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Ein Mörder kehrt heim

Ein Mörder kehrt heim

Titel: Ein Mörder kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Biografien nicht wegwerfen konnten und dies als Charakterstärke empfanden, obwohl sie falsch gelebt hatten. Er kannte es von sich selbst: dass man die übelsten Taten adelte, weil sie doch immerhin einem überragenden Ziel gedient hatten. Es ging um Variationen des Irrtums, wonach der Zweck die Mittel heilige. Die Gesellschaft, in der wir leben, ist ungerecht, sie zerstört, sie stürzt Menschen ins Unglück, sie macht wenige unendlich reich und viele unerträglich arm. Sie führt Kriege und beutet aus. Und weil es so ist, sind alle Mittel erlaubt, die geeignet erscheinen, die Missstände zu beheben. Und wenn sich ein Mittel als untauglich erweist, dann hat man es doch immerhin versucht. Zu Ende gedacht, waren mobile Hinrichtungskommandos moralischer als ihre Opfer. Aber wenn Georg das Ziel längst aufgegeben hatte, blieben die Taten, unverhüllt von allen Paradiesversprechungen. Und es blieb der dämliche Spruch, man habe doch nur das Beste gewollt. Matti wurde unwohl, als er das überlegte. Es ging dabei auch um ihn.
    Â»Wir wissen nicht, was Georg getan hat in den vergangenen, sagen wir mal, dreißig Jahren.« Dornröschen blickte betrübt in die Runde. »Ich kann meine Hand nicht für ihn ins Feuer legen.«
    Â»Er hat dir nicht gesagt, warum er aufgetaucht ist? Keine Andeutung, nichts?«, fragte Twiggy.
    Anja schüttelte den Kopf. »Hier ist Georg. Du wirst mich nicht kennen. Ich bin dein Vater … und dann noch der Treffpunkt im Park. Dort Begrüßungsfloskeln. Der Anruf. Fertig.«
    Â»Wir wissen nicht mal, ob er wirklich dein Vater ist«, sagte Dornröschen.
    Â»Meine Mutter kann ich auch nicht fragen. Eigentlich bin ich so was wie ein Waisenkind.« Eine Träne rollte aus dem Auge. Sie wischte sie mit dem Handrücken weg.
    Matti überlegte, wie es wäre, ohne Eltern aufzuwachsen. Obwohl, sie hatte doch Eltern, wenn es auch nicht die biologischen waren. Dass Georg aufgetaucht war, hatte sie erschüttert. Hätte es ihn erschüttert? Er versuchte es sich vorzustellen, aber es gelang ihm nicht.
    Â»Ihr müsst mir helfen«, sagte sie. »Ich habe sonst niemanden.«
    Â»Was könnten wir tun, wenn …?«, fragte Twiggy.
    Â»Wir könnten Georgs alte Kumpel abgrasen. Vielleicht hat er sich bei einem gemeldet«, sagte Matti. Anja lächelte ihn an.
    Â»Hm«, sagte Twiggy.
    Â»Ich geh jetzt schlafen«, sagte Dornröschen. Sie trank den letzten Tropfen aus dem Glas und verschwand in ihrem Zimmer.
    Anja blickte ihr traurig nach.
    Matti hatte die Isomatte vor seinen Schreibtisch gelegt und war in den Schlafsack gekrochen. Anja kam vom Bad. Sie trug Schlüpfer und T-Shirt und sah gut aus. Sie setzte sich aufs Bett.
    Â»Tut’s noch weh?«, fragte Matti.
    Â»Geht schon.« Ihre Hand strich über den Verband am Oberschenkel. Sie stützte die Ellbogen auf die Knie und legte ihr Kinn in die Hände.
    Matti drängte es aufzustehen und sie zu trösten. »Versuch zu schlafen«, sagte er.
    An der Tür kratzte es. Sie blickte Matti an, er nickte. Sie öffnete die Tür, Robbi sprang mit zwei Sätzen aufs Bett. Anja lachte. »Der ist süß.«
    Â»Der ist ein egozentrisches Monster«, sagte Matti. »Morgen wird Twiggy schlecht gelaunt sein. Au Backe!«
    Â»Soll ich ihn raussetzen?«
    Â»Bringt nichts, dann veranstaltet er ein Spektakel, bis er wieder im Bett liegt.«
    Sie kicherte.
    Beide schwiegen, während Robbi sich an Anja schmiegte.
    Â»Versuch zu schlafen«, sagte Matti.
    Anja legte sich hin und zog die Decke über sich. Robbi kringelte sich in Höhe der Schienbeine auf die Bettdecke und schnurrte laut.
    Durch die Wand tönte wie weit entfernt Twiggys Fernseher. Der guckte Al-Dschasira. Matti hörte Geschrei.
    Â»Kennst du noch alte Kumpels von Georg?«, fragte Anja.
    Â»Ja«, sagte Matti. »Aber nicht viele. Manche sind abgetaucht, andere tot, aber ein paar leben noch.«
    Â»In Berlin?«
    Â»Glaub schon«, sagte Matti.
    Â»Können wir die mal fragen?«
    Â»Wenn wir sie finden«, sagte Matti.
    Â»Du hast keinen Kontakt mehr mit denen?«
    Â»Schon lange nicht mehr.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Na, die haben die Sache durchgezogen.«
    Â»Und du nicht?«
    Â»Wir sind knapp davor ausgestiegen.«
    Â»Hattet ihr Angst?«
    Â»Nein.« Hatte er wirklich keine Angst gehabt damals? Er konnte sich nicht an Angst erinnern. Er sah

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