Ein Milliardär entdeckt die Liebe
Ferraris gleiten.
Im Rückspiegel beobachtete er, wie Jess den schlafenden Windhund aus der Pfütze hob, ohne darauf zu achten, was das mit ihrer Kleidung anstellte. Während sie den Hund behutsam auf den Rücksitz ihres alten Landrovers legte, stürmten die anderen beiden Hunde auf sie zu, als hätten sie sie wochenlang nicht gesehen – dabei war nicht einmal eine Stunde vergangen. Cesario war bekannt, dass Jess alle herrenlosen Tiere aus der Gegend bei sich aufnahm, und er bewunderte sie für ihren Großmut und ihr Mitgefühl. Ihre Gleichgültigkeit gegenüber ihrer äußeren Erscheinung jedoch konnte er nicht gutheißen. Sie war schön, aber sie benahm sich nicht so, und das wiederum verwirrte einen Mann, der daran gewöhnt war, dass Frauen generell oberflächlich und durchschaubar waren. Irgendwann war Jessica Martin etwas zugestoßen, das verhindert hatte, dass sich bei ihr die Selbstverliebtheit und die anspruchsvolle Erwartungshaltung der typischen Schönheit entwickelten. Da war sich Cesario sicher.
Jess parkte ihren Landrover neben dem Ferrari vor der beeindruckenden elisabethanischen Villa. Das altehrwürdige Halston Hall mit seinen alten Ziegelsteinmauern und den bauchigen Bleiglasfenstern, in denen sich die Sonne brach, strahlte einen bezaubernden Charme aus. Dot Smithers hatte Jess und ihre Mutter zwar einmal zu einem erinnerungswürdigen Kaffee in die Küche eingeladen, aber das Haupthaus hatte Jess noch nie betreten. Generationen von Dunn-Montgomerys hatten in Halston Hall gelebt und zahlreiche männliche Erben hatten hohe Posten in der Regierung besetzt, aber für Tage der offenen Tür waren sie nie zu haben gewesen. Liquiditätsprobleme hatten dann vor sechs Jahren gezwungenermaßen zum Verkauf des Anwesens geführt. Zur großen Erleichterung des Personals, das um die Arbeitsplätze fürchtete, hatte Cesario di Silvestri den Besitz mitsamt Personal übernommen, das Haus renovieren lassen, das Ackerland mit modernen Methoden wieder ertragreich gemacht und ein erfolgreiches Gestüt aufgezogen.
Nach Dots Pensionierung hatte Tommaso, ein rundlicher Italiener, ihre Stelle übernommen, der Jess jetzt mit überschwänglichen Gesten ins Haus bat. Trotz aller Nervosität gelang es Jess, ihre Neugier zu zügeln und sich nicht mit vor Staunen offenem Mund in der prächtigen Eingangshalle umzusehen. Sie wurde in ein modernes Büro geführt, in dem die neueste Technik mit holzvertäfelten Wänden und dem pittoresken Blick auf von Buchsbaum eingegrenzte Blumenrabatten kontrastierte.
„Sie sagten, es gehe um Ihre Familie?“ Die leichte Ungeduld in Cesarios Stimme war nicht zu überhören, obwohl er, mit einer Hüfte an den Schreibtisch gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, das Bild der verkörperten Lässigkeit bot.
„Ja. Sie leben im Dorf als Ihre Pächter, mein Vater und meine Brüder arbeiten für Sie hier auf dem Anwesen.“
„Das weiß ich“, erwiderte er mit einem schmalen Lächeln. „Mein Verwalter teilte mir dies bereits mit, als wir uns das erste Mal trafen.“
Jess hob leicht das Kinn an. Falls ihm diese Information zugeleitet worden war, um zu betonen, dass Jess aus einfachen Arbeiterverhältnissen stammte und nicht etwa zum Landadel gehörte, so hatte ihn diese Information scheinbar nicht davon abgehalten, sie dennoch zum Dinner einzuladen.
Sie holte tief Luft. „Ich habe Ihnen etwas zu sagen … im Zusammenhang mit dem Diebstahl hier …“
Cesario runzelte die Stirn und lehnte sich vor. Alle Lässigkeit fiel von einer Sekunde zur nächsten von ihm ab. „Mein gestohlenes Gemälde?“
Jess wurde blass. „Ich fürchte, ja.“
„Wenn Sie Informationen haben, warum sind Sie dann nicht damit zur Polizei gegangen?“
Jess’ Anspannung wuchs, ihr war plötzlich viel zu warm, und sie schüttelte sich die schwere Jacke von den Schultern und legte sie auf den Stuhl neben sich. „Weil mein Vater involviert ist und ich zuerst mit Ihnen reden wollte.“
Cesario begriff schnell. Es kostete ja auch keine große Mühe, zwei und zwei zusammenzuzählen. Als Handwerksmeister des Anwesens hatte Robert Martin sich das Recht erarbeitet, das Haus zu jeder Tages- und Nachtzeit zu betreten, um die Anlagen zu überprüfen und notwendige Reparaturen auszuführen. „Falls Ihr Vater den Dieben geholfen haben sollte, suchen Sie bei mir an der falschen Stelle nach Verständnis.“
„Lassen Sie mich Ihnen doch erklären, bitte … Ich selbst habe erst gestern von der ganzen Sache erfahren.
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