Ein mörderisches Komplott (German Edition)
hiesigen CID passierte
einfach nichts, wozu man einen Mann mit seinen Erfahrungen brauchte. Er ahnt
noch nicht, wie bald sich das ändern sollte.
Der alles einhüllende, weiße und kalte Nebel ist Paul
O’Brien aus seiner Londoner Zeit noch in unguter Erinnerung. Doch hier, in der
im Nordosten Schottlands gelegenen Hauptstadt der Grafschaft Inverness-shire,
leidet man nur selten unter diesem krankmachenden Dunst, der sich einem auf die
Lungen legt und das Atmen erschwert.
An diesem Frühsommertag herrschte allerdings eine
solche, einfach ekelhafte Wetterlage, denn ein kalter Nordostwind blies tief
liegende Wolken von der Nordsee her weit ins Land hinein, was somit eine ideale
Kulisse für den spektakulären Raubüberfall auf das Juweliergeschäft Thompson
& Turner in der Invergarry Street bildete:
Zwei als Clowns maskierte Räuber erschossen den sich
heftig wehrenden Seniorchef Harold Thompson, während sie seinen Schwiegersohn
Richard Turner niederschlugen, mit Klebeband fesselten und in einen Abstellraum
sperrten. Dabei war einem der beiden Räuber nur kurz die Maske
hinuntergerutscht. Für Richard Turner blieb genug Zeit, um sich das Gesicht
dieses Mannes einzuprägen, wie er nach seiner Befreiung angab. Seine Frau Sarah
hatte gerade eine Kundin bedient, als beide gezwungen wurden, sich bäuchlings
auf den feuchten, schmutzigen Parkettboden zu legen. Nachdem die Gangster
hastig sämtlichen Schmuck aus Vitrinen und Auslagen in mitgeführte Taschen
gestopft hatten, verschwanden sie blitzartig in den jetzt von dichtem Nebel
eingehüllten Straßen. Die sofort eingeleitete Großfahndung verlief deshalb
erfolglos.
(2) Am Moray Firth
Nach Abschluss der ersten polizeilichen Vernehmungen, die
unter der Regie DCI Paul O’Briens stattfanden, zog sich Mr Turner allein in
sein nur wenige Meilen nordöstlich von Inverness gelegenes Landhaus bei der
Ortschaft Nairn am Moray Firth zurück, um sich von den Strapazen des Überfalls
zu erholen. Sarah Turner war zwar unversehrt geblieben, doch sie hatte einen
schweren Schock erlitten und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden
Zwei Tage waren seit dem Raubüberfall vergangen, als
kurz nach dem abendlichen Schichtwechsel beim CID Inverness ein telefonisches
Hilfeersuchen von Richard Turner einging. Zwar hatte O’Brien schon Feierabend,
aber er nahm es mit der Zeit nicht so genau. Weil sein diensthabender Kollege,
DI Walter Adams, gerade nicht erreichbar war, stellte die Telefonzentrale den
Anruf zu ihm durch. O’Brien nahm den Hörer ab, obwohl er sich bereits im
Aufbruch befand.
»Helfen Sie mir, ich brauche dringend Polizeischutz!
Bitte kommen Sie rasch!« hörte er die sich überschlagende Stimme Mr Turners.
»Einer der beiden Räuber geht geradewegs auf mein Haus zu. Ich stehe oben am
Schlafzimmerfenster und habe ihn sofort wiedererkannt. Das war der Typ, der mir
sein Gesicht zuwandte, als ihm die Maske runterrutschte. Er muss das wohl
bemerkt und diese Adresse ausfindig gemacht haben. Jetzt steht er unten und
schaut zu mir hinauf. Dummerweise vergaß ich abzuschließen, aber nun ist es zu
spät dafür. Bitte beeilen Sie sich, dem Kerl ist alles zuzutrauen! Sie finden
mein Haus direkt an der Küste – gleich am Ortseingang von Nairn – hinter einer
riesigen Eiche, dem einzigen Baum weit und breit!«
Ehe Paul O’Brien überhaupt zu Wort kam, hatte Mr Turner
aufgelegt.
Das war natürlich ein gefundenes Fressen für ihn,
also genau einer jener Fälle, auf die er schon mit Ungeduld gewartet hatte. Und
Zuständigkeit hin, Zuständigkeit her, so etwas wollte er sich wegen des
Schichtwechsels nicht entgehen lassen. Detective Sergeant Edward
Hastings, sein Assistent, war bereits nach Hause gefahren. Den jungen Mann
konnte er nicht ausstehen, denn er trug einen Oberlippenbart. Und jeglicher
Bartwuchs war O’Brien zuwider, genauso wie lange Haare. Die pflegte sich
Hastings zu einem Pferdeschwanz zu binden, wohl einem derzeitigen Modetrend
folgend. Darum bereitete es O’Brien ein besonderes Vergnügen, Hastings wieder
einmal den Feierabend zu vermiesen. Er rief ihn zu Hause an und befahl ihm,
sich schleunigst auf den Weg nach Nairn zu machen:
»Ich fahre ebenfalls gleich los, aber Sie sind schneller
dort. Das Landhaus liegt direkt an der Küste, nach Mr Turners Angabe bei einer
riesigen Eiche, dem einzigen Baum weit und breit«, erklärte er in seinem
üblichen, barschen Befehlston. Danach schnallte er sich den
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