Ein Mörder kehrt heim
ein.
»Klar.«
» FU ?«
» OSI «, sagte Robert. »Bin dort das Faktotum.«
Matti hatte die Leute am Otto-Suhr-Institut immer bewundert und vor allem die, welche das Studium abgeschlossen hatten, im Gegensatz zu ihm. Das OSI war ein Zentrum der Revolte gewesen, Dutschke hatte dort studiert und noch ein paar andere. Und Robert Melchinger hatte sie alle gekannt.
»Mensch, dass ich dich noch mal treffe!«, sagte Robert. »Was machste denn?«
»Taxi fahren.«
»Willste AuÃenminister werden?«
Matti winkte ab.
»Fragt jeder, was?«
»Fast«, sagte Matti.
Robert lachte.
»Und wer ist die Schönheit?« Er lachte wieder. Es klang ein wenig wie Ziegenmeckern.
»Anja ⦠eine Freundin.«
Robert hob die Augenbrauen und zeigte seine Zähne. Er zündete sich grinsend eine Zigarette an.
»Eine Freundin. So, so.«
Er musterte Matti, immer noch grinsend.
»Du hast doch Georg gekannt«, sagte Matti. Ihm ging der Kerl schon auf die Nerven.
»Westreich?«
»Ja.«
»Puh.« Er zog an seiner Zigarette. »Dass die keine geschei ten Zigaretten mehr herstellen. Blonde Gauloises und Gitanes ⦠lächerlich. Ein Kulturbruch. An solchem Schwachsinn geht die Welt zugrunde.«
Matti erinnerte sich an die in Maispapier gewickelten schwarzen Gitanes, die einem den Atem nahmen, wenn man kräftig zog. Die einen schwindlig machten. »Stimmt.«
Anja folgte dem Gespräch mit den Augen.
»Georg«, sagte Robert. »Georg.« Er versank in sich. Dann sagte er: »Ist lange her.«
»Lange«, sagte Matti.
Anja legte ihre Stirn in Falten.
»Ich hab den ewig nicht mehr gesehen.«
»Klar.«
Die Falten vertieften sich.
»Puh«, sagte Robert. »Das ist eine Geschichte.«
»Das ist eine Geschichte«, wiederholte Matti.
Anja zog eine Grimasse. Matti blickte sie an und lächelte. Anja streckte ihm die Zunge raus. Robert versank in sich.
»Was war denn das?«, schimpfte sie, als sie wieder im Taxi saÃen.
»Ich nenne das affirmative Gesprächskontrolle.«
»Hä?«
»Ganz einfach. Ich sage immer ja, bestätige und wiederhole, was mein Gesprächspartner sagt, und der fühlt sich wohl und verstanden â¦Â«
»Und sagt dann gar nichts mehr. Warum hast du ihn nicht geweckt?«
Robert war irgendwann eingeschlafen. Einfach so. Matti und Anja hatten sich angestaunt. Als Robert anfing zu schnarchen, hatten sie die Wohnung verlassen.
»Würdest du einen Löwen wecken?«
Sie guckte ihn verdutzt an. Ihre Mimik spiegelte ihre Ratlosigkeit. Endlich fing sie an zu lachen, hell, fast kreischend. DrauÃen ging ein Mann am Taxi vorbei, glotzte und schüttelte den Kopf.
»Wir müssen noch mal hin«, sagte Matti laut.
Aber sie lachte.
Er griff nach ihrer Schulter, aber sie entzog sie ihm und lachte lauter.
Matti kannte einen Italiener in der Eylauer StraÃe. Er spendierte Pizza und Cola.
»Also, dieser Robert soll ein Löwe sein.« Sie kicherte, nachdem der superelegante Kellner mit Prandelli-Frisur die Bestellung gebracht hatte. Im Hintergrund dudelte italienische Musik.
»Ist ja gut«, sagte Matti. Er musste grinsen. »Das Bild passt nicht ganz. Bär wär genauer.«
»Ist er so gefährlich?«
»Noch gefährlicher.« Matti lachte und sie auch. »Robert ist früher auch bei Sitzungen eingeschlafen und hat jeden angeknurrt, der es wagte, ihn zu wecken. Wenn er wach war, hat er abgestritten, überhaupt geschlafen zu haben. Und wehe, man widersprach ihm. Dann hat er geschimpft und nicht mehr aufgehört. Also reià dich nachher zusammen.«
Sie guckte ihn ungläubig an und schlug die Hand vor den vollen Mund, als sie wieder einen Lachanfall bekam. Plötzlich hörte sie auf zu lachen und starrte ihn ernst an. Eine Lachträne glitzerte im Augenwinkel.
»Ja«, sagte er. »Wenn er beleidigt ist, schweigt er. Davon haben wir nichts.«
»Gut«, sagte sie. »Ich werde brav sein.« Sie legte ihr Kinn auf die gefalteten Hände. »Warum machst du das eigentlich?«
»Was?«, fragte er, obwohl er es wusste.
»Zum Beispiel Robert fragen.«
»Weil ich es nicht mag â¦Â« Aber er sprach nicht weiter. Wenn er Anja von dem Mann erzählte, der ihn bedroht hatte, bekäme sie Angst. Oder? Vielleicht konnte sie mit der Personenbeschreibung was anfangen. Sie starrte ihn erwartungsvoll an.
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