben, dass sie mein Erscheinen dort nicht befürwortete. Ich hätte im umgekehrten Fall genauso reagiert. Sie schaute auf ihre Uhr und stellte das Weinglas ab.
    »Du kannst nicht in deinem Morgenmantel dorthin«, sagte sie plötzlich, als könnte sie meine Gedanken lesen. »Sollen wir deinen Kleiderschrank mal durchkämmen?«
    »Ich dachte …«, sagte ich und lächelte sie dankbar an.
    »Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe, aber …«, antwortete sie und holte tief Luft. »Aber du musst aussehen, als hättest du dein Leben im Griff, auch wenn du weit davon entfernt bist.«
    Ich grinste. Wir standen auf, streckten unsere Beine, nahmen die halb leere Flasche Wein mit und gingen ins Schlafzimmer, das nach dem warmen Sonnenschein im Garten kühl und dunkel war. Isabel schwang die Tür des Kleiderschranks auf und warf einen Blick auf meine Klamotten. Ich stand neben ihr und zeigte auf ein schwarzes Kleid mit Peter-Pan-Kragen.
    »Wie wär’s hiermit?«, sagte ich, nahm es heraus und ließ den Stoff durch meine Hände gleiten. »Nicht zu auffallend?«
    »Gehst du zu einer Beerdigung?«, lautete Isabels Kommentar und fuhr mit der Hand über die Bügel auf der Kleiderstange. »Ich glaube, das hier passt besser«, sagte sie und zog einen Overall im Zebralook heraus, den ich bei eBay gekauft, aber noch nie getragen hatte. »Wenn du da schon hingehst, dann richtig.«
    Ich war mir unsicher, denn ich hatte diesen Overall in einem prämenstruellen, wilden Kaufrausch im Internet erstanden, mich aber noch nie getraut, ihn zu tragen. Eine halbe Stunde später hatte ich ihn an. Das rote Haar war perfekt geföhnt und das Make-up aufgetragen. Ich machte mich in einem tranceähnlichen Zustand fertig und weigerte mich, auch nur einmal an Joe zu denken. Stattdessen konzentrierte ich mich auf – nichts.
    »Sehr gut«, sagte Isabel. »So wie du jetzt aussiehst, wirst du auf keinen Fall ein Opfer sein.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, wandte ich ein.
    Isabel und ich gingen gemeinsam zur U-Bahn-Station, und sie umarmte mich fest, als wir uns an den Fahrkartenautomaten voneinander verabschiedeten.
    »Sei vorsichtig!«, ermahnte sie mich. »Versuch, dich nicht von deiner alten Vernarrtheit mitreißen zu lassen! Hör ihm kritisch zu! Beobachte ihn! Denk nach! Wäge sorgfältig ab! Du weißt, es ist noch nicht zu spät für Joe.«
    Mein Herz zog sich zusammen, als sie Joes Namen erwähnte. Ich hatte den ganzen Nachmittag vermieden, an ihn zu denken. Je länger wir uns nicht sahen, umso mehr schienen Raum und Zeit zwischen uns Form anzunehmen und sich zu etwas Undurchdringlichem zu verfestigen, was mich in Panik versetzte – trotz meiner Versuche, mir selbst einzureden, das Richtige zu tun.
    »Okay«, sagte ich zu Isabel. »Ich habe dich gehört, und ich bin mir selbst nicht sicher, was ich hier gerade tue. Ich weiß nur, dass ich es tun muss, um irgendwie herauszufinden, was ich wirklich fühle. Was nicht bedeutet, dass ich Joe nicht liebe.«
    »Aber es kann bedeuten, dass du ihn verlierst«, entgegnete Isabel sanft. »Wähl deine Schritte mit Bedacht!«
    Ich nickte, gab einen Stoßseufzer von mir und ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Ich betrat die U-Bahn-Station, wo ich mir in Erinnerung rufen musste, wo ich hinwollte. Andrew wohnte in Holland Park, also musste ich an der Victoria Station umsteigen. Ich zog meine Oyster-Card aus der Handtasche. Dabei fiel Joes Bild vom Café auf den Boden. In dem Moment, als ich mich danach bückte, fegte ein plötzlich aufkommender Windstoß es hinaus auf den Bürgersteig, wo Menschen in einer Schlange auf den Bus warteten.
    »Entschuldigung«, sagte ich und stieß ein paar von ihnen mit dem Ellenbogen an, um hinzugelangen und das Bild aufzuheben. Gerade als ich mich bückte, trat jemand mit schweren Stiefeln darauf, worauf es an den Seiten einriss. Als der Mann mit den Stiefeln wieder wegging und ich das Bild aufhob, sah ich, dass es schmutzig und zerknittert war.
    »Mist«, rief ich und stopfte es schnell wieder in meine Tasche. »Jetzt ist es hinüber.«
    Ich lief die Treppen hoch zu den Zügen. Wähl deine Schritte mit Bedacht!, hörte ich Isabels Stimme in meinem Kopf. Wähl deine Schritte mit Bedacht!

1 6. Kapitel
    A ls ich von der U-Bahn-Station Holland Park zu

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